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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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geschlichen hatte, das mit seinen jämmerlichen Stöcken auf dem Bahnsteig herumschwankte, gerade in dem Moment, als er den Zug einfahren sah. Eigentlich war er nur an ihr vorbeigewandert, er hatte sie kaum zu streifen brauchen, dann war er in Richtung Zug und Rolltreppe weitergegangen und hatte sich hinaus auf die Straße begeben. Er hatte das gedehnte metallische Kreischen der Zugbremsen gehört, dazu den kurzen, dumpfen Aufprall … und Sekunden der Stille, ehe ein hysterischer weiblicher Fahrgast wie wahnsinnig losgekreischt hatte.
     
    *
     
    Johansson hörte die Todesnachricht im Radio, als er sich gerade Frühstück machte, und er musste sich setzen und auf die Uhr schauen. Bis fünf Uhr am vergangenen Nachmittag war er Bürochef bei der Landespolizeizentrale gewesen. Als er dann die Tür zur Polhemsgatan hinter sich geschlossen hatte, war er auf unbestimmte Zeit vom Dienst beurlaubt. Zu Hause angekommen, hatte er zu Abend gegessen und angefangen, sein neues Leben zu planen. Danach war er früh zu Bett gegangen. War sofort eingeschlafen, hatte die ganze Nacht ungestört geschlafen und war mit einem Lächeln auf den Lippen erwacht. Jetzt war es acht Uhr morgens, niemand hatte angerufen oder mitten in der Nacht an seine Tür gehämmert, denn er hatte den Telefonstecker herausgezogen, und ihm ging plötzlich auf, dass er jetzt ein ganz anderer war als einen Tag zuvor.
    Abends hatte Jarnebring angerufen. Er war mit seiner Verlobten verreist gewesen und hatte damit den eigentlichen Knall ver- passt, doch nun war er zurückbeordert worden und war mit allen alten Kumpels aus der Ermittlung im Dienst. Und allerlei neuen, von denen er nicht gerade viel hielt.
    »Wie geht’s denn?«, fragte Johansson reflexmäßig.
    »Es geht zum Teufel«, sagte Jarnebring mit Überzeugung und Gefühl. »Weißt du, was sie von uns verlangen?«
    »Nein«, sagte Johansson. Woher auch?, dachte er.
    »Wir sollen alle Falschparker und Selbstmörder und Hotelbuchungen seit dem Sommer durchgehen«, sagte Jarnebring. »Scheiß-Akademiker. Wenn du dich im Sommer umgebracht hast, dann kannst du jetzt wohl kaum den Ministerpräsidenten erschossen haben.«
    »Die haben keine Ahnung«, sagte Johansson. Woher sollten sie auch?, dachte er. Danach hatten sie das Gespräch beendet und sich wieder ihren jeweiligen Beschäftigungen zugewandt. Johansson hatte seine schmutzige Wäsche sortiert und alte Unterlagen weggeworfen. Dann war er ins Bett gegangen und hatte eigentlich so gut geschlafen wie auch sonst.
    Als der Polizeichef sein Büro betrat, kamen alle angewetzt wie eine Hammelherde, und alle blökten wild durcheinander. Aber er brauchte nur stehen zu bleiben und gebieterisch die Hand zu heben, um sie zum Verstummen zu bringen.
    »Meine Herren«, sagte er. »Ich übernehme das Kommando und rufe damit die Ermittlungstruppe für vierzehn Uhr null null in den großen Hörsaal in Kronoberg zur ersten Besprechung. Und damit weggetreten.« So leicht geht das, dachte er, als er in sein Zimmer schritt und die großen Doppeltüren hinter sich schloss.
     
    *
     
    Ungefähr zur selben Zeit, als der Stockholmer Polizeichef sich zurückzog, um mit sich selbst die Lage zu erörtern, ließ der Leitende Polizeidirektor Waltin sich Berg gegenüber vor dessen Schreibtisch nieder.
    Herrgott, dachte Waltin glücklich, als er Berg sah. Der ist ja total in Auflösung begriffen. »Wie geht es dir, Erik?«, fragte Waltin mit besorgter Miene. »Ich habe wohl schon bessere Tage gesehen«, seufzte Berg. »Der einzige Trost ist wohl, dass seine Gattin überlebt hat.«
    »Ja, die hat er offenbar verschont«, sagte Waltin salbungsvoll. Muss bei der nächsten Gelegenheit mal Hedberg fragen, dachte er.
    »Verschont«, schnaubte Berg. »Er hat sie verfehlt, der Mistkerl, die Kugel hat ihren Rücken gestreift, und dass sie überlebt hat, ist allein der göttlichen Vorsehung zu verdanken.«
    Vielleicht sollte ich ihn auch zum Augenarzt schicken, dachte Waltin.
    »Du wolltest mich sprechen«, sagte Waltin und zupfte an seinen Bügelfalten.
    Zur Feier des Tages hatte er sich für einen einfach geschnittenen grauen Anzug und einen einfarbigen Schlips entschieden. Dunkelgrau, fast schwarz, sehr passend unter diesen Umständen.
    »Ich dachte, du könntest den Kontakt zu den Ermittlungen unten in Stockholm übernehmen«, sagte Berg. »Das ist bis auf weiteres deine einzige Aufgabe.« Und ich werde versuchen, dafür zu sorgen, dass es uns noch gibt, wenn das hier zu Ende ist, dachte

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