Zwischen Olivenhainen (German Edition)
Reiseführer duch die Luft. Sie warf ihre blonden Haare in den Nacken und sah sich mit glänzenden Augen um. „Ist das nicht toll, Leslie?“, raunte sie ihr zu.
„Es ist ein Flughafen“, entgegnete Leslie trocken.
„Aber ein schöner!“
„Das findest du nur, weil du dabei bist, dich auf unseren Urlaub zu freuen.“ Anne grinste Leslie zu.
„Er wurde nach zwei Richtern benannt, die von der Mafia ermordet wurden“, sagte sie.
„Wer?“
„Der Flughafen.“
„Aha“, machte Leslie. „Und?“
„Ich dachte, ich erwähne es nur mal so …“ Aufgeregt trat Anne von einem Fuß auf den anderen und hakte sich dann bei Leslie unter.
„Hoffentlich sind unsere Koffer nicht verloren gegangen“, jammerte Melissa, die sowieso schon fast unter ihrem Handgepäck zusammenbrach. „Meinem Dad und mir ist das mal passiert. Letztes Jahr …“ Sie klang wirklich beunruhigt.
„Wird schon schiefgehen“, beteuerte Anne fröhlich und sprang hibbelig, wie sie war, vor ihnen her.
Das Band, auf dem die Koffer transportiert wurden, war leer. Nur ein Blatt Papier drehte einsam seine Runden darauf. Es war eine Anleitung, wie man einen Kinderwagen zusammenbaute. Anne lachte und ließ es wieder auf das Band segeln, nachdem sie es neugierig inspiziert hatte. Es drehte weiter seine Runden.
Melissas Vater stand in einer Ecke neben den Toiletten und telefonierte. Leslie sah, dass Melissa ihm bedeutete zu ihnen zu kommen, doch er winkte genervt ab und drehte ihr den Rücken zu. Außer ihnen standen noch einige andere Leute um das Gepäckband herum, die alle ungeduldig auf ihre Koffer warteten. Ein alter Italiener zu Leslies Rechten blickte immer wieder genervt auf seine Armbanduhr und zwei Kinder, die mit ihren Eltern auf der gegenüberliegenden Seite warteten, turnten quengelnd auf den beiden Gepäckwagen herum, die Vater und Mutter neben sich geparkt hatten. Leslie fragte sich, ob es immer so lange dauerte, bis endlich die ersten Gepäckstücke vom Flugzeug hierher transportiert werden konnten. Sie gähnte.
„Bist du müde?“, fragte Anne sie leise.
Leslie nickte. „Verdammt.“
„Naja, fünf Stunden fliegen schafft einen schon. Aber nach Florida sind es noch viel mehr. Du hast die Flughölle noch gar nicht richtig kennengelernt, glaub mir.“ Gott, dachte Leslie, das würde ich nicht aushalten. Sie warteten.
Es wurde immer langweiliger und immer mehr Menschen versammelten sich um das Gepäckband und blickten der Bedienungsanleitung hinterher, die noch immer einsam Runde um Runde drehte. Leslie war versucht, sich dazu zu setzen. Nur so zum Spaß.
„Endlich!“, sagte Anne nach einer Weile und trat näher an das Band und reckte den Hals. Leslie sah auf. Und tatsächlich: zwei Koffer tuckerten ihnen langsam entgegen. Allerdings nicht ihre. Es wurden immer mehr Koffer und Taschen, die aus der dunklen Klappe in der Wand auftauchten und bald entstand ein allgemeines Gedränge, weil jeder als Erster sein Gepäck zu fassen bekommen wollte. Nach einigen Minuten waren Anne und Melissa im Besitz ihrer Reisetaschen, nur Leslie noch nicht. Shit , dachte sie, typisch.
Gerade, als sie in Gedanken das Gespräch, das sie mit den Beamten vom Flughafen mithilfe ihrer kläglichen Italienischkenntnisse führen würde durchging, was zu tun sei, um ihr Gepäck wiederzubekommen, stieß Anne sie mit dem Ellenbogen an und rief: „Leslie, dein Koffer!“ Aber bevor Leslie sich rühren konnte, war ihre Freundin schon nach vorne gesprungen und hatte ihren schlichten, schwarzen Trolley vom Gepäckband herunter gehievt. Manchmal war es ein Segen, dass Anne so sportlich war.
Mr. Gosetti gesellte sich endlich zu ihnen (Melissa hatte fluchend seinen Koffer an sich genommen) und so machten sie sich auf in Richtung Ausgang.
Lautlos glitten ihre Koffer auf dem glatten Boden hinter ihnen her, und als Leslie sich kurz nach ihrem umblickte, fiel ihr auf, dass ihr Namensschild, das sie an den Griff gebunden hatte, nicht mehr da war. Wahrscheinlich ist es abgerissen worden, dachte sie, doch den jungen Mann, der ihnen in einigem Abstand fluchend folgte, bemerkte sie in all dem Chaos nicht.
„Dein Namensschild ist weg“, stellte Anne fest, als sie auf der Rückbank des großen weißen Geländewagens saßen, der vor dem Ausgang des Flughafens schon auf sie – und hauptsächlich auf Mr. Gosetti – gewartet hatte.
Im Wagen war es angenehm kühl, draußen dagegen musste es um die 30 Grad sein. Die Luft war heiß und trocken und die Sonne
Weitere Kostenlose Bücher