Zwischen Olivenhainen (German Edition)
Hoffnungsvoll sah sie Anne und Leslie an. „Mein Vater und ich laden euch ein und ihr braucht überhaupt nichts zu bezahlen.“
„Ich kann nicht“, sagte Leslie. Ihr gefiel der Gedanke ganz und gar nicht, dass die Gosettis für alle Kosten aufkommen wollten. Außerdem brauchte sie erst einmal die Erlaubnis ihrer Mutter. Ihren Vater würde sie nicht fragen, auch, wenn er wahrscheinlich großzügiger gewesen wäre.
Anne stieß ihr schmerzhaft den Ellenbogen in die Rippen. „Ja, ich komme mit!“, erklärte sie Melissa, die Leslie noch immer bestürzt ansah. Leslie senkte den Blick und fing sich einen erneuten Stoß von Anne ein.
Dann nickte sie. Melissa strahlte.
Den ganzen Rest des Tages verbrachte Leslie damit, sich zu überlegen, wie um Himmels Willen sie ihre Mutter auf das Thema ansprechen sollte. Fast war sie sich sicher, dass sie es nicht erlauben würde. Sie würde ihr vorwerfen, dass man so etwas nicht einfach annehmen könne, auch wenn die Gosettis sich das leisten konnten, außerdem würde sie sauer werden, weil sie das Ganze wahrscheinlich zu persönlich nahm.
Und es stimmte. Wer sollte auf Benny auspassen, wenn Mom bei der Arbeit war? Vielleicht konnte Leslie ihre Mutter dazu überreden, ihn nach London oder zu Grandpa Mac zu schicken, was mit Sicherheit ein aussichtsloses Unterfangen werden würde. Leslie wünschte, sie hätte solche Eltern wie Anne, die ihrer Tochter so gut wie alles erlaubten, wenn es um Urlaub ging. Aber ihr blieb nichts anderes übrig, als ihre Mom zu überreden. Vielleicht so:
„Mom, darf ich in den Sommerferien mit Anne und Meli nach Sizilien?“
„Was?!“
„Bitteee!!“
„Äh …?!“
„Danke, Mom, ich hab’ dich so lieb!“ (Dann würde sie ihr um den Hals fallen, um den Eindruck zu verstärken).
„Leslie, hör mal!“
„Anne, wir dürfen!!“
Und Anne würde freudestrahlend aus Leslies Zimmer gerannt kommen (in dem sie zuvor gespannt gewartet hätte) und sich ebenfalls überschwänglich bedanken.
Der Plan war zum Scheitern verurteilt. Aber einen anderen hatte Leslie nicht.
4
3 Wochen später
Melissas Vater parkte den silbernen Mercedes auf dem Parkplatz direkt vor dem Flughafen von Edinburgh. Er und Melissa waren mit einer halben Stunde Verspätung bei den Wilsons aufgetaucht (Anne und Leslie hatten zusammen gepackt und gewartet), da die Gosettis nicht direkt in Oban wohnten, sondern in einem schicken, schottischen Cottage am Loch Fine residierten, was den Nachteil mit sich brachte, dass der Anfahrtsweg in die Stadt, und somit auch Melissas Schulweg morgens, recht lange dauerte.
Mr. Gosetti sagte immer wieder, dass sie sich beeilen sollten, wenn Melissa, Anne und Leslie vor einem der Schaufenster im Flughafen stehen blieben und als sie sich endlich durch die Menschenmengen gedrängt und die endlos dauernde, nervige Sicherheitskontrolle hinter sich gebracht hatten, ließen sich die Vier erschöpft auf den Sitzen im Wartebereich nieder.
Melissas Vater holte sogleich seinen Laptop, den er bei dem Sicherheitscheck fast komplett hatte auseinandernehmen müssen, hervor und beantwortete haufenweise E-Mails. Zwischendurch rief einer seiner Geschäftspartner aus Sizilien an und er entschuldigte sich mit einer knappen Geste bei Leslie, Anne und seiner Tochter, bevor er verschwand, um in Ruhe über wichtige Geschäftsangelegenheiten sprechen zu können. Leslie fragte sich, ob Mr. Gosetti immer so wenig Zeit für seine Tochter übrig hatte.
Den anstrengendsten Teil der Reise hatten sie jetzt hinter sich, versprach Melissa, auf Sizilien kenne man ihren Vater gut, also würde es dort keine Probleme geben.
„Ich hab’ Hunger“, sagte Melissa und stand auf. „Soll ich euch was mitbringen?“
„Ja, irgendwas“, sagte Anne. Leslie schüttelte den Kopf. Sie hatte keinen Hunger.
„Was? Du magst wirklich nichts?“, entfuhr es Melissa entgeistert, doch nachdem sie Annes Blick begegnete, verschwand sie mit einem entschuldigenden Lächeln in Richtung Star Bucks.
„Wie hast du eigentlich deine Mom dazu überredet?“, fragte Anne nach einer Weile. Leslie zuckte die Achseln.
„Grandpa Mac hat mir ein bisschen geholfen, den Rest versuche ich gerade zu vergessen.“ Sie lächelte schief.
Sie konnte es selbst kaum glauben, aber irgendwie hatte sie es geschafft, ihre Mutter zu diesem Urlaub zu überreden. Benny blieb zwei Wochen bei Grandpa Mac und danach würde er zu Grace nach London fahren. Nachdem sie Grandpa eingeweiht hatte und das Gespräch am
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