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Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Titel: Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Seinsche
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her über den stockfinsteren Hof. Den Wagen zog Willem nur bis hinter das Holztor, das den Hof von der Landstraße trennte; er machte das Tor zu und ließ den Wagen stehen. Karo wurde die vierzehn Stufen mit hinaufgenommen, er durfte bei den Jungen schlafen. Auf dem Hofe war kein Hund. Es dauerte lange Zeit, bis alle Buben glücklich oben über der Scheune waren. Hier mußten sie nun noch einen schmalen Pfad zwischen den Fruchtbarmen her, und dann klang Herberts Stimme von vorne aus der Finsternis: »Hier, wo ich jetzt stehe, da ist Platz, da können wir schlafen !«
    Langsam tasteten sich die anderen zu ihm hin und hockten vorsichtig auf den Boden nieder. Jeder suchte sich einen Platz zum Schlafen, so gut, wie es in der schrecklichen Dunkelheit ging. Auf dem Boden lag Heu; es roch stark, aber man konnte sich ein bißchen drin hineinwühlen, denn oben, unterm Scheunendach, war es schon unangenehm kalt. Es dauerte eine gute Zeit, bis jeder eine Stelle zum Schlafen hatte, auf der nicht auch zur Hälfte schon ein anderer lag, aber außer dem dicken Emil, der rundum seine ganze Nachbarschaft zu »Rindviechern«, »Idioten« und »Hammeln« machte, sprach kaum einer ein Wort dabei, gerade, daß man hier und dort einmal ein leises »Gib acht!« und »Paß doch auf!« hören konnte, und dann war alles still.

    Nur Willem sagte noch leise: »Vergeht mal nur euer Abendgebet nicht !« und ein paar Minuten später schliefen sie alle, die müdgelaufenen Wallfahrer.
    Schliefen sie wirklich alle? Willem nicht: er lag auf dem Rücken, schaute durch die Dunkelheit gegen das Scheunendach und horchte in die Nacht. Er konnte nicht schlafen, und einmal war es ihm auch, als ob er nicht weit von sich weg einen anderen ganz leise vor sich hinweinen höre. Ob das Theo war ; Willem rief leise seinen Namen, bekam aber keine Antwort; nur das Weinen hörte jetzt auf.
    Viel Pech hatten die »Verstoßenen« an ihrem ersten Wallfahrtstag gehabt. Und gar nichts davon hatte Willem vorausgeahnt. Nein, ganz anders war alles gekommen, wie er sich es vorher gedacht. Und schon gar nicht zu reden von diesem unheimlichen Hof, in dessen Scheune sie jetzt schliefen. Willem konnte wirklich nicht schlafen. Ganz langsam kroch ein bisher unbekanntes Gefühl in ihm hoch, er spürte, wie sich mehr und mehr etwas Drückendes unheimlich auf sein Herz legte: Sorge hatte er, Sorge und Angst nicht nur für sich allein, das wäre nicht schlimm gewesen! Nein, für andere, für die, die da rundum ihn im Schlaf lagen. Denn er hatte sie dazu gebracht, diese Wallfahrt zu machen. Er allein war es Schuld, wenn’s nicht gut ging. Tausend Gedanken jagten ihm nun durch den Kopf, und jeder Gedanke war ein Vorwurf! Die Eltern daheim, die geschwänzte Schule, die nächsten Tage, oh, und die Nacht jetzt hier in der einsamen Scheune! Mit einem Male stand dem Vierzehnjährigen, trotz der kühlen Nacht, der helle Schweiß auf der Stirn. Er wälzte sich hin und her im Heu, aber die scheußlichen Gedanken und die Sorge gingen nicht weg, und es kam und kam kein Schlaf. Was soll das bloß noch werden, dachte Willem, und dann richtete er sich hoch und setzte sich. Scharf horchte er in die Dunkelheit hinein. War da nicht ein Geräusch? — Doch, unten über den Hof gingen Schritte! Und dann knurrte der Hund gleich neben ihm. »Karo, komm hier !« rief Willem leise, und als er den Hund neben sich spürte, faßte er ihn beim Halsband und flüsterte: »Sei kusch, Karo, sonst machst du die andern wach!« Der Hund gehorchte und Willem horchte wieder.
    Ja, da unten gingen Schritte über den Hof, und die kamen auf die Scheune zu. Nun war alles still. Der da unten war irgendwo stehengeblieben. Aber dann setzte Willems Herzschlag aus. Deutlich, ganz deutlich hatte er gehört, wie die Treppe geknarrt hatte, die zu ihnen heraufführte, nur einmal und ganz leise, aber Willem wußte genug: es kam irgendwer zu ihnen herauf. Kaum wagte der Junge zu atmen. Aber dann knurrte Karo wieder, und jetzt war kein Zweifel mehr: die Tür dort vor ihm ging leise auf, und deutlich sah Willem eine dunkle Gestalt einen Augenblick lang vor dem Nachthimmel stehen und dann war die Türe wieder zu. Willem packte den heftig bebenden Karo beim Nackenfell. Langsam und leise kam jemand den Gang zwischen der Frucht herauf. Da hustete Willem, um sich bemerkbar zu machen, und im gleichen Augenblick schlug Karo einmal an.
    »Habt ihr da einen Hund; Das Biest muß auf den Hof !« sprach auf einmal eine rauhe Stimme dicht vor

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