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Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Titel: Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Seinsche
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komm mal grad, ich möchte dir was sagen !« — Willem kniff die Augen ein bißchen ein und trat mit Herbert etwas auf die Seite. »Ja ?« fragte er. — »Du«, sagte Herbert, »die Leute da in der Pinte sind en bißchen komisch, ich weiß nicht, was ich davon halten soll, und die ganze Bude ist nicht so echt, na, guck dir selbst den Laden erst mal an. Wenn du meinst, können wir ja noch weitergehen !«
    »Nee, können wir eben nicht«, sagte Willem leise. »Die da«, er wies mit dem Daumen auf die andern, »die können einfach nicht mehr, und ich bin auch saumüde. Für heute ist genug gewallfahrtet .«
    »Natürlich, wenn du meinst, aber ansehen kannst du dir den Laden doch mal erst !«
    »Schön«, sagte Willem, »dann bring mich mal rein! Aber weiter gehen wir nicht .« Er war aber kaum mit Herbert in die sogenannte Gaststube eingetreten, da tat ihm seine Entschlossenheit, dort zu bleiben, selber leid. Was da als Wirt hinter der schmierigen Theke hockte, das sah erschreckend aus. Das ganze Gesicht dieses Mannes war Bart und wüstes Haargewühl, aus dem ein paar mürrische Augen und eine rote Nase funkelten. Und der Kerl, der vor der Theke stand und den eintretenden Buben nur einen halben Blick zuwarf, sah ganz genau so aus, wie Willem sich den Schinderhannes dachte. Kohlschwarze Augen hatte der Kerl, ein Gesicht wie altes Leder, so verrunzelt, und dabei waren beide so dreckig. Na, Willem war in der Beziehung schon allerlei gewöhnt, aber was er hier zu sehen bekam, das ging ihm selbst ein bißchen über. Und die Wirtsstube paßte dazu. Willem hatte nur einen Augenblick die beiden Kerle aus den Augen gelassen, um schnell rundum zu sehen, aber der Augenblick hatte genügt. Willem hörte, wie die beiden sich etwas zutuschelten, und als er wieder voll zu ihnen hinsah, merkte er, wie der eine dreckig vor sich hin griente.
    »Können wir hier wohl schlafen ?« fragte Willem bloß, um was zu sagen, denn er wußte, daß Herbert schon alles erledigt hatte. Es gab ihm auch keiner Antwort. Herbert zupfte ihn leise am Arm und ging weiter. Willem stolperte hinterher. Als beide draußen auf dem dunkeln Hofe der Wirtschaft waren, flüsterte Herbert: »Mir haben sie auch keinen Ton gesagt, aber ‘ne Frau ist noch Her, die hat allein den Mund aufgemacht und hat gesagt, wir könnten bleiben !«
    »Und wo sollen wir denn schlafen ?«
    »Komm, faß mich an die Hand, ich zeig es dir !« Willem wurde über den finsteren Hof geführt, immer dicht an einer hohen Scheunenwand vorbei, und dann ging es auf einmal in einem Winkel scharf rechtsum. »Paß auf, nun kommt ‘ne Treppe, geht steil rauf, vierzehn Stufen, hier ist das Geländer !« und schon kletterte Willem hinter Herbert die vierzehn Stufen hoch. »Und nun !« fragte er oben.
    »Paß auf, hier ist gleich ‘ne Türe, dahinter kommt ein langer Gang, rechts und links liegt Frucht, und ganz am Ende ist es frei, da haben wir Platz genug für alle Zwölf. Sehen kannst du aber nichts, und Licht ist keins oben .«
    »Hm«, sagte Willem, »da können wir ja gehen !« und er war entschlossen. Bei den seltsamen Kerlen da unten in der Wirtschaft, da wollte er nicht bleiben, lieber noch ‘ne Stunde Weg! Als er aber wieder mit Herbert draußen nach einigem Suchen seine Kameraden fand, da sah er sie todmüde im Straßengraben liegen, der kleine Theo war bereits eingeschlafen, und da wußte er: an Weitergehen war nicht mehr zu denken. Sie mußten schon hier bleiben, und mochte das Quartier noch so unheimlich sein. »Und wenn wir schlafen, kann uns alles piepe sein«, dachte er. »Also, nun kommt mal schön«, rief er zu den andern hin, jetzt gehen wir schlafen, und morgen sind wir wieder da !«
    »Wir müssen doch erst was essen«, sagte Herbert zu Willem, aber die anderen behaupteten alle, keinen Hunger zu haben, nur schlafen möchten sie. »Bloß Karo, unser Hund, der muß ja nun was haben«, sagte Müllers Ludwig, »sonst wird er ungemütlich !« Karo war schon reichlich ungemütlich. Er zog und zerrte an seinem Gespann, mit dem er immer noch an Willems Leiterwagen geschirrt war, und jaulte und bellte leise in die Dunkelheit hinein. Als Ludwig ihn losmachte, wollte er auf und davon. Kaum konnte der müdgelaufene Junge ihn bei sich halten. Auch nachdem er reichlich gefressen hatte, wollte er nicht ruhiger werden, und Willem nahm das still für sich als ein böses Zeichen. Aber zu ändern war nun nichts mehr. Mit vorsichtigen Schritten tappten die zwölf »Verstoßenen« hinter Herbert

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