Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers
zum Höhlenlöwen kam, den sie gefunden und aufgezogen hatte, wurden allerdings Zweifel laut, doch Jondalar sprang ihr bei. Ob sie ihr nun tat sächlich glaubten oder nicht, die Geschichte von einem Löwen, einem Pferd und einer Frau, die in einer Höhle in einem abge schiedenen Tal zusammenlebten, hatte sie auf jeden Fall gut unterhalten. Ein Geräusch aus Richtung der Stute unterbrach die Vorstellung.
Ayla eilte zu Winnie, die sich auf die Seite gelegt hatte. Der von einer dünnen Haut umschlossene Kopf eines Fohlens wur de sichtbar. Zum zweiten Mal spielte Ayla die Hebamme für ihre Stute. Noch bevor die Hinterhand ganz draußen war, ver suchte das Fohlen schon, sich aufzurichten. Winnie drehte den Kopf, um zu begutachten, was sie da vollbracht hatte, und wie herte ihrem Baby leise zu. Das Fohlen schob sich auf Winnies Kopf zu und suchte unterwegs ihre Zitzen. Das Muttertier rich tete sich auf und begann sofort, ihr Fohlen mit der Zunge sau ber zu schlecken. Kurz darauf unternahm das winzige Pferd die ersten Stehversuche. Beim ersten Mal fiel es gleich wieder um, aber der zweite Versuch war erfolgreich. Nur wenige Augen blicke nach der Geburt stand das Fohlen bereits auf eigenen Beinen. Was für ein kräftiges Jungtier, dachte Ayla.
Kaum war ihr Fohlen auf den Beinen, erhob sich auch Win nie. Ihr Kleines beschnupperte sie und hatte zunächst Proble me, die Zitzen zu finden. Nach dem zweiten Fehlversuch stups te Winnie das Fohlen in die richtige Richtung. Diesmal war der Versuch von Erfolg gekrönt. Winnie hatte ohne jegliche Hilfe ein spindelbeiniges Stutfohlen zur Welt gebracht.
Die Leute hatten zum ersten Mal mit angesehen, mit wie viel Wissen die Große Erdmutter ihre wilden Kreaturen ausgestattet hatte, damit sie ihre Neugeborenen umsorgen konnten, und schwiegen ehrfürchtig. Jungtiere dieser Spezies hatten wie die meisten Bewohner der weiten Steppen nur eine Chance zu ü berleben: Die Neugeborenen mussten so schnell wie möglich nach der Geburt auf eigenen Beinen stehen und ebenso flink wie erwachsene Tiere fliehen können. Ohne diese Fähigkeit wären sie eine zu leichte Beute für Raubtiere gewesen und bald ausgestorben. Zufrieden säugte Winnie ihre Tochter.
Die Geburt des Fohlens war ein seltenes Schauspiel für die Zuschauer und würde unweigerlich zu einer Geschichte ausge schmückt werden, die alle, die dabei gewesen waren, in Zu kunft wieder und wieder zum Besten geben würden. Vielen brannten noch einige Fragen unter den Nägeln, die sie Ayla, nachdem diese die Pferde versorgt hatte, auch sogleich stellten.
»Mir ist noch nie aufgefallen, dass Pferdebabys sofort nach der Geburt laufen können. Unsere Babys brauchen dafür fast ein Jahr. Wachsen sie auch schneller?«
»Ja«, antwortete Ayla. »Renner wurde einen Tag nachdem ich Jondalar gefunden hatte, geboren. Jetzt ist er ein ausge wachsener Hengst, dabei ist er erst drei Jahre alt.«
»Du musst dir einen Namen für das Fohlen überlegen, Ayla«, sagte Jondalar.
»Ja, aber das will wohl durchdacht sein«, antwortete Ayla.
Jondalar wusste, was sie damit meinte. Die strohfarbene Stute hatte ein andersfarbiges Fohlen geboren. Unter den Pferden der östlichen Steppen, in der Nähe der Mamutoi, gab es etliche dunkelbraune Exemplare wie Renner. Noch war nicht klar, welche Farbe das kleine Stutfohlen annehmen würde, aber die Farbe der Mutter war es jedenfalls nicht.
Kurz darauf trudelte Wolf ein. Sein Instinkt verriet ihm, dass er sich der neuen Familie vorsichtig nähern musste. Winnie hatte inzwischen gelernt, dass dieser Wolf ihr nicht gefährlich werden würde. Als sie ihn in Begleitung Aylas sah, verlor sie auch das letzte Misstrauen und erlaubte ihm, ihr Baby zu be schnuppern. Es war gut, wenn sich auch das Fohlen rasch an seinen Geruch gewöhnte.
Das junge Pferd war eine graue Stute. »Ich werde sie Grau nennen«, sagte Ayla, »und sie soll Jonaylas Pferd werden. Aber erst müssen wir die beiden einmal großziehen.« Jondalar grins te breit vor lauter Vorfreude.
Als sie am nächsten Tag zum Pferdeunterstand auf dem Fels vorsprung zurückkehrten, begrüßte Renner neugierig und unter Winnies strenger Aufsicht seine neue Schwester. Von weitem sah Ayla Zelandoni auf sie zustreben. Es überraschte sie, dass die Donier sich für das Fohlen interessierte, da sie sich sonst nur wenig um die Tiere scherte. Ayla hatten den vielen Neugie rigen eingeschärft, sich den Tieren erst einmal nicht zu nähern. Die Donier dagegen machte sie natürlich persönlich
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