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0005 - Der Scharfrichter

0005 - Der Scharfrichter

Titel: 0005 - Der Scharfrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Friedrichs
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wandte sich Professor Zamorra ab. Seine Glieder schienen auf einmal bleischwer. Während er die Treppenstufen hinaufstieg, legte er sich das Amulett wieder um den Hals und ließ es unter seinem Pullover verschwinden.
    Kurz darauf betrat er die Folterkammer.
    Nicole und Bill waren zu sich gekommen. Das Grauen stand deutlich in ihren Augen, obwohl sie nur ahnen konnten, was mit ihnen geschehen war.
    Zamorra befreite zuerst Bill, der vor Schmerzen aufstöhnte, als die Zentnerlasten an seinen Armen und Beinen nachließen.
    Dann löste Zamorra auch Nicoles Fesseln. Schluchzend fiel sie ihm in die Arme. Er strich ihr beruhigend über den nackten Rücken.
    »Fühlen Sie sich besser?« fragte er nach geraumer Weile. »Können Sie sich anziehen, Nicole?«
    »Ja«, hauchte sie matt, »ja, es wird schon gehen, Professor.«
    Er wandte sich von Nicole ab, als sie zitternd ihre Kleidungsstücke aufsuchte. Währenddessen half er Bill von dem Streckbett herunter. Er mußte seinen Freund stützen. Bill war nicht fähig, aus eigener Kraft zu gehen.
    Aber er rappelte sich rasch wieder auf, als er mit Zamorras Hilfe in den Gang hinaustrat.
    »Hölle und Teufel!« keuchte Bill Fleming, als er die Leiche von Kenneth Jones erblickte. »Diese Bestie hätte uns um ein Haar ins Jenseits befördert. Komisch ist nur, daß ich mich an nichts erinnern kann…« Er atmete tief durch. »Egal. Du hast uns das Leben gerettet. Ein Glück, daß du diesen Schurken rechtzeitig erledigt hast!«
    Zamorra nickte lächelnd. Jetzt war nicht die Zeit für Erklärungen. Es zählte nur die Tatsache, daß Nicole und Bill mit einigermaßen heiler Haut herausgekommen waren.
    Als Bill wieder so weit zu Kräften gekommen war, daß er auf eigenen Beinen stehen konnte, öffnete Zamorra die Tür zum Verlies, in dem der Scharfrichter vergeblich Zuflucht suchen wollte.
    Bill Fleming stieß einen überraschten Pfiff aus. Im Schein der Pechfackel, die der Professor durch die niedrige Tür hielt, waren die Einzelheiten in bizarrer Deutlichkeit zu erkennen.
    Ein morscher Tisch, ein Stuhl, der nur noch aus Fragmenten bestand. Und eine steinerne Pritsche.
    Darauf lag ein Skelett, lang ausgestreckt.
    Der feuchte Luftzug aus dem Gewölbe strömte herein. Atemlos sahen Zamorra und Bill Fleming zu, wie sich das Skelett unter dieser Luft auflöste. Kleine Häufchen von mehlfeinem Staub waren das einzige, was übrigblieb.
    »Der Scharfrichter«, murmelte Zamorra, »hier unten hat er die letzten Jahre seines Lebens verbracht.«
    Bill Fleming bedachte ihn mit einem entgeisterten Blick. Doch er schwieg.
    Nicole tauchte aus der Folterkammer auf. Sie trug wieder den Hosenanzug, der an mehreren Stellen verschmutzt war.
    »Ich möchte hier heraus«, sagte sie leise, »nur heraus! Nichts anderes!«
    »Sofort«, nickte Professor Zamorra, »es gibt nichts mehr für uns zu tun.«
    Er führte die beiden durch die Gänge, die er inzwischen gut genug kannte, um nicht die Orientierung zu verlieren.
    Oben brannte Licht in allen Räumen. Die beiden Polizeibeamten hasteten umher, versuchten vergeblich zu ergründen, wo das Richtschwert und die Kleidung des Scharfrichters geblieben waren.
    Als sie Zamorra und seine Begleiter in der Halle erblickten, zogen sie automatisch die Pistolen.
    Der Professor schüttelte müde den Kopf.
    »Lassen Sie den Unsinn, Gentlemen! Rufen Sie einen Ambulanzwagen! Und verständigen Sie Superintendent Marlowe. Ich werde Ihnen alles erklären. Den Mörder gibt es nicht mehr.«
    Die Beamten sahen ihn noch sekundenlang verblüfft an. Dann wechselten sie einen raschen Blick und steckten ihre Waffen ein.
    Es dauerte keine fünf Minuten, bis der Ambulanzwagen zur Stelle war.
    Nicole Duval und Bill Fleming wurden in das Hospital von Llangurig gebracht.
    Dann führte Professor Zamorra die Beamten von Scotland Yard in das Gewölbe unter der Burg der Grafen von Llangurig.
    ***
    Eine Woche war vergangen.
    Das Tal der Loire präsentierte sich von seiner schönsten Seite. Strahlender Sonnenschein lag über Feldern, Weiden und bewaldeten Höhenzügen. Azurblauer wolkenloser Himmel dehnte sich über der wild romantischen Landschaft.
    Nicole Duval, Bill Fleming und Professor Zamorra widmeten sich ausgiebig dem ersten Frühstück, das sie nach ihrer Rückkehr aus Wales im Kaminzimmer von Château Montagne einnahmen.
    »Nun bist du eine Berühmtheit«, sagte Bill Fleming nach einer Weile des Schweigens. »Der Name Zamorra hat Schlagzeilen gemacht. Wie fühlt man sich, wenn man sogar Scotland

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