Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0006 - Ich stürmte das graue Haus

0006 - Ich stürmte das graue Haus

Titel: 0006 - Ich stürmte das graue Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
haben, denn sonst hätte sein Erpresser und Mörder nie davon erfahren können. Wenn wir Rusters Verbrechen aufklären können, kommen wir zu seinem Mitwisser, und vom Mitwisser kommen wir zum Erpresser. Der Täter hat befürchtet, daß wir diesen Weg gehen, und darum tötete er sein Opfer lieber, als daß er zuließ, Ruster würde uns eine alte Tat gestehen.«
    »In Ordnung«, sagte Mr. High. »Phil und Jerry, ich übertrage Ihnen die Aufklärung des Mordfalles Ruster mit allem, was daran hängen mag.«
    ***
    Der Ingenieur von der Scott-Telefongesellschaft kam am frühen Nachmittag. Er setzte sich in den Stuhl gegenüber meinem Schreibtisch und begann ohne Umschweife, uns mit technischen Fachausdrücken zuzudecken. Er tobte sich in Quer- und Parallelschaltungen aus, in Interferenz- und Kriechströmen, in Mehrschicht- und Gegenfußkabel. Ich gestehe, ich verstand nicht die Bohne, obwohl er vier Blätter mit Schaltskizzen vollschmierte. Als er zum fünften Blatt griff, stoppte ich ihn.
    »Mr. Moolt«, so hieß er, »können Sie uns sagen, zu welcher Leitung die Verbindung von Rusters Apparat führte?«
    »Nein«, antwortete er, »das kann ich Ihnen nicht sagen. Wäre diese Verbindung lediglich im Anschlußkasten des Büros hergestellt, so kämen nur die Anschlüsse der Hausbewohner in Frage. Da jedoch offensichtlich im Keller auch eine Querverbindung zum Straßenkabel geschaffen worden ist, so kommen nicht nur alle Leitungen innerhalb dieses Hauptkabels in Betracht, sondern Sie müssen auch alle Kreuzungsleitungen berücksichtigen. Da diese Leitungen wiederum andere kreuzen, können Sie praktisch jeden New Yorker Telefonanschluß als Abhörer verdächtigen.«
    »Das erscheint mir aber sehr weit hergeholt. So etwas würde doch eine genaue Kenntnis des New Yorker Fernsprechnetzes voraussetzen.«
    Mr. Moolt hob zweifelnd die Schultern. Er schnitt ein Gesicht, das ausdrückte, er würde sich die Einrichtung einer solchen Abhöranlage jedenfalls Zutrauen.
    »Die Kabelschächte sind leicht erreichbar«, sagte er, »aber vielleicht hat sich Ihr Mann die Sache wirklich einfacher gemacht. Er braucht nur eine der toten Leitungen anzuzapfen.«
    »Tote Leitungen?«
    »Ja, das sind die Reserveleitungen in jedem Kabel für eventuelle spätere Fernsprechteilnehmer. Man schaltet ein solches Kabel auf eine bestimmte Nummer parallel, zum Beispiel auf die Nummer eines eigenen zweiten Apparates, der sonst nie benutzt wird, und kann nun, wenn man diese Nummer wählt und gleichzeitig durch Abheben den Stromkreis schließt, die gewünschten Gespräche mithören. Würde die Nummer mal von anderer Seite angerufen, und der Besitzer meldet sich nicht, so kann der Anrufer auch die gewissermaßen gestohlenen Gespräche nicht hören.«
    »Ich glaube zu verstehen«, sagte ich. »Jedenfalls glauben Sie nicht, daß man durch technische Methoden dem Abhörer auf die Spur kommen kann?«
    »Es würde Monate dauern, um alle Möglichkeiten durchzuprüfen, Mr. Cotton, und ich weiß nicht, ob Ihnen damit geholfen ist. Ich würde Ihnen Hunderte von Namen liefern, aber ich könnte nichts beweisen, denn die entsprechenden Vorrichtungen sind ja entfernt worden.«
    Ich sah ein, daß dieser Weg wahrscheinlich in eine Sackgasse mündete.
    Ich dankte Mr. Moolt und bat ihn, seine Rechnung an die Staatskasse zu senden.
    »Schade«, sagte ich, als er draußen war, »ich hatte mir mehr davon versprochen.«
    »Miss Littlefield und der Portier haben heute drei Stunden Verbrecherbilder beschaut, ohne den gelbhäutigen Mechaniker darunter zu finden«, bemerkte Phil.
    »Welche von den New Yorker Gangstern sind eigentlich für ihre Schießkunst berühmt?« fragte ich. »Man müßte das einmal feststellen.«
    »Oh, sie können es alle ganz gut«, antwortete Phil und faßte nachdenklich an seine linke Schulter, an der er einmal erwischt worden war, obwohl das wahrhaftig nicht die einzige beschädigte Stelle seines Körpers war.
    »Wenn sie alle so gut schossen wie der Mann vom Soberlin Place, lebten wir beide nicht mehr«, lachte ich.
    Das Telefon läutete.
    »Ein Notar Frederic Bonders möchte dich sprechen«, sagte der Kollege in der Zentrale. »Er sagt, es handele sich um die Ruster-Affäre!«
    »Schick ihn herauf.«
    Ein paar Minuten später saß uns ein alter Herr mit vollem weißen Haar gegenüber, sehr sorgfältig gekleidet und von dem korrekten Benehmen eines alten Adligen.
    »Ich las in den Abendausgaben, daß mein Klient, Mr. Joel Ruster, in der vergangenen Nacht

Weitere Kostenlose Bücher