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0006 - Ich stürmte das graue Haus

0006 - Ich stürmte das graue Haus

Titel: 0006 - Ich stürmte das graue Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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leidlich unbeschädigten Schreibtisch, zupfte es auseinander, wobei er seine Handschuhe nicht auszog.
    Wir sahen ihm gespannt über die Schulter, aber er klärte schließlich: »Nein, das ist es nicht.«
    Wir suchten weiter. Noch dreimal irrte sich der Anwalt, aber dann entdeckte er einen gelblichen Umschlag im Großformat und triumphierte.
    »Das ist es. Sehen Sie die Schrift an dieser angekohlten Ecke. LP 437 899. Rusters Telefonnummer.«
    Mir kribbelte es ein wenig zwischen den Schulterblättern. Ausgerechnet an der Telefonnummer erkannte wir Joel Rusters Testament, an der Nummer jenes Telefons, das ihm zum Verhängnis geworden war.
    Was wir aus dem Umschlag ans Licht holten, waren nur Fetzen. Wir brachten zwei volle Stunden damit zu, diese Fetzen so zusammenzusetzen, daß der Text einen Sinn ergab. Es gelang uns nicht restlos. Im wesentlichen erhielten wir zwei Abschnitte, von denen der erste uns wenig Neues sagte, denn er lautete:
     
    … Verbrechen. Ich gestehe es, damit die Behörden die Spur der Tat aufnehmen und auf diesem Weg meinen Erpresser finden, der meinen Fehltritt in übler Weise ausnutzte. Es war am…
     
    Der zweite zusammenhängende Text hatte den Wortlaut:
     
    … nenne meine Mittäter, denn auch unter ihnen, gerade unter ihnen kann sich der Erpresser befinden. Ihre Namen sind: John Landy und…
     
    Der Rest war ohne jeden Zusammenhang. Wir packten alles sorgfältig ein. Vielleicht konnten unsere Experten mehr herausknobeln.
    Notar Bonders empfing unseren herzlichsten Dank. Phil und ich hatten beide das Gefühl, daß uns die Korrektheit des alten Herrn ein gutes Stück weitergebracht hatte. Wir brachten ihn in seine Privatwohnung, und als wir wieder unter uns waren, sahen wir uns an und sagten beide wie aus einem Munde: »Und nun zu John Landy!«
    Es ist nicht leicht, in den Vereinigten Staaten einen Mann zu finden, dessen Adresse man nicht kennt. Wir haben kein System der polizeilichen An- und Abmeldung. Jeder kann gehen und kommen, wie er will. Das gehört zu den Freiheiten unseres Landes, und die Musterungskommissionen, auch die Steuerbehörden haben es oft nicht leicht, die Leute zu finden, die zu den Fahnen gehen oder endlich ihre Steuerschulden bezahlen sollen. Aus diesem Grund besitzt das Finanzamt der Stadt New York die beste Einwohnerkartei aller Behörden, und man kann hoffen, den Gesuchten zu finden, vorausgesetzt, er ist einkommensteuerpflichtig. Die zweitbeste Chance bietet einfach das Telefonbuch, immer vorausgesetzt, der Gesuchte besitzt einen Anschluß.
    Wir teilten uns den Job. Phil nahm die Telefonbücher, ich die Finanzämter mit Zweigstellen.
    Was glauben Sie, wie viele Landys es in New York gibt und wie viele davon John heißen? Mehr jedenfalls, als Sie denken. Wir brachten ein gewisses System in die Suche und stimmten unsere Nachforschungen aufeinander ab.
    Mir ist erst viel später aufgegangen, daß wir nach einem ganz bestimmten John Landy suchten, nach einem Mann nämlich, dessen Lebensumstände denen von Joel Ruster ähnelte. Wir kamen überhaupt nicht auf die Idee, es könnte sich um einen Berufsverbrecher handeln. Wir hatten die Vorstellung, daß er ein Unternehmen gleicher Art und Größenordnung betrieb wie Ruster, ungefähr um dieselbe Zeit angefangen hatte und der gleiche Typ Mensch war. Diese Vorstellung war durch nichts begründet, aber sie steckte nun einmal in uns, und nur ihr verdanken wir es, daß wir John Landy am vierten Tag unserer Suche fanden.
    Wir trafen uns am Abend dieses vierten Tages im Hauptquartier, nachdem Phil tagsüber ein von der Postdirektion beschafftes Telefonbuch des 16. Bezirks durchstudiert und ich die Kartei der für die ungefähr gleiche Gegend zuständigen Finanzbehörde durchstöbert hatten.
    »Ich habe achtunddreißig, die in Frage kommen«, sagte Phil.
    »Bei mir sind es nur neunzehn, aber einer ist darunter, der mir besonders interessant erscheint. Er begann seinen Job vor fünfzehn Jahren, genau wie Ruster. Er verdient ein bißchen mehr, aber er ist kein Großkapitalist. Büro und Lager befinden sich in einem Bürohaus in der 63. Straße.«
    »Meinst du John Landy, Tuchgroßhandlung?« fragte Phil und reichte mir seine Liste. »Ich habe seinen Namen angekreuzt. Es kam auch mir so passend vor.«
    »Gut«, sagte ich. »Fangen wir also morgen mit ihm an.«
    ***
    Das Bürohaus in der 63. Straße sah dem Haus in der Crosper Road geradezu lächerlich ähnlich. Ein schwarzes Firmenschild verriet, daß Mr. John Landy seinen

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