0007 - Das Horror-Schloß im Spessart
eine derbe, wetterfeste Cordhose über, einen dunklen Rollkragenpullover und eine schwarze Nappa-Lederjacke. Dann schloß er ein Geheimfach seines Koffers auf und nahm seinen schweren Colt Single Action Army, Kaliber.357 Magnum, heraus.
Einen Revolver, mit dem man einen Elefanten umschießen konnte.
Ralf Brandner wog die Waffe in der Hand. Ein hartes Lächeln hatte sich um seine Mundwinkel gegraben. Sollten sich ihm Schwierigkeiten in den Weg stellen, dann war er entschlossen, von dieser Waffe Gebrauch zu machen.
Ralf Brandner steckte die schwere Waffe in einen Gürtelholster. Es war eine Spezialhalfter, die das Gewicht der Waffe so gut verteilte, daß es kaum zu spüren war.
Brandner knöpfte die Lederjacke zu. Seine Mutter brauchte den Revolver nicht unbedingt zu sehen. Er hatte den Single von einem befreundeten Amerikaner bekommen, dem er einmal einen Gefallen getan hatte.
Der junge Mann warf noch einmal einen Blick in sein Zimmer, sah, daß er nichts vergessen hatte, und verließ den Raum.
Auf der Treppe stand seine Mutter. Aus tränennassen Augen blickte sie zu ihm hoch.
»Du – du willst also wirklich gehen?«
»Ja, Mutter.«
»Ich habe Angst, Ralf«, flüsterte die Frau. »Große Angst sogar. Hoffentlich ergeht es dir nicht so wie Vater. Sei nur vorsichtig, bitte.«
Sie streckte ihre Hände aus. Ralf ging zwei Stufen vor und nahm seine Mutter in die Arme. Fest preßte er sie an sich. Er konnte sie verstehen. Sie hatte ihren Mann verloren und wollte nicht, daß auch dem Sohn etwas passierte.
Ralfs Verlobte wußte nichts von seinem Vorhaben. Er hatte ihr erzählt, daß er auf einen Wochenendlehrgang müsse. Eine glaubhafte Lüge, denn Ralf besuchte öfters Fortbildungskurse.
»Ich muß jetzt gehen, Mutter«, sagte Ralf Brandner weich. Sacht machte er sich frei.
Frau Brandner nickte. »Ja«, murmelte sie erstickt. »Geh nur, mein Junge. Geh nur…«
Langsam stieg Ralf die restlichen Stufen hinunter. Er fühlte sich selbst nicht wohl in seiner Haut, aber was er sich einmal vorgenommen hatte, das führte er auch durch.
Auf der letzten Stufe drehte er sich noch einmal um.
Seine Mutter stand auf der Treppe und hatte den Arm zu einem Gruß erhoben. Ralf Brandner kam es wie ein endgültiger Abschied vor. Hart preßte er die Lippen zusammen. Nur nicht sentimental werden, sagte er sich. Er mußte sich jetzt durchboxen, egal, wie die Sache ausging.
Es war kühl geworden. Der Nebel hatte sich verdichtet. Die Lichter des Dorfes unten im Tal waren kaum zu sehen.
Ralf stellte den Kragen seiner Lederjacke hoch und ging auf den BMW zu. Er reinigte die beschlagenen Scheiben, setzte sich in den Wagen und startete.
Seine Mutter stand am Fenster und beobachtete ihn.
Ralf fuhr hinunter ins Dorf. Die hellen Scheinwerferlanzen wurden schon nach wenigen Metern von den wabernden Nebelschlieren verschluckt. Der junge Mann mußte vorsichtig fahren. Nasses, auf der Fahrbahn liegendes Laub verwandelte die Straße in eine gefährliche Rutschbahn.
Wie ausgestorben wirkte der Ort. Kaum ein Mensch war auf der Straße. Die bunte Reklame der Discothek brannte. Neben dem Eingang stand eine Anzahl aufgebockter Motorräder.
Ralf rollte im BMW vorbei, ließ sein Heimatdorf hinter sich und fuhr in Richtung Würzburg.
Auf halber Strecke kam die schmale Abzweigung, die zu dem Sex-Schloß führte.
Sicherlich war an diesem Samstag viel Betrieb. Es würde gar nicht auffallen, wenn er den Wagen im Wald abstellte. Ralf hatte das Radio eingeschaltet, um sich etwas abzulenken. Der Sender strahlte die Hitparade aus. Die Songs sagten dem jungen Mann nichts, sie langweilten ihn.
Er zündete sich eine Zigarette an. Hin und wieder begegnete ihm ein Fahrzeug. Wegen der schlechten Sichtverhältnisse fuhr Ralf nicht schneller als fünfzig.
Als er die Abzweigung erreichte, war er fast eine Dreiviertelstunde unterwegs.
Ralf bremste, betätigte den rechten Blinker und lenkte den BMW auf die schmale Straße.
Ralf hatte das Gefühl, durch einen Tunnel zu fahren. Rechts und links standen die Bäume dicht am Fahrbahnrand. Die Äste und Zweige schienen sich über der Straße zu berühren.
Nasses Laub klebte auf der Fahrbahn. Der Nebel war noch dichter geworden. Ralf wußte, daß er ungefähr zwei Kilometer fahren mußte, um zu dem Haus zu gelangen. Er warf seinen Plan um. Als er eine kleine Schneise sah, lenkte er den BMW dort hinein und ließ ihn stehen.
Der Wagen parkte jetzt unter einer mächtigen Buche. Er behinderte niemanden.
Ralf
Weitere Kostenlose Bücher