Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus der bösen Lust (German Edition)

Haus der bösen Lust (German Edition)

Titel: Haus der bösen Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
Vom Netzwerk:
Prolog
    Gast, Tennessee
    1857
    Plock!
    Morris hackte dem Mädchen die Hand mit einem Beil ab, dann lachte er ausgelassen. Die arme Mulattin heulte auf und aus ihrem Stumpf pumpte das Blut.
    »Wozu hast du das denn gemacht?«, brüllte Cutton. Er hatte noch nicht einmal die Hose ausziehen können, bevor Morris losgelegt hatte.
    Morris hatte sich Speichel in den ungepflegten Bart gekichert. »Sie is’ ’n Mischling, Cutton, ’ne Mischlingshure . Und ich hab ihr ’n Dollar bezahlt.« Mit der abgetrennten Hand des Mädchens rieb er sich den Schritt. »Mischlinge dürfen auf kein’ Fall mehr als zwanzig Cent verlangen.«
    Cutton konnte kaum sprechen, als er seinen Gürtel wieder schloss. »Du bist irre, Morris! Die Puffmutter im Zimmer nebenan wird Marschall Braden holen!«
    Das Mädchen schlotterte unter Morris’ gespreizten Oberschenkeln, bekam einen Schock. »Aaaach, scheiß drauf. Der Marschall gehört Gast, und wir arbeiten für Gast. Wir haben doch bloß ’n bisschen Spaß in ’nem Hurenhaus, das ist alles.«
    Spaß? Einem Mädchen die Hand abzuhacken, ist Spaß? Cutton zog einen Lederriemen aus einem seiner Jefferson-Schuhe und band damit den Stumpf des Mädchens ab. »Du bist so strunzdumm wie Hundescheiße. Das Mädchen könnte sterben.«
    Morris ließ die Hand auf den bebenden Bauch des Mädchens fallen. »Sie wird nich’ sterben, Cutton. Schau her, ich mach’s wieder gut.« Er warf eine Fünf-Dollar-Silbermünze auf den Boden.
    »Du bist ein verrückter Dreckskerl. Das war das letzte Mal, dass ich mit dir zum Trinken gegangen bin«, tobte Cutton und steuerte auf die Tür zu.
    Morris zeigte sich ungläubig. »Willste jetzt auf einmal nich’ mehr?«
    Cutton stapfte aus dem Bordell in die staubige Dunkelheit hinaus. Scheiße . Er kannte Morris schon eine ganze Weile – sie hatten zusammen an der Delaware-Strecke gearbeitet. Aber seit sie bei Gast und seiner Bahnmannschaft angemustert hatten, schien der Mann wahnsinnig geworden zu sein.
    Wahnsinnig ... oder böse?, fragte er sich.
    Die Number 3 Street präsentierte sich dunkel. Vom nächsten Häuserblock hörte er, dass in Cusher’s Bierstube immer noch gezecht wurde. Aber dorthin wollte Cutton nicht zurück. Die anderen würden ihn nur fragen, wie es gelaufen sei.
    Hinter ihm schwang die Tür auf. Morris hatte seine Arbeitshose wieder angezogen und rief: »He, komm schon, Cutton. Wozu der Aufstand? Sie ist ’n Mischling, um Himmels willen!«
    Cutton ging davon. Ihn kümmerte nicht, ob sie zur Hälfte schwarz war; es hätte nicht einmal eine Rolle gespielt, wenn sie eine vollblütige Negerin gewesen wäre. Einen Sklaven wegen Diebstahls oder Vergewaltigung aufzuknüpfen, ist eine Sache, aber was Morris getan hat, ist schlichtweg unmenschlich . Cutton stapfte weiter in die Finsternis. Es gab nicht mehr viel zu tun, außer zur Schlafbaracke zurückzukehren und sich aufs Ohr zu legen. Er hatte den Großteil des Tages auf dem Pferd verbracht, Gleise überprüft und sichergestellt, dass Gasts Sklaven schnell genug arbeiteten. Bin ohnehin hundemüde. Er hatte lediglich eine schnelle Nummer mit einer Hure gewollt.
    Aber nicht ... das.
    »Genug Trubel für heute?«, ließ ihn eine leise Stimme innehalten.
    Cutton drehte sich an der Kreuzung um. Es konnte niemand aus dem Freudenhaus sein – das lag in der entgegengesetzten Richtung. Er kniff die Augen zusammen.
    Wieder die weibliche Stimme: »Genug oder Lust auf mehr?«
    Cuttons Blick heftete sich auf ein gespensterhaftes Bild, eine kurvenreiche weiße, verschwommene Kontur. Der Schatten eines Zweigs verbarg das Gesicht.
    »Lady, ich bin gerade von Trubel weg, der mir überhaupt nicht gefallen hat«, gab er zurück. »Wer sind Sie?«
    »Komm mit!« Eine warme Hand ergriff die seine und zog daran.
    Sie führte ihn den Hügel hinauf. Sträucher raschelten. Das fleckig durch die Bäume dringende Mondlicht reichte nie, um Einzelheiten zu erkennen, doch als Cutton hinter ihr hereilte, konnte er ausmachen, dass sie unter dem hauchdünnen Nachthemd nackt war.
    »Sie sind nicht aus dem Freudenhaus, oder?«
    Ein leises Kichern ertönte. »Komm einfach mit.«
    Allein das Gefühl ihrer Hand, der weichen Wärme auf seinen Schwielen, bescherte Cutton eine halbe Erektion – das und etwas Abstrakteres, eine ungewisse Vorfreude. Sie wirkte unbändig lüstern, als sie vorauslief.
    »Wohin bringen Sie ...«
    »Nicht reden! Wir sind gleich beim Haus ...«
    Haus. Etwas Schweres plumpste auf Cuttons Herz. Auf diesem Hügel gibt

Weitere Kostenlose Bücher