0007 - Das Horror-Schloß im Spessart
Boden. Ineinander verkrallt wälzten sie sich durch das nasse Gras. Brandner lachte dabei wild und keuchte: »Ich habe ihn erschossen. Ich habe ihn…«
John schlug ihm die linke Hand gegen den Mund. Er war wütend. Er hatte keine Mühe gescheut, das Leben des Werwolfs zu retten. Und jetzt hatte dieser Bursche alles zunichte gemacht.
Noch immer hielt Brandner die Waffe umklammert. John versuchte, sie ihm aus der Hand zu reißen. Er bekam das Gelenk auch zu packen und wollte es herumdrehen.
Doch Brandner hatte Kraft. Er stemmte sich gegen den Griff. Auch gelang es ihm, John das Knie in den Leib zu stoßen.
Der Geisterjäger krümmte sich. Er riß den Mund auf und schnappte nach Luft. Sein Griff lockerte sich.
Brandner nutzte die Gelegenheit und stieß den Geisterjäger von sich. Dann sprang er auf die Füße. Mit einem Fluch schleuderte er die Beretta vor John auf den Boden.
»Da, ich brauche sie nicht mehr!«
Der Oberinspektor steckte die Waffe ein. Langsam stand er auf. Sein Anzug sah aus, als hätte er ihn durch den Schlamm gezogen. Dazu klebten bunte Blätter an dem Stoff.
Schweigend wandte sich John Sinclair dem gefesselten Werwolf zu.
Die Verwandlung war noch nicht abgeschlossen.
Die beiden Kugeln hatten die Bestie zu Boden geschleudert. Der Werwolf war an dem Baumstamm entlanggerutscht. Sein Körper zuckte. Das Fell verschwand. Die helle Haut eines Menschen schimmerte durch.
John Sinclair hielt den Atem an! Haare begannen zu wachsen. Lange schwarze Haare.
Der Werwolf – nein, die Werwölfin, sie war ein Mädchen!
Und sie war tot!
Beide Kugeln hatten sie in den Rücken getroffen.
John Sinclair hörte Ralf Brandner neben sich aufstöhnen. »Nein!« flüsterte der junge Mann, »das wollte ich nicht. Das wollte ich nicht. Nein!«
Der Geisterjäger erwiderte nichts. Stumm ging er zu der Leblosen hin, löste die Handschellen und drehte die Tote auf den Rücken.
Dunkle Augen starrten ihn anklagend an. Das Gesicht war bleich. Eine Haarsträhne fiel über die Stirn und tupfte gegen die linke Augenbraue.
Das Mädchen sah aus, als schliefe es.
Inzwischen war auch Kommissar Mallmann aus seiner Bewußtlosigkeit erwacht. Stöhnend rieb er sich den Kopf. Fassungslos blickte er auf die Leiche.
John Sinclair blieb vor dem jungen Ralf Brandner stehen. Schweigend. Brandner senkte den Blick. »Es… es tut mir leid.«
»Okay«, sagte der Geisterjäger frostig. »Sie haben es nicht anders gewußt. Doch mit Ihrem Gewissen müssen Sie ganz allein fertig werden.«
Der Oberinspektor ließ Brandner stehen und ging auf Kommissar Mallmann zu.
»Und?« fragte Will.
John begann, seine Kleidung notdürftig zu reinigen. »Benachrichtige du die zuständigen Stellen der Polizei«, sagte er. »Ich sehe mir das Sex-Schloß an.«
»Da bin ich dabei!«
»Nein, Will. Lieber nicht.«
»Kann ich Ihnen vielleicht helfen?« bot sich Ralf Brandner an.
John drehte den Kopf. Der junge Mann stand direkt neben ihm. »Sie fahren am besten wieder nach Hause. Was zu erledigen ist, werden wir machen.«
Brandner schüttelte den Kopf. »Nein, das tue ich nicht. Sie können mir nicht verbieten, dem Sex-Schloß einen Besuch abzustatten. Schließlich ist mein Vater…«
»Nein!« unterbrach John den Mann. »Verbieten kann ich es Ihnen nicht. Aber ich appelliere an Ihren gesunden Menschenverstand, uns nicht ins Handwerk zu pfuschen.«
Ralf Brandner blickte den Geisterjäger an. Dann hob er die Schultern, »Wir werden sehen«, meinte er und ging davon. Schon nach wenigen Schritten verschluckte ihn der Nebel.
»Der gibt nicht auf«, sagte Will Mallmann, »der nicht. Den treffen wir im Sex-Schloß wieder. Glaub mir.«
John nickte nachdenklich. »Dann ist es vielleicht doch besser, wenn du mitgehst, Will.«
»Sage ich ja.«
»Du könntest unseren Freund im Auge behalten. Wir schalten die Behörden erst ein, wenn alles vorbei ist.«
Mallmann war einverstanden. Er warf einen Blick auf die Tote. »Um das Mädchen tut es mir leid, wirklich. Glaubst du im Ernst, du hättest sie retten können?«
»Wahrscheinlich.«
»Sie wird zum Schloß gehören«, vermutete der Kommissar. »Wenn sie ein Werwolf war, was erwartet uns dann wohl bei den anderen Mädchen?«
John hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Aber wir können uns auf einiges gefaßt machen…«
Niemand ahnte etwas von den Schrecken, die die Nacht noch bereithielt.
***
Der Betrieb im Chateau d’amour war völlig normal angelaufen. Trotz des miesen Wetters. Aber davon ließen
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