0007 - Die Nacht der mordenden Leichen
zu versengen. Ein gepeinigtes Kreischen breitete sich im Erdloch aus, dröhnte schmerzend gegen Zamorras Trommelfelle.
Die Erde unter seinen Füßen begann zu beben. An den Wänden rutschte der Lehm herab, polterten Steine.
Das Herz war in der Stichflamme vergangen wie Rauch im Wind.
Das Amulett glitzerte im ausbrennenden Feuer. Zamorra packte die Kette und riß das heiße Metall an sich.
Es wurde höchste Zeit. Noch im Tode wollte die Hexe weitere Opfer mit in die Hölle nehmen.
Zamorra schob das Amulett in seine Tasche. Es wurde brenzlig.
Auch von der gewölbten Decke rieselte schon die Erde.
Er warf sich den immer noch bewußtlosen Freund über die Schulter und hob seine Kleidung auf, hetzte auf den Ausgang zu. Doch der wurde ihm von weiteren drei Gestalten versperrt, die ihn hämisch angrinsten.
Zamorra wußte jetzt, daß er stärker war als sie. Er brach durch die Mauer der Leichname, als wäre sie nicht vorhanden. Er rutschte ein paarmal auf den glitschigen Stufen aus und hielt sich nur mit Mühe an den Wurzeln aufrecht. Knöcherne Hände zerrten an seinen Füßen, wollten ihn hinabziehen in die todbringende Tiefe.
Doch Zamorra war nicht mehr aufzuhalten. Die kühle Nachtluft, die ihm von oben entgegenströmte, schien ihm das Köstlichste zu sein, was er je an Wohlgerüchen geatmet hatte.
Als er endlich das Ende des Ganges erreicht hatte, ließ er Bill neben sich in das Gras fallen.
Hinter ihm kamen die Toten an das Licht der Nacht. Zamorra würde den Ausgang verteidigen. Ohne die Hexe Yvonne Mortal waren sie ohne Macht.
Zamorra nahm wieder das Amulett und ließ es wie eine Keule kreisen. Die Toten wichen in das Loch zurück, das jede Sekunde einstürzen und sie endgültig unter sich begraben konnte.
Mit dem glitzernden Amulett trieb Zamorra die fleischgewordenen Dämonen zurück in die Tiefe. Dem, der ihm am nächsten stand, sprang er mit beiden Beinen gegen die Brust. Der Getroffene fiel zurück und riß die hinter ihm Stehenden mit sich in die Tiefe.
Die Wände des Ganges begannen sich zu neigen.
Zamorra hatte es geschafft, sah zu, wie sich die Erde vor ihm senkte, wie mächtige Bäume einknickten wie Streichhölzer und berstend den Platz unter sich begruben. Die Erde bebte noch ein paarmal, erzitterte unter dem Aufprall der mächtigen Stämme.
Und dann war Stille. Nichts als knisternde Stille. Nur eine kleine Mulde kündete noch davon, daß hier die Erde zusammengestürzt war.
Schwer atmend stand Zamorra da. Er hatte den Kopf gesenkt, und sein Puls klopfte bis in die Schläfen. Seine Fäuste waren immer noch geballt. Das Amulett hing an der Kette dem Boden entgegen.
Yvonne Mortal war keine Gefahr mehr für die Bewohner der Ardèche Drôme.
Zamorra fühlte sich plötzlich unsagbar müde und ausgelaugt. Seine Beine zitterten noch leicht. Er sog die Luft in seine Lungen und fühlte, daß ihm besser wurde.
Im Osten graute der Tag. Langsam kroch er über die Hügelketten und breitete sich über dem Wald von Le Cheylard aus, in dem künftig das Grauen nicht mehr wohnen und wie eine gefährliche Spinne auf Opfer lauern würde.
»Wo sind wir?« fragte Bill Fleming. Er lag im Gras und hatte sich auf seinen Ellbogen gestützt.
»In Sicherheit«, antwortete Professor Zamorra und half dem Freund auf die Beine.
***
»Was ist passiert?«
»Das erkläre ich dir alles später. Wir müssen Nicole suchen.«
Bill Fleming schüttelte nur den Kopf und sah an sich hinab.
»Das muß gestern eine fürchterliche Party gewesen sein. Ich glaube, ich darf keinen Calvados mehr trinken…«
»Es war keine Party und auch kein Traum, Partner!«
Bill Fleming kratzte sich unfein am Schädel.
»Das habe ich fast befürchtet. Ist der Spuk zu Ende?«
»Es sieht danach aus. Gehen wir.«
Bill Fleming zog sich an. Die beiden Männer gingen den Weg zurück. Zamorra hatte die Führung übernommen. Die Sonne stand schon über den Hügeln, als sie die Sandlichtung mit dem Basalt erreichten.
Der Scheiterhaufen war niedergebrannt. Etwas daneben war die Grube, in der Yvonne Mortal verscharrt worden war. Zamorra trat an ihren Rand.
Inmitten dunkler Erde lag der Leichnam der Hexe, so wie er ihn bei der ersten Graböffnung gesehen hatte. Nur das Herz war weg.
An seiner Stelle lag nur ein dunkler, unscheinbarer Klumpen.
Bill Fleming trat neben seinen Freund. »Da ist sie ja wieder«, sagte er.
»Und da wird sie auch bleiben. Hilf mir mal. Ich möchte den Basaltblock darüberwälzen.«
Der Stein war noch warm, als sich
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