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0007 - Die Nacht der mordenden Leichen

0007 - Die Nacht der mordenden Leichen

Titel: 0007 - Die Nacht der mordenden Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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bildete sich wieder dieses ›V‹ an ihrer Nasenwurzel, als sie sich vorsichtig durch die Tischreihen hindurchschlängelte, damit sie ja nicht versehentlich eine der zerlumpten Gestalten berührte. Fast angewidert steuerte sie einen Platz in der Ecke des Raumes an, in der noch drei Tische unbesetzt waren. Professor Zamorra grüßte freundlich nach allen Seiten und folgte ihr. Er störte sich nicht an den neugierigen Blicken der Männer. Seine Sekretärin hätte auch er ohne nachzudenken unter ›sehenswert‹ eingestuft.
    Langsam wandten sich die Männer wieder ab, ab und zu einen scheuen Blick in ihre Richtung werfend. Hier war jemand in ihre dörfliche Gemeinschaft eingedrungen, und das störte sie. Die Männer von Lamastre waren Fremde nicht gewohnt.
    Professor Zamorra ignorierte diese beinahe körperlich spürbare Abneigung. Das würde sich nach wenigen Minuten wieder geben.
    Doch er täuschte sich. Vorerst zumindest. Selbst als der Wirt ihre Bestellung aufgenommen hatte und weitere fünf Minuten verstrichen waren, hatten die Männer in der Taverne noch nicht zu ihren alten Gesprächen zurückgefunden. Irgend etwas schien sie zu bedrücken.
    Professor Zamorras Sinne waren durch Erfahrung geschärft. Ihm entging die gedrückte Stimmung nicht, in der sich die Männer befanden.
    Diese Männer dünsteten riechbare Angst aus.
    Doch vor ihnen beiden, die unschuldig ihren Mokka schlürften, konnten sie keine Angst haben. Da mußte noch etwas anderes sein.
    Etwas, das Professor Zamorra zu ergründen hoffte.
    Er gab sich betont gelangweilt und wechselte mit Nicole einige nichtssagende Worte. Dabei beobachtete er die Männer aus den Augenwinkeln. Vermutlich hatten sie ihn für einen Ausländer gehalten, denn als der Professor sich mit Nicole über belanglose Dinge auf Französisch unterhielt, verloren sie ihr gespanntes Interesse an ihnen. An und für sich hatte Professor Zamorra in den Staaten studiert und gearbeitet, bis er sein Erbe auf dem Château Montagne antrat.
    Trotzdem konnte auch ein geschultes Ohr keinen Akzent feststellen.
    Die Männer von Lamastre schon gar nicht.
    Sie entspannten sich. Allmählich nahmen sie ihre Fäden wieder auf. Von Mord war die Rede. Von einem Doppelmord. Und die ›Schwarze Frau‹ sollte ihn begangen haben.
    Professor Zamorra horchte auf. Nicole war diese Reaktion nicht entgangen.
    »Hören Sie nicht hin, Professor«, sagte sie, nachdem auch sie eine Weile gelauscht hatte. »Das sind doch alles nur Gerüchte. Eine ›Schwarze Frau‹, ein Fabelwesen, soll einen Mord begangen haben? Kindisch!«
    Der Professor ging nicht darauf ein. Er hörte, daß die Leichen des Liebespaares im Leichenhaus von Lamastre aufgebahrt lagen. Ein Jäger hatte sie gräßlich verstümmelt im Wald von Le Cheylard gefunden. Die Polizei war natürlich eingeschaltet, doch nach dem, was die Einheimischen von sich gaben, hatten ihre Ermittlungen bisher noch zu keinem Erfolg geführt. Dann brachen die ersten Männer von Lamastre auf. Bald war das Lokal leer.
    »Wir sollten jetzt auch aufbrechen«, sagte Nicole. »Wir bekommen sonst in Valence kein Hotel mehr.«
    »Hm«, brummte Professor Zamorra. »Es ist spät geworden. Bis nach Valence fahren wir bestimmt noch fast eine Stunde. Ich denke, es ist besser, wir bleiben diese eine Nacht in Lamastre.«
    »Und sofort morgen früh gehen Sie zum Leichenhaus dieses Kaffs und sehen sich zwei Tote an«, resignierte seine Sekretärin. Sie wußte, daß ihr Chef nicht von seinen Vorsätzen abzubringen war. Wenn er eine Spur gefunden hatte, dann verfolgte er sie bis ans Ende. Sie würde auch mit Argumenten nichts erreichen können.
    »Dann sind Sie also einverstanden, wenn wir die Nacht hier verbringen«, grinste Professor Zamorra. »Ich hatte schon befürchtet, Sie hätten zu große Angst.«
    »Ich und Angst«, entrüstete sich Nicole, und ihre Augen funkelten.
    »Sie denken doch nicht, daß ich dieses Ammenmärchen glaube. Und außerdem ist dieser Wald von Le Cheylard mindestens fünf Kilometer von hier entfernt«, fügte sie wenig logisch hinzu. Kenne sich einer in der Psyche einer Frau aus…
    Zamorra winkte den Wirt an den Tisch heran.
    Er sah nicht sehr vertrauenerweckend aus. Sein riesiger Schädel pendelte auf einem dürren Hals, die Figur war wieder massig und unförmig. Über den faßförmigen Bauch hatte er eine schmuddelige weiße Schürze gebunden. In der Hand hielt er einen Schreibblock.
    »Wollen die Herrschaften zahlen?«
    »Das auch«, antwortete Professor

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