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0007 - Die Nacht der mordenden Leichen

0007 - Die Nacht der mordenden Leichen

Titel: 0007 - Die Nacht der mordenden Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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unten ankam, war er tot.
    Die beiden Gespenster ließen von ihrem Opfer ab. Marie Fraisson stimmte ein schauerliches Geheul an, und Michel antwortete auf dieselbe Weise. Sie schienen sich derart zu verständigen. Dann traten sie hinaus in die plötzlich kühl gewordene Nachtluft. Wie Automaten strebten sie gemeinsam ein Ziel an. Nebeneinander gingen sie aus dem Friedhof hinaus und wandten sich dem Tal zu, bis sie auf die Nationalstraße nach Valence kamen. Sie nahmen jedoch die andere Richtung.
    Oben, nach der Paßhöhe, schlugen sie nach links einen kleinen Waldweg ein. Nur die Ortsansässigen wußten, daß er nach Le Cheylard, einem vergessenen Bergnest, führte. Es war eingebettet in tiefe, abweisende Wälder.
    Die beiden von den Toten Auferstandenen hatten ein Ziel. Sie mußten den Basalt erreichen, bevor die Strahlen der Morgensonne auf ihre Körper trafen.
    Und am Horizont kündigte sich bereits silbrig der Morgen an. Es blieb ihnen nicht mehr viel Zeit. Sie hatten eine weite Strecke zurückzulegen. Erst am Basalt waren sie gerettet.
    Immer schneller wurden ihre Schritte. Sie rannten. Auf der Straße kamen sie rascher voran. Die nächste Biegung!
    Sie liefen um sie herum und blieben wie gebannt stehen. Die Morgensonne schien genau in ihre Gesichter. Ihre langfingrigen Strahlen hatten den Weg von einer Bergmulde aus in die Wegschneise gefunden.
    Die Gestalten konnten sich nicht wehren. Die Kräfte des Lichts waren zu stark für sie. Geblendet schlossen sie die Augen und brachen mit gurgelnden Lauten zusammen. Ihre Glieder streckten sich zuckend wie im Todeskampf, und dann lagen sie still.
    Mit der steigenden Sonne begann auch der Zerfall ihrer Körper.
    Die Wunden, die die Klauen der ›Schwarzen Frau‹ gerissen hatten, klafften wieder auf, zerschmolzen in jenen Zustand zurück, den sie gehabt hatten, als die verstümmelten Leichen der beiden jungen Menschen gefunden worden waren. Zerfetzt und bestialisch zerrissen. Das rot brennende Feuer in ihren Augen erlosch.
    Michel Barrat und Marie Fraisson waren tot wie vorher.
    Doch jetzt hatten sie gemordet.
    Sie lagen im Gras neben der staubigen Straße nach Le Cheylard.
    Wie geschickt gemachte Wachsfiguren. Kein Leben war mehr in ihnen. Der Dämon hatte die unbrauchbaren Körper wieder verlassen.
    ***
    Professor Zamorra hatte unruhig geschlafen. Einmal in der Nacht war er hochgeschreckt, weil er einen fernen Schrei zu hören geglaubt hatte, doch als dann kurz darauf eine Katze vor seinem Fenster vorbeischlich, hatte er sich wieder ins Kissen zurückgelegt.
    Trotzdem, an den Betten konnte seine Schlaflosigkeit nicht liegen.
    Sie waren ausgezeichnet. Zamorra hatte diesen Schlafkomfort hier nicht erwartet. Außerdem waren beide Zimmer überraschend sauber gewesen. Keine Selbstverständlichkeit in einem Ort wie Lamastre.
    Er kleidete sich schon früh an. Die Sonne war eben aufgegangen.
    Er hatte keinen Schlaf mehr finden können. Eine innere Unruhe hatte von ihm Besitz ergriffen.
    Er kannte dieses Gefühl, diese Vorahnungen, die ihn beschlichen, wenn besondere Ereignisse bevorstanden. Nicht zuletzt diese Feinfühligkeit Ungewöhnlichem gegenüber hatte ihn veranlaßt, Parapsychologie zu studieren und seine Forschungen auf diesem Gebiet immer weiter auszudehnen.
    Professor Zamorra wusch sich in der Emailleschüssel auf einer altertümlichen Spiegelkommode. Das Wasser hatte er aus einer danebenstehenden Karaffe gegossen. Die Morgentoilette dauerte nicht lange, denn Zamorra wollte so schnell wie möglich draußen am Friedhof sein.
    Das Gespräch mit dem Wirt am Vorabend war alles andere als ergiebig gewesen. Obwohl sie einen vorzüglichen 56er Bordeaux aus seinem Keller getrunken hatten, hatte sich die Zunge des Wirts nicht gelöst. Seine Antworten waren einsilbig und ausweichend gewesen.
    Er gab an, nichts von einer alten Legende über eine ›Schwarze Frau‹ zu wissen. Die Gäste in seiner Taverne hätten sich über die beiden Toten nur deshalb so verbreitet, weil in Lamastre einfach zu wenig passiere, worüber man reden konnte. Sicher seien die beiden jungen Leute Opfer eines Verkehrsunfalls gewesen. Mehr zu sagen hatte er sich beharrlich geweigert.
    Zamorra schüttelte in Erinnerung an das erfolglose Gespräch mißmutig den Kopf. Die Menschen in den Ardennen konnten Fremden gegenüber schrecklich stur sein.
    Zumindest hatte er erfahren, daß in die Ermittlungen ein Inspektor Mallyrand eingeschaltet war. Er kam aus Valence, übernachtete jedoch in Lamastre, weil er hier

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