0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen
einer Schwester Bescheid. Er kehrte zurück, gab mir eine Zigarette, und wir rauchten schweigend. Noch vor dem letzten Zug erschien der Professor.
Er war so lustig, wie Ärzte mit ihren Patienten zu sein pflegen. »Sie, Mr. Cotton«, sagte er, »brauchen wenigstens keinen Sanatoriumsaufenthalt.«
»Wüßte auch nicht, warum«, knurrte ich. »Ich fühle mich völlig gesund.«
»Körperlich schon, aber geistig auch?«
Ich starrte ihn überrascht an.
»Spannen Sie ihn nicht auf die Folter, Professor«, mahnte Phil.
Bitman setzte sich auf den Rand meines Bettes.
»Sie gingen gestern abend um neun Uhr zu den Krischnaisten-Klub. Sie bedienten sich des Namens Denver Cool und wurden in der üblichen Form empfangen. Man verlangte von Ihnen gewisse Übungen. Dann wurden Sie überfallen.«
»Davon weiß ich nichts.«
»Fühlen Sie bitte Ihren Kopf. Nein, mehr rechts. Die Beule links stammt von einer Vase, die Ihr Freund Phil leider auf Ihrem Schädel zerschlagen mußte. Die Beule aber, die Sie jetzt abtasten, stammt von dem Niederschlag im Klub. Sie wurden gebunden in das Chefzimmer geschleppt und dort an einen Stuhl geschnallt. Wenig später erschien ein Mann in einem goldenen Gewand. Der Mann wußte, daß Sie ein Beamter vom FBI sind, aber er ließ Sie darüber im unklaren. Der Mann hypnotisierte Sie, und im hypnotischen Schlaf suggerierte er Ihnen, daß der Krischnaisten-Klub eine harmlose Vereinigung sei und daß Sie bei Ihrem heutigen Besuch nichts Besonderes erlebt hätten. Er gab Ihnen außerdem den Befehl, alles zu vergessen, und als Sie von ihm aufgeweckt wurden, hatten Sie alles vergessen.«
Ich starrte den Professor mit offenem Mund an.
»Sie glauben mir nicht«, sagte er lächelnd, »aber es war so. Sie selbst haben mir das alles erzählt, als ich Sie in hypnotischen Schlaf versenkte. Leider bin ich nicht so begabt wie der Mann. Ich mußte Ihr Bewußtsein erst mit einer leichten Dosis Morphium trüben, bevor es mir gelang, alles aus Ihnen herauszuholen… Der Mann aber gab Ihnen noch einen Befehl, eine wahrhaft teuflische Anordnung. Am besten stehen Sie auf und kommen Sie mit mir. Sie können es an einer anderen Person sehen, die dem ›Meister‹ noch tiefer in die Krallen fiel als Sie.«
Ich rappelte mich von meinem Bett hoch. Hallo, ich war etwas wacklig auf den Beinen. Phil reichte mir meine Jacke, und unter Führung des Professors gingen wir über den Flur der Klinik in ein anderes Zimmer.
Ann Thomper lag im Bett. Ihr Gesicht war sehr bleich, ihre Augen groß und wie erloschen.
Mit der Routine des Arztes ging der Professor auf sie zu, beugte sich über sie, murmelte ein paar Worte und machte einige seltsame Striche mit den Händen über ihre Stirn und ihre Augen.
Als er die Händen von ihrem Gesicht hob, hatte Ann die Augen geschlossen.
Bitman winkte uns, näher zu treten.
»Bei ihr geht es ganz leicht«, flüsterte er, »weil ich sie seit gestern abend in Behandlung habe. Außerdem ist sie erschöpft, und ihre Willenskraft ist erlahmt. Setzen Sie sich, und sagen Sie beide nichts.«
Er wandte sich wieder Ann zu und sagte mit deutlicher Stimme, wie man wohl zu einem Schwerhörigen spricht: »Miss Thomper, Sie haben Ihre Freundin Charlot Canzer zu einer Sitzung des Krischnaisten-Klubs begleitet. Die Sitzung ist beendet, sie befinden sich auf dem Weg zum Ausgang. Was geschieht?«
Ann antwortete, fast ohne die Lippen zu bewegen und ohne die Augen zu öffnen. Ihre Stimme klang kehlig.
»Ein Mann in einer schwarzen Kapuze bittet uns, einen Seitengang zu nehmen, da der ›Meister‹ uns noch sprechen möchte.«
»Gehen Sie mit Ihrer Freundin gemeinsam in das Zimmer des ›Meisters‹?«
»Nein, Charlot wird allein hineingeführt. Ich warte in einem kleinen Vorraum. Charlot kommt nach einer halben Stunde noch nicht wieder. Ich habe Angst um sie und gehe einfach durch die Tür!«
»Was sehen Sie?«
»Charlot sitzt in einem Sessel vor einem Schreibtisch. Ihr Kopf ist zurückgefallen. Ein Mann in einem goldenen Gewand steht vor ihr und spricht auf sie ein.«
»Was sagt der Mann?«
»… werden Sie gehorchen und werden sich töten, gern töten.«
»Was tun Sie?«
»Ich schreie. Der Mann wirft den Kopf hoch. Ich weiß nicht, ob ich fliehen soll, aber ich kann Charlot nicht im Stich lassen. Der Mann kommt auf mich zu. Sein Gesicht ist von einer Kapuze bedeckt. Nur seine Augen kann ich sehen. Er kommt auf mich zu. Er fragt: ›Was haben Sie gehört?‹ Ich stammele: ›Nichts!‹ Er herrscht mich
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