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0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen

0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen

Titel: 0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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weiblichen Geschlechts saß, wie das Kleid auswies.
    Der Türhüter flüsterte ihr meinen Namen zu, und sie blätterte gewandt mit langer, dürrer Hand in einem großen lederbezogenen Buch. Dann nickte ihre Kapuze, und der Portier bedeutete mir mit einem Wink, mich ins Innere des Theaters zu begeben, wobei er mir ohne weiteres eine graue Kapuze überstülpte.
    Ich folgte seiner Geste, ging zur Stirnfront des langen Raumes, die völlig mit einem schweren schwarzen Vorhang verkleidet war. Ich teilte ihn und stand in dem runden Mittelbau.
    Alle Achtung, sie schienen sich hier auf Regie zu verstehen. Das kreisrunde Gemach von vielleicht zwanzig Yard Durchmesser war völlig mit schwarzem Samt verkleidet, der so in Falten gelegt war, daß man nicht erkennen konnte, wo sich ein Eingang oder Ausgang befand. An die zwanzig Leute befanden sich in dem Zimmer, das von ein paar Dutzend Kerzen in üppigen Silberleuchtern nur schummerig erhellt wurde.
    Die Gäste waren im Smoking oder Abendkleid, trugen alle Kapuzen, jedoch von unterschiedlichen Farben. Die meisten waren grau, gleich der meinen, aber es gab drei in Lila und zwei rote. Ich vermutete, daß sie so etwas wie Rangabzeichen bedeuteten. Abgesehen von dem dicken, jeden Laut dämpfenden Teppich unter den Füßen bestand die Einrichtung aus einem riesigen runden Tisch und einer Anzahl schwarzer Ledersessel darum.
    Von den Kapuzenträgern sprach niemand mit einem anderen. Sie standen herum und schienen auf etwas zu warten. Ich erkannte Mrs. Byers Abendkleid und stellte mich in ihrer Nähe auf.
    Nach ungefähr zehn Minuten völligen Schweigens, in denen noch zwei Männer und eine Frau kamen, ertönte wie von fern ein leiser Gong. Die Anwesenden gingen auf den Tisch zu, und jeder stellte sich hinter einen Stuhl. Wenig später ertönte der Gong zum zweitenmal, jetzt in einem anderen Ton und etwas lauter. Alle setzten sich. Ich hatte mir einen Platz neben der Astrologin gesichert, weil ich nichts falsch machen wollte, aber ich paßte offenbar doch nicht richtig auf, denn sie zischte mir zu: »Ihre Hand!«
    Alle hielten sich bei den Händen, und ich beeilte mich, den Kreis nach links und rechts zu schließen.
    Der Gong ertönte zum drittenmal, jetzt schon sehr laut. Sie senkten alle die Köpfe und murmelten etwas, das ich zunächst nicht verstand, aber dann erkannte ich es. Es war jenes komische Wortgebilde »Krischna Parpotoi«, das ich schon am Telefon gehört hatte, und ich beeilte mich, es mitzumurmeln.
    Plötzlich stand eine große hagere Gestalt, von Kopf bis Fuß in ein weißes Gewand gehüllt, am Kopfende des Tisches. Über den Augenlöchern der Kapuze schimmerte das seltsame Ypsilon in Silberstickerei.
    Der Mann hob beide Arme und sagte: »Krischna Parpotoi!« Er hatte eine tiefe sonore, eigentlich sogar schöne Stimme, ungefähr wie ein Baßsänger. Er ließ die Arme sinken, und als hätte er damit ein Kommando gegeben, so erloschen nacheinander alle Kerzen bis auf eine in jedem Halter, ohne daß ich gesehen hätte, wie sie ausgelöscht wurden. Jetzt war es fast dunkel im Raum. Man ahnte nur noch die Umrisse der Anwesenden. Lediglich der Mann in Weiß war gut zu erkennen.
    »Niemand zeige sein Gesicht«, sprach er feierlich. »Denn das Gesicht ist ohne Bedeutung, und wir tragen ein anderes in jedem Leben. Niemand sage den Namen, denn wir wechseln die Namen wie die Leiber.«
    Sie antworteten wieder mit den beiden magischen Worten, die alles zu bedeuten schienen.
    »Schließt den Kreis fest!« befahl der Zeremonienmeister. Ich fühlte, wie die Hand meines Nachbarn zur Linken meine Pfote umkrampfte, und der Ordnung halber drückte ich kräftig zurück. Mrs. Byer hielt es nicht für nötig, intensiver zu werden. Ihre Finger lagen locker in den meinen.
    Von fern ertönte jetzt geisterhafter Gesang, eigentlich sehr hübsch, wenn auch unverständlich. Englisch war es jedenfalls nicht. Plötzlich fielen ein paar aus der Runde mit ein.
    Ich glaube nicht, daß sie den Text kannten. Mir kam es so vor, als machten die meisten nur »lalalla«, und ich tat es auch.
    Es setzte sich fort in einem Gongton, der einem fast die Ohren zerbrach. Mitten auf dem riesigen Tisch erschien etwas, das formlos war und doch die Formen eines Menschen zu haben schien, das leuchtete und doch ohne eigentliches Licht zu sein schien, das sichtbar war und doch körperlos.
    Aus dem Kreis der Menschen rings um den Tisch stieg ein Laut, ein Seufzer, der alles bedeuten konnte: Angst, Überraschung, Befriedigung,

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