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0017 - Wolfsnacht

0017 - Wolfsnacht

Titel: 0017 - Wolfsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kubiak
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Mann fuhr fort: »In diesem Regal habe ich gefunden, was alle sonderbaren Erscheinungen in der Gegend erklären könnte – ein Kirchenbuch aus dem 17. Jahrhundert! Darin wird das Geheimnis der Wölfe von Limone gelöst.«
    »Kann ich mir dieses Buch einmal anschauen?« fragte Zamorra.
    »Nein, nein.« Traurig schüttelte Carlo Gionti den Kopf. »Als ich es vor vier Jahren entdeckte, wußte ich zuerst nicht, was ich damit anfangen sollte. Einige Darstellungen in dem Buch brachten mich dann auf den Gedanken, dieses Buch in den Vatikan zu schicken.«
    »Und? Was hörten Sie von dort?«
    »Zuerst nichts. Dann kam erst ein Brief, in dem stand, daß mein Paket angekommen wäre und daß man das Kirchenbuch genau prü- fen würde. Ich würde in Kürze wieder von ihnen hören. Dann muß- te ich etwa ein halbes Jahr warten. Schließlich erschien ein Geistlicher in der Bibliothek und wies sich als eine Art Gesandter des Vatikans aus. Er sagte, man müsse das Buch dortbehalten, und ich könnte es nicht mehr zurückbekommen. Ketzerische Glaubenssätze stünden darin, und es dürfe nicht in falsche Hände fallen. Dann fragte er mich, ob ich etwa darin gelesen hätte. Ich verneinte. Darauf atmete er sichtbar auf und verabschiedete sich eilig. Das ist soweit alles, Signore.«
    Zamorra machte ein ärgerliches Gesicht.
    »Wie kann man denn jetzt an dieses Buch kommen? Ich bin überzeugt, daß es mir weiterhelfen kann.«
    »Seien Sie ganz beruhigt, Professor. Zeigen kann ich Ihnen das Buch nicht, doch was darin steht, kann ich Ihnen genau berichten. Warten Sie einen Moment.«
    Der Mann drückte sich an Zamorra vorbei, ging zur Tür des Bibliothekssaales und schloß diese ab. Mit einem verschmitzten Lächeln um die Augen kam er wieder zurück.
    »So, jetzt kann uns keiner stören«, meinte er erklärend. »Es ist besser, wenn wir ungestört bleiben. Hören Sie zu: Vor rund dreihundert Jahren lebte in diesem Ort ein Priester. Er hütete die kleine Gemeinde der Gläubigen, soweit es in seinen Kräften stand. Eines Tages, so heißt es in dem Buch, erschien ihm nachts der Leibhaftige. Ihm vermachte er seine Seele und brachte ihm von da an in regelmä- ßigen Abständen Opfer dar. Dabei versammelte er seine Gemeinde mit um den Altar. Nicht lange, und sein verbrecherisches Tun wurde ruchbar, und man jagte ihn mit Schimpf und Schande aus der Stadt. Doch er ging nicht fort. Oben in den Bergen fand er eine Höhle, die damals in der gleichen Zeit in die Felsen gesprengt worden war. Dort nistete er sich ein. Und von dort aus rief er auch die Gläubigen zu sich, um weiter mit ihnen Satansmessen zu feiern. Er hypnotisierte sie regelrecht, denn da er mit dem Teufel im Bunde stand, verfügte er über übersinnliche Kräfte und Fähigkeiten. Er feierte dort mit den Satansgläubigen wilde Orgien, und in den anderen Dörfern bekam man es mit der Angst zu tun. Wölfe wurden gesehen, Vieh verschwand, ja, sogar Menschen blieben wie vom Erdboden verschluckt. Ein besonders Mutiger, der einmal zur Höhle hinaufgeschlichen war, konnte berichten, was sich dort abspielte. Die Leute trafen sich, der ehemalige Priester sprach einige Beschwörungsformeln, ein geheimnisvolles Leuchten erfüllte die Höhle, und alle verwandelten sich in Wölfe. In diesem Zustand feierten sie dann ihre wüsten Orgien. Bei einer solchen Orgie hatte sich der Priester wohl das schönste Mädchen des Dorfes als Partnerin auserkoren. Diese Nacht blieb nicht ohne Folgen. Dann nach einiger Zeit konnten es alle im Dorf sehen: Lucrezia, die hübsche Tochter des reichsten Kaufmannes im Dorf, war schwanger. Nun muß die Wut der Dorfbewohner keine Grenzen mehr gekannt haben. Man wartete noch einige Zeit, ob das Treiben wohl weiterging, und dann schlug man los. Man lauerte den Satansgläubigen auf, trieb sie auf dem Marktplatz zusammen und fesselte sie. Dabei waren auch der ehemalige Priester und das Mädchen. Doch von ihrer Schwangerschaft war nichts mehr zu bemerken. Gut, es stimmte, die Nacht, in der sie mit dem Priester zusammen gewesen, lag nunmehr neun Monate zurück. Doch keiner im Dorf hatte etwas von einer Entbindung erfahren. In der Aufregung kümmerte man sich auch nicht weiter darum. Die Raserei der Menge erreichte ihren Höhepunkt, die Scheiterhaufen, die man aufgeschichtet hatte, wurden in Brand gesteckt. Unter wüstem Geschrei wurden dann die Teufelsanbeter in die Flammen geschleudert. Alle kamen jämmerlich um. Bis auf den ehemaligen Priester. Er blieb lange genug unversehrt, um

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