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0017 - Wolfsnacht

0017 - Wolfsnacht

Titel: 0017 - Wolfsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kubiak
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in sich zusammengesunken hinter seinem Schreibtisch. Er war wie in Trance. Er schien gar nicht zu bemerken, daß er Besuch bekommen hatte. Zamorra mußte sich erst laut und vernehmlich räuspern, ehe er die Aufmerksamkeit des Mannes auf sich lenken konnte.
    Der Capitano zuckte zusammen, als er den Professor erkannte. Er zwang sich zu einem freundlichen Lächeln.
    »Nehmen Sie doch Platz, Professor. Ich habe den Mord schon nach Mailand gemeldet. Die veranlassen sofort, daß aus der Provinzhauptstadt Brescia eine Truppe von Mordspezialisten hergeschickt wird. Haben Sie sonst noch Fragen?«
    Zamorra konnte es nicht genau definieren, aber irgend etwas kam ihm komisch vor. Wie ein glühendes Eisen spürte er sein Amulett auf der Brust.
    »Ich war soeben bei Dr. DeZordo. Er ist immer noch nicht zu Hause. Da er ja eine Pflegebedürftige beherbergt und diese wahrscheinlich ihrem Schicksal überlassen hat, brauche ich Ihre Hilfe, um in das Haus zu gelangen. Schließlich ist es ja möglich, daß dieses Mädchen, das ich ihm in die Praxis gebracht habe, doch schlimmer verletzt ist, als es zuerst den Anschein hatte.«
    Capitano Diani schüttelte heftig den Kopf.
    »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Professor. Der Dottore ist heute morgen schon in aller Frühe mit der Verletzten nach Riva ins Krankenhaus gefahren. Es haben sich wohl irgendwelche Komplikationen ergeben. Und jetzt halten Sie mich bitte nicht länger auf. Ich habe zu tun. Auf Wiedersehen. Und schlagen Sie sich Ihre Ideen von Werwölfen und anderem Unsinn aus dem Kopf. Auch Italien ist ein zivilisiertes Land, in dem für Aberglauben dieser Art kein Platz ist.«
    Zamorra setzte zu einer Erwiderung an, erkannte aber, daß er so nicht weiterkam. Auch erweckte der Polizist vor ihm den Eindruck, als wäre er nicht mehr Herr seiner Entscheidungen. Der verschleierte und weltferne Blick verriet es.
    Zamorra murmelte einen Gruß und verließ den Raum.
    Auf dem Weg zur Tür kam ihm ein junger Polizist entgegen, derselbe, der ihm bei seinem ersten Besuch so haßerfüllt nachgestarrt hatte. Ihm wollte er noch einige Fragen stellen, doch ehe er dazu kam, rempelte der Beamte ihn an.
    »Verdammt, können Sie nicht aufpassen?« entfuhr es dem Professor.
    Er quittierte ein spöttisches Lächeln.
    »Sehen Sie sich vor, Professor. Bald wird Sie der Satan holen. Ihre Stunden sind gezählt.«
    Damit verschwand der Polizist im Bereitschaftszimmer. Als Zamorra ihm folgte, starrten ihm vier Augenpaare, in denen der unverhohlene Haß glomm, entgegen.
    So würde er nie weiterkommen. Jetzt galt es, auf eigene Faust und nach seinen eigenen Methoden zu arbeiten.
    Abrupt wandte er sich um und eilte hinaus auf die Straße.
    Nun konnte ihm nur noch Carlo Gionti helfen, denn er kannte die Geschichte der Stadt und wußte um die Ereignisse vor dreihundert Jahren.
    ***
    Professor Zamorra fand den Bibliothekar in seinem Arbeitszimmer im Rathaus des kleinen Fischerdorfes. Carlo Gionti sprang auf und bot ihm sofort einen Platz an.
    »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Wie wäre es mit einem Glas Rotwein?«
    Zamorra lehnte ab und kam sofort zur Sache.
    »Bei Dr. DeZordo meldet sich niemand. Das Haus scheint leerzustehen. Capitano Diani meint, er wäre heute morgen in aller Herrgottsfrühe nach Riva ins Krankenhaus gefahren und hätte seine Patientin mitgenommen. Was halten Sie davon?«
    »Das halte ich für glatt unmöglich. Erstens hat DeZordo keinen Wagen, und zweitens ist so früh kein Taxi aufzutreiben. Meiner Meinung nach befindet sich unser Dottore noch in der Nähe, oder er hält sich in seinem Haus auf und öffnet nicht. Es gibt allerdings auch noch eine andere Möglichkeit. Sie haben mir von Tonio erzählt und von dem, was er kurz vor seinem endgültigen Tod noch herausbringen konnte. Auch ich habe mir darüber Gedanken gemacht und in den alten Aufzeichnungen nachgeschaut. Über den Arzt konnte ich nichts finden. Und normalerweise wäre dies in den Büchern festgehalten worden. Es scheint tatsächlich so zu sein, daß er schon seit Generationen in unserem Ort wohnt. Aber das ist natürlich unmöglich. Also…«
    Zamorra unterbrach ihn.
    »So unmöglich ist das nicht. Nach allem, was Sie mir berichtet haben, hat es damals vor dreihundert Jahren eine Art Hexenjagd gegeben. Dabei ist völlig unklar geblieben, wo das Kind dieser Teufelsdienerin gefunden worden ist.«
    »Das ist niemals gefunden worden. Daher ja auch die Angst der Leute, die die alte Geschichte kennen und deren Vorfahren

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