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0017 - Wolfsnacht

0017 - Wolfsnacht

Titel: 0017 - Wolfsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kubiak
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schon. Auch er hatte sich eine dunkle Hose und einen ebenso dunklen Pullover angezogen.
    Die Männer schüttelten sich die Hände und verständigten sich durch einen kurzen Blick. Viele Worte waren nicht nötig. Beide wußten, um was es ging.
    Die Höhle mußte gefunden werden, um endlich dem Spuk ein Ende zu bereiten. Langsam gingen sie durch die engen Straßen und dem alten Ortsteil. Als sie um eine Ecke bogen, hielt Zamorra seinen Begleiter am Arm zurück.
    »Sehen Sie«, flüsterte er.
    Etwa zwanzig Meter vor ihnen trat eine Gestalt aus einem Hauseingang. Ohne sich umzuschauen, entfernte sie sich mit langen Schritten. Doch die Füße berührten das Pflaster nicht. Die Gestalt schwebte wenige Zentimeter über dem Boden. Lautlos schritt sie aus.
    Immer mehr Gestalten traten aus den Hauseingängen und setzten sich in die gleiche Richtung in Bewegung wie die erste Gestalt.
    Es war eine gespenstische Schar. Lautlos eilten sie durch die Gassen des kleinen Dorfes und verloren sich im Dunkel hinter dem Ort.
    »Das sind sie«, flüsterte Zamorra wieder. »Sehen Sie, Sie folgen einem Ruf, den wir nicht wahrnehmen können. Diese Nacht soll die Nacht der Rache sein. Wenn wir ihnen vorsichtig folgen, führen sie uns mit Sicherheit zu der Höhle. Denn dort werden sie alle zusammentreffen.«
    Er zog Carlo Gionti in den Schatten und folgte der Gruppe.
    Außerhalb der Stadt ging es zuerst ein gutes Stück über die Gardesana, die Straße, die am Westufer des Sees entlangführt. Dann bogen die Gestalten von der Straße ab und verschwanden zwischen den Büschen.
    Zamorra und Gionti folgten ihnen. Daß man sie bemerkte, hatten sie nicht zu befürchten, denn von den unheimlichen Wanderern drehte sich keiner nach ihnen um. Sie schienen nur den geheimnisvollen Ruf zu hören und ihm zu folgen.
    Die Gruppe bewegte sich über einen schmalen Pfad, der in der Dunkelheit kaum auszumachen war. Gionti und der Professor gingen so leise wie möglich. Und als Zamorra auf einen Ast trat und dieser unter lautem Krachen zerbrach, drehte sich immer noch keiner von den Leuten um. Sie schienen dieser Welt entrückt zu sein.
    Der Pfad wurde immer steiler. Nach einiger Zeit bemerkte Zamorra weit vor sich ein irisierendes Leuchten zwischen den Bäumen. Er machte seinen Begleiter darauf aufmerksam.
    »Das müßte diese Höhle sein. Mal sehen, wo der Eingang ist.«
    Nach und nach verschwanden die Gefolgsleute des Satans in einer Lücke im Brombeergesträuch, das die Höhle überwucherte. Zamorra schlich näher heran und entdeckte auch die beiden Fensteröffnungen. Gemeinsam mit Gionti suchte er eine Stelle, an der er in die Höhle hineinschauen konnte.
    Was er sah, ließ fast sein Herz stillstehen.
    Auf einem riesigen Stein lagen zwei weibliche Gestalten.
    Sie waren beide gefesselt. Und sie waren nackt.
    Hinter dem Stein stand ein Mann in einem langen blutroten Umhang. Er hatte die Arme hochgereckt und schien Beschwörungsformeln aufzusagen. Seine Lippen bewegten sich, doch Zamorra konnte nichts verstehen.
    Jetzt erschienen die Gestalten unten aus dem Dorf auf der Bildfläche. Sie verteilten sich um den Altar, und Zamorra konnte nun auch erkennen, wer es war. Einige Leute hatte er schon im Ort gesehen.
    Auch der Capitano war darunter – und der Kellner, der ihm die Botschaft von seiner Assistentin ausgerichtet hatte.
    Ein eisiger Schreck durchzuckte den Professor. Er betrachtete noch einmal die Frauen auf dem Altarstein genau. Und tatsächlich – die eine war Nicole und die andere war die Italienerin, Franca Capolli.
    Langsam wurde Zamorra einiges klar. Dann mußte der Arzt auch unter den Anwesenden sein. Doch er konnte ihn nirgends entdecken.
    Die Menschen, die sich um den Altar versammelt hatten, begannen mit einem eintönigen Singsang. Dabei bewegten sie sich rhythmisch hin und her. Nicht lange, und die verhaltenen Bewegungen gingen in einen wilden Tanz über. Die ersten rissen sich ihre Kleider vom Leib. Bald waren alle nackt.
    In immer wilderen Zuckungen sprangen sie auf und nieder. Währenddessen blieb der Mann in der Robe unbeweglich hinter dem Stein stehen. Ein Funkeln lag in seinen Augen. Und wohlgefällig überflog sein Blick die Schar seiner Getreuen. Ja, so mußte es gelingen. So mußte der Satan hier erscheinen!
    Mit einer herrischen Bewegung gebot er den Tanzenden Einhalt.
    Augenblicklich blieben sie bewegungslos stehen.
    Eine weitere Bewegung, und sie sanken in die Knie.
    »So höret denn, meine Getreuen«, dröhnte die Stimme des Stehenden

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