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002 - Der Hexenmeister

002 - Der Hexenmeister

Titel: 002 - Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.R. Bruss
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Paris, um alles Notwendige zu veranlassen. Er wird sich bei mir melden. Soll ich ihn bitten, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen? Vielleicht ergibt sich doch etwas wegen der Erbschaft.«
    »Ich würde den Notar auf alle Fälle gern sprechen«, erwiderte Lionnel. »Hier ist meine Adresse. Ich werde heute Abend zu Hause bleiben.«
    Ich war am Abend bei Lionnel, als in seiner Wohnung der Notar, ein Herr Dolon, erschien. Er war klein und kahlköpfig. Seine präzise Rede unterstrich er nur mit wenigen knappen Gesten.
    Nach einigen einleitenden Worten fragte er Lionnel, ob er über seine Vorfahren genau Bescheid wisse.
    »Über die direkte Linie, ja. Ich weiß, dass meine Familie aus Italien stammt und Florenz Anfang des 15. Jahrhunderts verlassen hat, um sich in Paris niederzulassen. Aber was aus den anderen Zweigen der Familie geworden ist, weiß ich nicht.«
    »Bedauerlicherweise ist mir auch nicht viel über die Dossedas aus Angouleme bekannt«, sagte der Notar. »Ich glaube aber, dass der Vater der Toten einmal erwähnte, dass die Familie aus Italien stammt. Es waren sehr kultivierte Leute, das Ehepaar Dosseda und ihre Tochter. Sie lebten ganz zurückgezogen in einer weitläufigen Villa mit großem Garten. Auf dem Rückflug von Indien sind die Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Das ist jetzt ein paar Monate her. Diesen furchtbaren Verlust hat das junge Mädchen sicher nicht verwinden können.«
    Das war alles, was wir von ihm erfuhren. Nach einer Weile verabschiedete er sich mit dem Versprechen, uns zu benachrichtigen, falls er weitere Informationen über die Dossedas und die Tote erhalten sollte.
    Ich übernachtete bei Lionnel, denn ich hatte nicht den Mut, allein in meine Wohnung zurückzukehren, wo die unheimliche Figur auf dem Tisch stand.
     

     
    Der Rest der Woche verlief ohne Zwischenfall. Ich wohnte weiter bei Lionnel. Ehrlich gesagt, meine eigene Wohnung flößte mir Furcht ein. Ich fuhr nur kurz hin, um mir frische Kleidung zu holen.
    Am Mittwoch hatten wir uns alle vier die Zeit genommen, am Begräbnis von Laura Dosseda teilzunehmen. Außer dem Pfarrer und dem Notar waren wir die einzigen, die den Sarg begleiteten.
    Am Samstag trafen wir uns abends wieder bei mir. Patrick hatte darauf bestanden.
    »Wir müssen doch wissen, ob sich so was noch mal ereignet«, sagte er.
    Als wir die Wohnung betraten, galt unser erster Blick der Figur auf dem Tisch. Sie hatte sich nicht verändert.
    Aus den mitgebrachten Lebensmitteln bereiteten wir uns ein Abendessen. Wir waren recht gut gelaunt, aber wir sprachen kaum von unserem neuen Motorboot. Unser Leben hatte sich schon so verändert, dass uns die Freuden von früher nicht mehr soviel bedeuteten.
    Jedes Mal wenn einer von uns in die Küche ging, um etwas zu holen, fragten wir uns, ob er wohl wiederkommen würde. Das Essen verlief jedoch ohne Zwischenfall. Als ich dann aufstand und erklärte, dass ich Kaffee kochen wollte, fragte Hervé, ob er mich begleiten solle.
    »Nein, danke«, erwiderte ich. »Falls man allein sein muss, damit etwas geschieht, ist es mir ganz recht, wenn es wieder mit mir anfängt.«
    Doch es geschah nichts. Jedenfalls nicht, als ich in die Küche ging. Als ich aber mit dem Kaffee ins Zimmer zurückkam, fand ich Lionnel dort allein vor. Er war sehr bestürzt. Ich fragte ihn, wo unsere beiden Freunde wären, aber er war so verwirrt, dass er mir im ersten Augenblick gar nicht antworten konnte.
    »Eben ist es passiert«, stieß er dann hervor. »Ich habe auf der Couch gesessen und mich gebückt, um mir den Schnürsenkel zu binden, und als ich mich wieder aufrichtete, waren sie weg. Sie waren einfach verschwunden.«
    »Verschwunden?« wiederholte ich. »Vor deinen Augen?«
    »Nicht vor meinen Augen, denn ich habe sie ja in dem Moment nicht angesehen.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
    »Wir wollen uns nicht unnötig aufregen«, meinte Lionnel. »Du und Hervé, ihr seid ja auch verschwunden und dann wieder aufgetaucht. Eigentlich hat sich nur das wiederholt, was letzte Woche schon geschehen ist. Wahrscheinlich muss man eben nicht unbedingt in der Küche sein, damit es passiert.«
    Er hatte recht mit dem, was er sagte. Trotzdem zitterte meine Hand, als ich den Kaffee eingoss. Ich wagte nicht, nach meiner Tasse zu greifen, weil ich fürchtete, den Kaffee zu verschütten. Lionnel schien sich schneller von dem Schrecken erholt zu haben als ich. Er ging mit großen Schritten im Zimmer auf und ab, während ich meinen Kaffee

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