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002 - Der Hexenmeister

002 - Der Hexenmeister

Titel: 002 - Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.R. Bruss
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gegründet habe. Meine Schüler haben mir den Namen der Meister gegeben, doch ich ziehe es vor, dass Ihr einfach Michel zu mir sagt. Ich bin Michel Dosseda, der Vater Eures Freundes Lionnel.«
    Das hätte ich mir eigentlich denken können, denn Lionnel hatte es doch, als wir in meiner Wohnung im 20. Jahrhundert zusammensassen, gesagt. Aber merkwürdigerweise hatte ich es vergessen. Michels Eröffnung verwunderte mich nicht, denn die beiden Männer sahen sich auch sehr ähnlich.
    Michel Dosseda reichte mir eine Liste, auf der ein gutes Dutzend Namen standen.
    »Das ist eine Aufstellung unserer Mitglieder«, sagte er.
    Ich überflog sie. Die Männer, deren Namen ich las, kannte ich alle, zumindest vom Hörensagen. Es waren sehr verdienstvolle Persönlichkeiten, und gut die Hälfte lehrte an der Universität von Paris. Mit mehreren war ich befreundet.
    »Es freut mich sehr«, sagte ich, »dass sich auch Jacques Vel unter ihnen befindet. Ich verehre ihn außerordentlich. Auch Paul Sirel schätze ich sehr, obwohl ich ihn nicht näher kenne. Das gleiche trifft für Jean de la Brune und Hyacinthe Perrot zu, während Léonce Dagob, Pierre Tresmissec, Patrick Buez und Hervé Migal sehr gute Freunde von mir sind, vor allem die beiden letzteren.«
    »Hervé Migal ist erst seit einer Woche einer der Unseren und Patrick Buez seit einem Monat. Ihr werdet Euch also bei uns nicht fremd Vorkommen. Kennt Ihr auch Pater Hieronymus?«
    »Ja, aber …«
    »Aber Ihr glaubt, er ist vielleicht nicht verschwiegen genug? Da habt Ihr recht. Doch er schwatzt nur gern, wenn es um Unwichtiges geht. Bei Wichtigem weiß er schon den Mund zu halten. Er ist ein sehr vielseitig begabter Mann. Aber kommen wir nun zum Wesentlichen. Ihr seid doch wohl auch der Ansicht, dass heute, im Frühling des Jahres 1408, auf der Welt durchaus nicht alles so ist, wie es sein sollte. Unser Land ist in einem elenden Zustand, und es wäre doch äußerst wünschenswert, wenn man hier eine Änderung schaffen könnte, nicht wahr?«
    Ich war völlig seiner Ansicht. Dieser Meinung hatte ich auch schon öffentlich Ausdruck verliehen und war amtlicherseits energisch ermahnt worden.
    Deshalb stimmte ich Michels Worten lebhaft zu. Für den geisteskranken König Karl VI., der für sein Leiden ja nichts konnte, hatte ich noch eine gewisse Sympathie bewahrt, aber ich verachtete die unwürdigen Stellvertreter, die an seiner statt das Land so schlecht regierten.
    »Ich weiß, wie Ihr denkt«, sagte Michel Dosseda. »Deshalb seid Ihr jetzt auch hier. Ihr wollt wie wir mehr Gerechtigkeit und Ordnung auf der Welt schaffen, wollt gegen Armut, Ungerechtigkeit und Verbrechen kämpfen. Das soll unser gemeinsames Ziel sein.«
    »Es ist ein gutes Ziel«, stimmte ich zu. »Ich bin ganz zu Eurer Verfügung. Aber wie wollt Ihr dieses Ziel erreichen?«
    Der alte Mann sah mich einen Augenblick schweigend an. Sein Blick war voller Güte und Freundschaft.
    »Glaubt Ihr an Zauberei?« fragte er.
    »Die ganze Welt glaubt daran«, erwiderte ich. »Warum sollte ich eine Ausnahme machen? So viele Erkenntnisse sind der Wissenschaft noch verschlossen. Es gibt unendlich viele undurchdringliche Geheimnisse im Leben. Ich glaube allerdings nicht an die übernatürlichen Kräfte von Zauberern und Magiern.«
    Ich war jetzt etwas besorgt. Hatte ich mich vielleicht voreilig irgendeiner verrückten Sekte angeschlossen? Doch die anderen, die ihr bereits angehörten, waren keine leichtfertigen Narren. Sie waren kluge, besonnene Männer.
    Michel Dosseda lächelte.
    »Ihr habt recht«, erwiderte er. »Die meisten, die heute als Zauberer oder Hexenmeister gelten, sind weiter nichts als Scharlatane und Betrüger, die Leichtgläubige an der Nase herumführen. Ich glaube, das gilt auch für die meisten, die sich mit Sterndeutung befassen oder Gold herstellen wollen. Dennoch gibt es vieles auf der Welt, was mit dem Verstand allein nicht zu erfassen ist. Viele Kräfte sind noch rätselhaft und unerklärlich – und doch vermögen sie sehr viel zu tun, wenn man sich ihrer richtig bedient.«
    »Ihr glaubt wirklich, man kann sich dieser unbekannten Kräfte bedienen und sie durch den eigenen Willen lenken?«
    »Ich würde es nicht behaupten, wenn ich es nicht beweisen könnte. Ich habe Experimente ausgeführt und dabei beste Erfolge erzielt. Nur deshalb habe ich diese Gemeinschaft gegründet. Ich will mich der unsichtbaren Kräfte bedienen, um mit ihrer Hilfe das Los der Menschheit zu verbessern.«
    Vermutlich hatte er an

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