0024 - Bestien aus dem Schattenreich
noch nicht erkennen.
Seine Zähne gruben sich in die Unterlippe.
Das schauerliche Geheul war jetzt ganz nah, dröhnte in seinen Ohren. Die grauen, unsteten Schatten schienen mit den Felsen zu verschmelzen. Der Professor kniff die Augen zusammen, konzentrierte sich und allmählich konnte er die Tiere genauer ausmachen.
Fast ein Dutzend struppiger Gestalten!
Einige bewegten sich, schnürten nervös umher. Andere hatten sich niedergekauert und heulten mit hochgereckten Köpfen den Mond an. Gelbe Raubtierlichter schillerten, die scharfe Ausdünstung der Bestien wehte herüber, und ab und zu mischte sich ein dumpfes, angriffslustiges Grollen in den unheimlichen Chor.
Zamorra ging weiter.
Er hielt das Schwert jetzt mit beiden Händen. Eine blitzschnelle Bewegung würde genügen, um die Klinge aus der Umhüllung zu ziehen. Zweige knackten unter seinen Tritten, Steinchen knirschten und ein paar Yards vor ihm wandten die grauen Bestien die Köpfe.
Schlagartig verstummte das klagende Heulen.
Für Sekunden war die Stille betäubend, schwer wie ein körperliches Gewicht. Und dann, nach einer Zeit, die sich zur Ewigkeit zu dehnen schien, klang das erste leise, drohende Knurren herüber.
Zamorra ging immer noch weiter.
Furchtlos und aufrecht schritt er auf die fauchenden Bestien zu.
Fangzähne wurden gebleckt, eisenharte Muskeln spielten unter grauem, zottigem Fell. Tief duckte sich das Leittier zum Sprung und während seine Artgenossen ein wildes, heiseres Konzert anstimmten, flog der riesenhafte graue Leib dem Feind wie ein Pfeil entgegen.
Zamorra riss das Schwert heraus.
Das Schwert des Feuers…
Achtlos ließ er die Decke fallen. Die breite Klinge funkelte, schien Blitze zu schleudern, gleißte wie flüssiges Gold. Ein seltsames Licht ging von ihr aus, blendend und unwirklich – und ein wimmernder, fast menschlicher Laut kam aus dem Rachen des Wolfes.
Der zottige Leib zog sich wie eine Feder zusammen.
In letzter Sekunde versuchte die Bestie, ihrem Sprung eine andere Richtung zu geben, doch es gab kein Ausweichen mehr.
Die Klinge fuhr durch die Luft.
Mit voller Wucht traf sie das Tier, spaltete ihm den Schädel fast bis zur Kehle. Der Wolf wurde zu Boden geschleudert. Noch einmal heulte er auf, durchlief ein Zucken seine mächtigen Glieder und dann setzte im Bruchteil einer Sekunde die Verwandlung ein.
Der graue Leib verblasste.
Er löste sich auf.
Schneller, als man es mit den Augen verfolgen konnte, schrumpfte er zusammen und zerfiel zu Staub, der sich mit der trockenen Erde mischte.
Durch die Reihen der anderen Bestien lief es wie ein Fieberschauer.
Tief duckten sie sich gegen den Boden, doch das war keine Angriffshaltung mehr. Winselnd krochen sie rückwärts, in sichtlichem Entsetzen. Und Zamorra packte das Schwert fester und ging ihnen nach.
Zwei der Tiere durchbohrte er, bevor sich die anderen zu blinder Flucht herumwarfen. Aber sie flohen nur in eine Richtung, auf den Hang zu – ein magischer Zwang schien sie davon abzuhalten, nach allen Seiten auseinanderzustieben. Die Felsen hielten sie auf, wie eine graue Woge brandete die Meute zurück – und Zamorra war mitten unter ihnen.
Er kannte keine Gnade.
Alles in ihm war eiskalt, als er wieder und wieder die Klinge herabsausen ließ. Das Schwert vibrierte, schien zu singen. Wie von selbst fand es sein Ziel, als habe es seinen eigenen Willen, und für die mordgierigen Bestien gab es kein Entrinnen.
Die letzten beiden Wölfe zogen sich in verzweifeltem Entsetzen in die Höhle zurück.
Erst jetzt bemerkte Zamorra das Loch im Felsen. Schweiß stand auf seiner Stirn, sein Atem ging keuchend. Hart presste er die Zähne zusammen und schob die Ranken beiseite, um den Bestien zu folgen.
Er stellte sie in einem blinden Gang, aus dem es keinen Ausweg gab.
Eins der Tiere tötete er, als es einen verzweifelten Ausbruchsversuch machte. Die breite Klinge drang ihm in den Nacken, mit einem klagenden Laut erschlaffte der Körper und zerfiel zu Staub. Zamorra hatte sich halb drehen müssen und als er zurückschwang, wurde er abermals Zeuge einer unheimlichen Verwandlung.
Die letzte der Bestien kauerte auf den Hinterläufen.
Sie schien zu wachsen.
Ihre Gestalt änderte sich, nahm menschliche Züge an. Das struppige Fell blieb erhalten, doch aus den Klauen bildeten sich Hände, aus dem schmalen Schädel wurde ein verzerrtes Gesicht. Nur eine einzige Sekunde verging – und der Wolf hatte sich in ein unheimliches Wesen verwandelt, halb Mensch, halb Tier, das
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