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0024 - Bestien aus dem Schattenreich

0024 - Bestien aus dem Schattenreich

Titel: 0024 - Bestien aus dem Schattenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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konzentrierte er sich ganz auf diesen Versuch, ein einziges Mal im Leben einen Zipfel vom großen Geld zu erhaschen – und er reagierte viel zu spät, als der knochige Gangster plötzlich ausholte.
    Der Pistolenlauf landete an der Schläfe des Verkäufers, das Opfer sackte über der Theke zusammen. Die superblonde Kundin wollte aufkreischen, aber sie kam nicht mehr dazu. Die Tatsache, dass sie eine Perücke trug, bewahrte sie vor einer schweren Gehirnerschütterung – aber der Schlag auf ihren Hinterkopf reichte aus, um sie sang- und klanglos umkippen zu lassen.
    Als der Verkäufer ein paar Minuten später wieder zu sich kam, waren die beiden Gangster wie ein Spuk verschwunden.
    ***
    Der Wagen holperte über einen der unbefestigten Wege in den Wäldern um Bievres. Noch war der Himmel hell, aber zwischen den Bäumen ballte sich die Dunkelheit schon dicht und undurchdringlich wie schwarze Watte. Jean Calmat hatte die Scheinwerfer eingeschaltet. Er nuckelte an einer Zigarette und produzierte Rauchringe, die vor der Windschutzscheibe zu grotesken Gebilden zerfaserten.
    Neben ihm hatte sich der kleine schmale Ricci Tours nervös vorgebeugt.
    »Merde!«, fauchte er. »Wie lange willst du eigentlich noch durch die Gegend kutschieren, verdammt?«
    »Immer mit der Ruhe«, sagte der knochige Gangster gelassen. Sein eckiges Gesicht unter dem schwarzen Stoppelhaar glich einer Maske. »Wir waren uns einig darüber, dass wir die Sore verstecken, bis sie nicht mehr so heiß ist, mon ami. Und unter den Eiffel-Turm können wir das Zeug schlecht legen.«
    Ricci Tours biss sich auf die Lippen. Seine unsteten grauen Augen folgten dem Weg, der in lang gezogenen Kurven anstieg. Er wurde immer schmaler, Zweige und Dornen kratzten über den Lack des Wagens, und die Räder wühlten sich tief in den lockeren Boden hinein.
    Calmat stoppte am Fuß eines steil ansteigenden Hangs. Der Motor erstarb mit einem satten Blubbern, die Scheinwerfer erloschen. Die beiden Männer stiegen aus – und in der gleichen Sekunde hörten sie das hohe, klagende Heulen.
    Ricci Tours fuhr zusammen. »Was war das?«, stieß er hervor.
    Sein Komplize hob gleichmütig die Schultern. »Woher soll ich das wissen? Irgendein Tier vermutlich.«
    »Aber es hörte sich an wie… wie …«
    »Na, wie schon! Ein Köter hat geheult, das ist alles. Mon dieu, nächstens wirst du noch vor einer Maus davonlaufen.«
    Der kleine Gangster presste die Lippen zusammen. Sein schmales Gesicht mit dem spitzen Kinn wirkte verzerrt. Ricci Tours war ein Stadtmensch. Die Idee, den geraubten Schmuck in einer Höhle zu verstecken, hatte ihm von Anfang an nicht gefallen.
    Schweigend sah er zu, wie Jean Calmat die Tasche vom Sitz zerrte.
    Der große, knochige Mann schritt schnell aus, bahnte sich einen Weg durch Dornengestrüpp und dichtes Unterholz. Tours folgte ihm widerwillig. Nie wieder ein Coup mit diesem Verrückten, schwor er sich – und konnte nicht ahnen, dass er nicht mehr lange genug leben würde, um überhaupt noch irgendein Ding zu landen.
    Jean Calmat folgte einem kaum sichtbaren Trampelpfad. Nach ein paar Metern stiegen schräge Felsplatten stufenförmig aufwärts. Sie endeten auf einem kleinen Plateau vor einem mächtigen Felsblock, den herabhängende Ranken fast vollkommen verdeckten.
    »Schnapsidee«, schimpfte Ricci Tours. »Hier kannst du das Zeug doch nicht liegen lassen, hier…«
    »Wir buddeln es ein. Was glaubst du, warum ich den Spaten mitgebracht habe? Und nun halt die Luft an, compris?«
    Tours sagte nichts mehr.
    Vor ihm griff Jean Calmat nach der Taschenlampe in seinem Gürtel. Mit der Linken schob er ein paar von den Ranken beiseite, ließ die Lampe aufleuchten – und der hohe, schmale Eingang einer Höhle wurde sichtbar.
    Tours pfiff leise durch die Zähne. Das Loch war erstklassig getarnt, das musste selbst er zugeben. Hinter seinem Komplizen schlüpfte er in die Dunkelheit der Grotte und sah sich um, während Calmat den Lichtkegel wandern ließ.
    Ein schmaler Gang führte im Hintergrund der Höhle tiefer ins Erdinnere. Jean Calmat ging noch einmal zum Ausgang zurück, zerrte die Tasche mit dem Schmuck herein und reichte seinem Komplizen die Lampe.
    »Geh voran«, sagte er knapp, während er selbst die Tasche hochnahm.
    Ricci Tours fühlte sich unbehaglich, als er in den engen Gang eindrang. Er bewegte sich langsam, weil herabgefallene Felsentrümmer auf dem Boden lagen. Ab und zu schielte er misstrauisch zur Decke.
    Gerade wollte er seinen Komplizen fragen, ob

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