0029 - Das Ungeheuer aus dem Eis
merkte nicht, daß er im Kreis lief.
Als er es aber dann kapierte, brach er heulend auf die Knie.
»Gnade! Gnade!« winselte er schlotternd, während ihm die Tränen über die eingefallenen Wangen rollten.
Banrass packte ihn von hinten.
Sie würgte ihn. Er röchelte und rang nach Luft. Die Hexe kicherte markerschütternd.
»Komm!« kreischte sie dem silbernen Dämon zu. »Komm her! Jetzt machen wir ihn fertig! Nimm ihm sein Leben! Ramme ihm dein Horn in die Brust. Aber tu es nicht zu schnell! Er soll langsam sterben, denn ich liebe ihn. Ich will, daß er Höllenqualen erleidet! Komm, und mache mir die Freude.«
Der silberne Dämon schnaubte heran.
Banrass krallte ihre Finger in Emersons Haar. Er konnte sich nicht bewegen.
Mit entsetzensstarrem Blick sah er das Horn auf seine Brust zukommen.
In derselben Sekunde passierte es.
Und der silberne Dämon machte der Hexe die verlangte Freude.
Kein Mensch war jemals so qualvoll zugrunde gegangen wie Floyd Emerson.
***
Nicole Duval zählte inzwischen die Minuten. Sie verrannen wie zähflüssiger Sirup.
Pall Kolgrim ging es besorgniserregend schlecht. Er stöhnte und röchelte furchtbar unter seinem dicken Verband, der sich mit seinem Blut vollgesogen hatte.
Die Wirkung des Morphiums ließ allmählich nach. Und Nicole hatte nur noch Morphium für eine Injektion.
Hinterher würde der arme Mann die Schmerzen voll zu spüren kriegen. Er würde bei vollem Bewußtsein mitbekommen, wie es um ihn stand.
Nicole fürchtete diesen Moment bereits jetzt.
Ein heiseres Knurren ließ sie erschrocken aufhorchen.
Was war das gewesen?
Sie wischte sich zitternd über die Augen. Das Knurren wiederholte sich.
Blitzschnell griff Nicole nach dem Gewehr, das neben ihr lehnte.
Sie schlich an die Höhlenöffnung heran und erstarrte.
Ein Eisbär!
Das Tier war von ungewöhnlicher Stärke. Es kam auf Schußnähe heran, hob den mächtigen Schädel und witterte.
Nicole Duval brachte ihre Flinte mit vibrierenden Nerven in Anschlag.
Sie zielte auf das Blatt des Bären. In diesem Moment entdeckte sie der gefährliche Riese.
Er kam sofort auf sie zu. Seine weichen Tatzen waren auf dem Schnee nicht zu hören. Mit kraftvollen, plump wirkenden Bewegungen kam er näher.
Nicole brach der kalte Angstschweiß aus.
Sie versuchte sich zu beruhigen, denn sie brauchte eine absolut ruhige Hand, wenn sie einen guten Treffer anbringen wollte.
Da der Bär lief, mußte sie auf den Stich zielen. Mit bis zum Zerreißen angespannten Nerven drückte sie ab.
Die Kugel riß den weißen Mörder hoch.
Er quittierte den Treffer mit einem dumpfen Grölen und schlug dabei wie wahnsinnig mit den Vorderpranken um sich, als hätte er einen Feind in unmittelbarer Nähe. Dann erhob er sich plötzlich wild und fuhr mit tief gesenktem Kopf auf den Höhleneingang zu.
Nicole feuerte in höchster Bedrängnis noch einmal.
Das Tier schnellte zur Seite und verschwand aus ihrem Gesichtsfeld.
Schnaubend und knurrend suchte der verwundete Bär das Weite.
Nicole Duval lehnte sich total erledigt an die Eiswand. Das Gewehr entfiel ihren entkräfteten Händen. Sie sank langsam auf den Boden der Höhle und dankte Gott dafür, daß er sie vor Schlimmerem bewahrt hatte.
***
Sie schwärmten weit aus.
»Floyd!« brüllten sie. »Floyd Emerson!«
Sie hatten die Schlittenhunde mit, die Emersons Spur finden sollten.
Bill Fleming erkannte auch bald, daß die Hunde etwas entdeckt hatten. Aber von diesem Moment an gingen sie keinen Zoll mehr vorwärts. Sie sträubten zitternd und ängstlich ihr Fell, fingen an zu wehklagen und klemmten die Ruten zwischen die Beine.
»Nun seht euch diese dämlichen Viecher an!« schrie Harold Loomis ärgerlich. »Kann mir einer sagen, was die auf einmal haben?«
»Die müssen die Spur eines Wolfs gewittert haben«, meinte Pete Blatty. Er kam aus Chicago, arbeitete da für eine bekannte Illustrierte und versprach sich von dieser Expedition einige Sensationen.
Er war überdurchschnittlich groß, hatte ein schlaues Fuchsgesicht und rötliche Brauen über grauen Augen.
»Hinter einem Wolf bringst du sie nicht weiter!« sagte John Evans.
Steinunn Snorre und Bill Fleming warfen sich vielsagende Blicke zu.
Sie brauchten kein Wort miteinander zu wechseln. Es wußte auch so einer vom anderen, was er dachte.
Die Hunde hatten nicht die Spur eines Wolfs gewittert.
Ihre guten Nasen hatten die Spur von Banrass entdeckt.
Grund genug für die kräftigen Tiere, entsetzliche Angst zu haben.
***
Die
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