003 - Der Puppenmacher
eineinhalb Stunden vor dem Starklub eine Verabredung mit einer jungen Dame haben. Coco ist zweiundzwanzig Jahre alt, ein Meter einundsiebzig groß, hat schwarzes Haar und dunkelgrüne Augen. Wahrscheinlich trägt sie einen schwarzen Ledermantel mit weißem Kragen.«
»Wird sie Phillip wirklich helfen können?« fragte Hayward besorgt.
»Sie kann die Dämonen zumindest in Schach halten. Morgen werden wir dann mehr wissen.«
»Ich danke Ihnen«, antwortete Hayward und schüttelte Dorian und Chapman zum Abschied die Hände. »Betrachten Sie es nicht als Unhöflichkeit, wenn ich Sie nicht hinausbegleite, aber …«
»Wir finden den Weg schon allein«, versicherte Chapman.
Sie begegneten keiner Menschenseele. Das Haus schien verlassen.
Vor dem Salon war der Vorhang zugezogen; kein Geräusch drang zu ihnen heraus. Als sie ins Freie traten, seufzte Chapman.
»Eine seltsame Geschichte«, meinte er und sah Dorian von der Seite her an. »Aber es gibt wohl keinen Zweifel daran, daß Sie dem Alten glauben.«
»Ganz im Gegenteil«, sagte Dorian. »Ich genieße ihn mit äußerster Vorsicht und bin überzeugt, daß jedes zweite Wort von ihm gelogen war und daß er uns darüber hinaus eine Menge verschweigt. Aber eines ist sicher: Phillip schwebt in Gefahr.«
»Mag sein. Aber die Gefahr droht ihm sicher nicht von Dämonen«, behauptete Chapman.
»Und wenn ich Sie vom Gegenteil überzeuge?«
»Lassen Sie sich nur nicht aufhalten!« Chapman lachte. »Ich werde Sie selbstverständlich unterstützen, da ich Sie in diese Geschichte hineingezogen habe. Ist es Ihnen recht, wenn ich einen meiner Leute ausschicke, damit er Erkundigungen über diesen Black-Sabbath-Klub einholt?«
Dorian deutete plötzlich nach vorn und rief: »Da! Sehen Sie, Don!
Dort im Gras bewegt sich etwas!«
Chapman sah die Bewegung ebenfalls und sagte ungerührt:
»Wahrscheinlich nur eine Ratte.«
Aber Dorian hörte nicht auf ihn. Er hatte sich bereits in Bewegung gesetzt und verfolgte das Etwas, das verhältnismäßig langsam durchs Gras lief. Wegen der herrschenden Dunkelheit konnte er jedoch keine Einzelheiten erkennen. Plötzlich verschwand das Ding unter einem Busch. Dorian teilte die Äste, und noch ehe er eine Abwehrbewegung machen konnte, sprang ihn ein etwa fußgroßer Schemen an und biß ihn durch die Hose ins Bein. Er taumelte mit einem Schmerzensschrei zurück. Als er sich wieder gefaßt hatte, war das Ding verschwunden.
»Es hat mich gebissen«, sagte Dorian, nachdem Chapman herangekommen war. Er krempelte sich die Hose hoch und deutete auf die Wunde an seinem Schienbein.
Chapman lachte. »Ratten beißen eben, wenn man sie in die Enge treibt.«
Dorian schüttelte den Kopf. »Das war keine Ratte. Ich konnte es nicht genau erkennen, aber es war fleischfarben – und schimmerte silbrig.«
Der Alte im Dufflecoat mit dem weißen, fliehenden Haar war Coco unheimlich. Sie hatte zwar einen Großteil ihrer magischen Fähigkeiten eingebüßt, nachdem sie aus dem Schwarzen Kreis ausgestoßen worden war, aber sie besaß nach wie vor die Gabe, das Dämonische intuitiv zu spüren. Deshalb nahm sie deutlich wahr, daß von Lord Hayward etwas Dämonisches ausging. Coco konnte es nicht klar fassen, aber sie war überzeugt, daß Haywards Schicksal unlösbar mit den Mächten der Finsternis verstrickt war. Dennoch folgte sie ihm durch das kleine Tor in der Steinmauer, das er aufgeschlossen hatte.
»Ich habe Sie gleich erkannt«, sagte Hayward, während er das Tor hinter ihnen wieder absperrte. Er nahm sie am Arm und führte sie entlang der Mauer durch Sträucher zu dem etwa dreihundert Yard entfernten Haus, in dem auf der ihr zugewandten Seite nur ein Fenster im zweiten Stock erhellt war. »Ihr Freund hat Sie mir ausgezeichnet beschrieben.«
»Warum machen Sie solche Umstände, um mich in Ihr Haus zu bringen?« erkundigte sich Coco unbehaglich.
»Es darf Sie niemand sehen«, antwortete Hayward. »Mr. Hunter weiß über alles Bescheid. Er wird Sie aufklären.«
Sie erreichten den Hintereingang der zweistöckigen Villa, die sich drohend vor ihnen erhob. Einst mochte sie ein imposanter Herrschaftssitz gewesen sein, aber jetzt wirkte sie verwahrlost. Nachdem Coco und der Lord durch die Hintertür in einen schmalen Gang getreten waren, gebot Hayward ihr zu schweigen. Er schlich bis zum Ende des Ganges, blickte durch das Guckloch in einer Pendeltür und winkte ihr dann zu. »Niemand da«, sagte er aufatmend.
Sie kamen in eine dunkle Vorhalle. Es war geradezu
Weitere Kostenlose Bücher