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0035 - Im Land der Götter

0035 - Im Land der Götter

Titel: 0035 - Im Land der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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zum erstenmal vergönnt, einen Gott zu sehen. Nun, da ihr so gütig zu mir seid, hätte ich gerne gewußt, wie es dort droben im Land der Götter aussieht."
    Marshall war verblüfft über die Geschwindigkeit, mit der der Alte von ehrfürchtigem, atemlosem Schreck zu unverhohlener Neugierde überwechselte. Er schien geistig ungeheuer beweglich zu sein, oder er glaubte sowieso nicht ...
    „Weißt du, Vethussar", antwortete Marshall im Plauderton, „eigentlich sieht es dort nicht viel anders aus als hier. Das Gras ist grün, das Laub der Bäume auch, und das Wasser des Meeres blau, solange die Sonne scheint. Aber es gibt dort Fahrzeuge, die schneller sind als dein Wagen, auch solche, die durch die Luft fliegen können, und schließlich gar solche, mit denen man bis zu den Sternen reisen kann."
    Vethussar zeigte sich beeindruckt. Marshall allein erkannte den kleinen Impuls spöttischen Mißtrauens, der im Hintergrund seiner Gedanken aufzuckte. Und da kam auch schon die nächste Frage: „Und weswegen seid ihr zu Fuß unterwegs, oh Herr?"
    Im Tone sanfter Demut gesprochen. Du Heuchler, dachte Marshall in lustigem Zorn, du hast noch nie an Götter geglaubt, und jetzt willst du sogar einen Gott hereinlegen! Er stand vor einer wichtigen Entscheidung. Er konnte dem Alten eine Ausrede erzählen, aber die Wette galt mehr oder weniger hoch zu niedrig, daß Vethussar kein Wort davon glauben würde. Er konnte, auf der anderen Seite, ihm auseinandersetzen, daß sie auch nicht besser seien, als er, Vethussar, und, daß sie von ihm nur die höher entwickelte Technik unterscheide, die allein für sich jedoch aus niemand einen Gott machte.
    Er entschied sich für den zweiten Weg.
    „Halt an Vethussar!" befahl er. Vethussar erschrak. Er hielt die Tiere an und sah sich ängstlich um. „Ja, Herr... was ...?" Marshall deutete nach vorn. „Sieh dort auf den Baum!" verlangte er.
    Vethussar wandte sich wieder zurück und starrte den Baum gehorsam an. Marshall zog die kleine Impulswaffe und gab an des Alten Schulter vorbei einen kurzen Schuß auf einen der untersten Äste ab. Der Ast löste sich vom Baum, stürzte zu Boden und wurde noch im Fallen zu Rauch und Asche. Kleine Flämmchen stiegen aus dem Gras, erloschen jedoch gleich wieder in der Feuchtigkeit des Bodens.
    Vethussar zitterte. Aber Marshall hatte seine Lektion noch nicht beendet.
    „Jetzt sieh nach links, dort hinüber bis zu der Stelle, wo der Weg auftaucht!"
    Marshall gab Tako Kakuta einen Wink. Tako hatte längst erfaßt, worum es ging. In schnellem Sprung verschwand er vom Wagen, tauchte noch im selben Augenblick an der gekennzeichneten Stelle auf und winkte herüber.
    Vethussar stieß einen grunzenden Laut des Schreckens aus. Ohne, daß Marshall ihn dazu aufforderte, fuhr er herum und entdeckte mit weit aufgerissenen Augen, daß der Fremde, der dort drüben stand, wirklich derjenige war, der vor ein paar Augenblicken noch auf seinem Wagen gesessen hatte. Nach einer Weile kehrte Tako zurück - auf dieselbe verblüffende Weise, wie er zuvor davongegangen war.
    Vethussar trat der Schweiß auf die Stirn. Aber als ihn schließlich eine fremde, unsichtbare Gewalt packte, vom Bock riß und hoch durch die Luft wirbelte, da begann er zu schreien. Tama Yokida, der Telekinet, hob ihn bis auf die Höhe der Baumkrone, drehte ihn ein paarmal um die eigene Achse und ließ ihn dann sanft wieder auf den Wagen zurückgleiten.
    Jammernd und keuchend sank Vethussar in sich zusammen. Marshall ließ ihn eine Weile gewähren; dann richtete er ihn an der Schulter auf und sagte: „Hör gut zu, Vethussar!" Vethussar hörte gehorsam auf zu jammern und sah Marshall ängstlich an. Marshall fuhr fort: „Wir sind keine Götter, Vethussar. Es gibt keine Götter außer dem einen, den noch nie einer gesehen hat und der der wirkliche Allmächtige ist, ohne dessen Willen nichts in der Welt geschieht. Wir sind einfache Leute, Vethussar, nichts anderes als du und die, die in der Stadt oder sonstwo leben. Wir wissen ein bißchen mehr als du, das ist alles. Du brauchst keine Angst vor uns zu haben. Im Gegenteil, du darfst etwas von uns verlangen, wenn du uns bis in die Stadt gefahren hast. Du bekommst eine Belohnung."
    Er spürte, wie der Alte die Worte zögernd in sich aufnahm und sie allmählich zu glauben begann. Vethussar sah Marshall noch eine Weile aufmerksam an. Dann richtete er sich vollends auf, wandte sich wieder seinen Zügeln zu und setzte die Tiere in Gang. Langsam und holpernd bewegte sich der

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