0037 - Der Zombie-Macher
Heimlich aus dem Büro geschmuggelt, denn Unbefugten dürfen die offiziellen polizeilichen Berichte nicht zugänglich gemacht werden. Und für uns sind Sie ein Unbefugter, auch wenn Sie mit noch so plausiblen Theorien zum Tathergang aufwarten können. Ich hoffe, Sie nehmen mir das nicht übel.«
Zamorra schüttelte beschwichtigend den Kopf. »Ich weiß, wie das ist, wenn man jenseits des logisch Erklärbaren seine Nachforschungen betreibt. Ich habe bereits Ihrem Chef gesagt, dass man mich nicht zum ersten Mal ausgelacht oder mir einfach nicht geglaubt hat. Aber ich weiß Ihre Vorausschau zu schätzen. Und wenn Sie mir diesen Bericht jetzt geben könnten, dann würde ich Sie sogar für den Posten des Polizeipräsidenten vorschlagen.«
Kevin Masters, der die ganze Zeit nur die Assistentin des Professors im Auge gehabt hatte, zuckte förmlich zusammen und fand in die öde Wirklichkeit des schäbigen Fahrstuhls zurück. »Natürlich«, murmelte er verwirrt und holte einen Hefter aus der Innentasche, der einmal längs gefaltet war.
Zamorra riss ihm das Schriftstück förmlich aus der Hand und begann im trüben Licht der Liftkabine zu lesen.
Dabei drängte Nicole sich ganz dicht an ihn heran und stellte sich auf die Zehenspitzen, um mitlesen zu können.
In dem Obduktionsbefund stand das Übliche. Ursache, Zeitpunkt und vermutliche nähere Umstände des Todes des Betreffenden. Natürlich alles nur unter gewissen Vorbehalten.
Zamorra überflog diese routinemäßigen Angaben und suchte das Besondere, das Ungewöhnliche, das ihm, dem Spezialisten, Weiteres verraten könnte.
Und dann pfiff er durch die Zähne. Nicole hatte einen fragenden Ausdruck in den Augen.
Als hätte Zamorra es bemerkt, obwohl sie hinter ihm stand, wies er mit dem Finger auf die betreffende Stelle in dem Bericht.
Es war da die Rede von den Würgemalen und ihren Besonderheiten.
Sie mussten eindeutig von einem Menschen stammen, allerdings von einem Individuum mit geradezu zyklopischen Kräften. Und besonders war bei der Untersuchung der Würgemale aufgefallen, dass sich Erdspuren darin befanden. Man hatte die dunklen Flecken zuerst für Blutergüsse gehalten, bis jemand darauf gekommen war, sie gesondert zu untersuchen. Und dabei war man dann auf das Unerklärliche gestoßen.
Winzige Lehmspuren hatten sich in die Haut am Hals des Toten gedrückt, als wären sie einmassiert worden. Besonders fand man die lehmige Erde an den Druckstellen der Würgemale.
Zamorra hatte auch sofort eine Frage. »Ist man eigentlich diesen Würgemalen nachgegangen?«, wollte er von Kevin Masters wissen.
Der druckste ein wenig herum. »Ich bin richtig froh, dass auch Ihnen das aufgefallen ist. Dem untersuchenden Arzt ging es genauso. Aber er hat sich weiter nicht darüber ausgelassen, weil er keine Erklärung dafür finden konnte – zumindest keine logisch verständliche. Ich habe mich mit ihm unterhalten und auch meine Theorie ge- äußert. Es war die gleiche wie die seine.«
Mittlerweile waren sie schon längst unten im Keller angekommen, waren jedoch noch einen Augenblick in der Kabine stehen geblieben, ohne die Tür geöffnet zu haben.
Ehe jemand anderer den Lift rufen konnte, stieß der Professor die Tür auf und trat hinaus auf einen grell und kalt erleuchteten Gang, von dem mehrere Türen abzweigten.
Dies hier war der Labortrakt des Gebäudes. Die weiße Farbe, die hier vorherrschte, gab den Gängen die reinste Krankenhausatmosphäre.
Nicole fröstelte. »Wie in einer Leichenkammer«, konnte sie sich nicht verkneifen zu sagen.
Kevin Masters nahm die Bemerkung sofort auf, als hätte er nur darauf gewartet, angesprochen zu werden.
»Sie haben ganz Recht, Miss. Hier unten befindet sich auch die Leichenkammer des Präsidiums. Hier werden Sie auch den Polizisten vorfinden, Professor. Nur gut, dass ich dem alten Jones unser Kommen schon angekündigt habe. Normalerweise lässt er nämlich keinen an seine Toten heran. Er ist in dieser Hinsicht ein wenig sonderbar.«
Bald sollte Zamorra feststellen, wie Recht der junge Polizist mit seiner Charakterisierung des Alten hatte.
Sie gingen auf eine Flügeltür zu, die den schmalen Gang völlig beherrschte. Masters klopfte an und wartete einen Augenblick. Von hinter der Tür kam ein heiseres, hohes Knurren.
Ohne zu zögern öffnete Masters die Tür und ließ sie aufschwingen. Unwillkürlich wich Nicole Duval einige Schritte zurück.
In der Türöffnung stand ein winziges Männchen, dessen zierlich zu nennendes Gesicht
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