0039 - Das Todesmoor
Tor. Das dicke Holz erzitterte, und auch Suko wurde bei jedem neuen Ansturm kräftig durchgeschüttelt.
Ich lief durch den Tempelsaal.
Wumm! Wumm! Wumm! Dumpf hallte es jedesmal, wenn die Dämonendiener sich gegen das Tor warfen. Ihr Ansturm wurde immer ungestümer. Sie ahnten, was ich vorhatte und wollten mich daran hindern.
Mit langen Sätzen durcheilte ich den Saal. Plötzlich kam Leben in die Dämonenfratzen, die den großen Schrein umgaben. Sie erwachten aus ihrer Erstarrung und kreischten mir widerliche Flüche entgegen. Aus ihren Augen sprühte Feuer. Flammen schlugen aus ihren weit aufgerissenen Mäulern.
Unter meinen Füßen erbebte der Boden.
Ruvanveli schien sich nun eingeschaltet zu haben.
»Schneller, John!« rief Suko. »Beeil dich, ich kann die Kerle nicht mehr lange aufhalten!«
Wumm! Wumm! Zweimal klaffte das Tor bereits auf. Suko stemmte sich keuchend dagegen. Aber seine Füße fanden nicht den richtigen Halt. Er konnte seine ganze Kraft nicht voll einsetzen, da er auf dem blanken Boden immer wieder wegrutschte.
Die abscheulichen Fratzen wollten mich hypnotisieren.
Ich blickte sie nicht an.
Meine Augen waren starr auf den verschlossenen Schrein gerichtet. Als ich ihn erreicht hatte, stieg mir der ätzende Brodem der Dämonenvisagen in den Hals. Mir wurde das Atmen zur Qual. Ich öffnete mit raschen Griffen meinen Koffer.
Die sieben Fratzen gebärdeten sich wie toll. Sie bleckten weiße Raubtierzähne, mit denen sie nach mir schnappten. Und wiederum ließ Ruvanveli die Erde erbeben. Er wollte mich zu Fall bringen, doch ich stand breitbeinig vor dem Schrein, entnahm meinem Koffer eine magische Kreide und zeichnete damit ein großes Pentagramm darauf.
Schon in der nächsten Sekunde öffnete sich der Schrein mit einem berstenden Krachen.
Ich sah das Dämonenherz.
Es war schwarz wie die Nacht und lag auf einem scharlachroten Tuch. Es zuckte. Und als ich meine Beretta aus der Schulterhalfter zog und entsicherte, fing das Herz des Dämons rasend schnell zu schlagen an.
Er begriff, daß ich ihn mit meiner Waffe vernichten konnte. Er wollte es verhindern, indem er den Boden unter mir so heftig schüttelte, daß ich mich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
Ehe er mich aber niederwerfen konnte, feuerte ich.
Ich schoß das Magazin leer. Ich wollte absolut sichergehen.
Und ich konnte sichergehen!
Von den acht Kugeln hatten sich sechs in das schwarze Herz gebohrt. Ruvanveli brüllte tödlich verletzt auf.
Die Dämonenfratzen, die den Schrein umgaben, wurden welk wie alte Blumen. Sie fielen zu Boden, während Ruvanvelis Todesschrei durch den Tempelsaal schwirrte und so heftig gegen das Gemäuer prallte, daß es davon Risse bekam.
Suko konnte die Ruvanveli-Anhänger nicht mehr länger aufhalten. Er sprang zur Seite. Sie stürzten in den Saal. Als sie sahen, daß das Herz ihres Herrn nicht mehr schlug, fielen sie wehklagend auf die Knie.
Suko und ich jagten aus dem Saal, der nicht zur Ruhe kam. Die ersten großen Brocken fielen von der Decke. Dann krachten schwere Balken herab, und schließlich begruben die einstürzenden Wände sämtliche Dämonendiener. Doch da hatten wir bereits den Saal verlassen.
Während wir zu den geraubten Kindern zurückeilten, stürzte der Dämonentempel langsam ein. Es war die Hölle. Flammen schlugen aus Mauerspalten. Ein Krachen und Knirschen erfüllte Räume und Gänge. Urgewalten tobten. Wir erlebten einen heftigen Todeskampf des Bösen.
Suko fand die Tür, die in jenen Raum führte, in dem die Kinder gefangengehalten wurden.
Wir brachen sie gemeinsam auf.
Und wir stellten erleichtert fest, daß der Dämon seinen Fluch von diesen unschuldigen Würmern genommen hatte. Sie waren keine Dämonenableger mehr, sondern wieder kleine, liebenswerte Menschen…
Wir schnappten sie uns. Suko klemmte sich gleich drei von den Halbwüchsigen unter die Arme. Ich nahm die restlichen zwei, und dann hetzten wir aus dem Tempel, der wie ein Kartenhaus hinter uns in sich zusammenfiel.
Ruvanveli existierte nicht mehr. Wir hatten ihm und dem Schwarzen Tod einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Darüber hätten wir uns freuen können, aber es gab einen bitteren Wermutstropfen bei der Sache: die verschwundenen Eltern der Kinder.
Wir brachten die Kleinen zu Glynn und Juri Tarkowskij. Es spielten sich unbeschreibliche Szenen im Hause des Russen ab. Glynn konnte nicht zu weinen aufhören, und sie erdrückte ihren Jungen beinahe, so glücklich war sie, ihn
Weitere Kostenlose Bücher