0040 - Die Nebelgeister
Mann auf und sagte mit rauer Stimme, in der noch immer das Entsetzen mitschwang:
»Durch den Hintereingang sind Skelette in das Büro gekommen. Sie haben sich einen Augenblick umgesehen und kamen dann sogar in den Schalterraum. Es war entsetzlich!«
Der Polizist machte auf dem Absatz kehrt und rannte um das Gebäude herum. Madeleine und auch der Postfahrer folgten ihm.
Auf dem Hof lagen einige Säcke, die die gesammelte Post des Vormittags enthielten.
Dazwischen standen mindestens acht Gerippe. Mit ihren Knochenfingern schlitzten sie die Säcke auf.
Dann hoben sie die Briefe und Postkarten vor die leeren Augenhöhlen. Es schien, als würden sie etwas Bestimmtes suchen. Immer mehr Briefe und Karten flogen auf den Boden. Achtlos liefen die Skelette darüber hinweg.
Wieder zerriss ein Sack, und die Knochenhände griffen zu.
Aus der offenen Tür des Postwagens flogen vier Säcke heraus, und dann wurden die Beine eines Skeletts sichtbar.
Vorsichtig ging das Gerippe die drei Stufen herunter. Als es auf dem Hof stand, drehte es sich um und sah McBaines, den Postfahrer und die junge Französin.
Urplötzlich wandten sich alle anderen Totenschädel in ihre Richtung! Aus dem Postamt tönte ein gellender Schrei, der den Anwesenden das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Dann öffnete sich die Tür, und zwölf weitere Skelette kamen auf den Hof. Sie marschierten unbeirrt auf die Säcke zu und schienen sich irgendwie mit den anderen Knochengerüsten verständigen zu können.
Madeleine fühlte, wie sich die leeren Augenhöhlen auf sie konzentrierten. Eine unsichtbare Kraft wirkte auf sie ein. Alles Gefühl erstarb in ihr. Ihre Augen wurden stumpf und ausdruckslos. Als sie die Füße bewegte, sah McBaines sie an. Sofort begriff er und hielt das junge Mädchen mit aller Kraft fest. Wie ferngesteuert fuhr die Hand der Französin empor und wollte sich in das Gesicht des Beamten krallen.
»Haben Sie Kreide im Wagen?«, rief McBaines dem Postfahrer zu.
Der Mann nickte.
»Sofort herholen! Aber sofort.« Die Stimme des Beamten überschlug sich.
Die Gerippe hatten aufgehört, in der Post herumzuwühlen, und näherten sich in einem Halbkreis dem Polizisten und dem Mädchen.
Sie gingen bewusst langsam, so, als ob sie wüssten, dass ihr Opfer nicht davonlaufen konnte.
Eine Tür klappte, und dann fühlte McBaines, wie ihm ein Stück Kreide in die Hand gedrückt wurde. »Halten Sie das Mädchen fest, sie darf nicht weglaufen!«, schrie der Polizist.
Der Postfahrer griff zu und packte Madeleine um Oberarme und Körper.
Jetzt stand die Französin still. Verwundert sah der Postfahrer zu, wie der Polizist ein verwirrendes Linienmuster auf dem Asphalt des Hofes zog.
Als er fertig war, standen alle drei in einem Fünfeck, genauer gesagt, in einem Fünfeck, das an jeder Seite ein Dreieck aufwies.
Madeleine rang nach Luft. Was war geschehen? Starke Arme pressten sich um ihren Oberkörper und nahmen ihr den Atem. Hatten die Skelette sie gepackt? Einen Augenblick geriet die Französin in Panik. Dann beruhigte sie sich und sah, dass die Skelette in einem Halbkreis um sie herumstanden. Jetzt wandten sich alle Gerippe wieder der Post zu, und nach wenigen Minuten hatten sie den Brief gefunden, den das Mädchen an ihre Freundin Nicole Duval schicken wollte.
Triumphierend schwenkte eine Knochenhand den Umschlag. Ein weiteres Skelett kam heran und hielt eine Hand über den Brief.
Niemand begriff, wieso plötzlich kleine, blaue Flammen aus den ersten Gliedern dieser Skeletthand hervorschossen.
Nach wenigen Sekunden war der Brief in Brand gesetzt. Die Knochenhand schwenkte das Papier, bis es lichterloh brannte. Dann warf sie es weg. Die brennenden Fetzen fielen auf die verstreut liegende Briefpost und setzten diese in Brand.
Dann marschierten die Knochengerüste zum Ausgang des Hofes und schauten auf die Straße. Einer hob die Hand und ging voraus.
Ein Gerippe hinter dem anderen verließ den Hof und verschwand im Privatgarten des Posthalters, der hinter dem Amtshof lag.
Erst als der Himmel aufriss und eine schwache, blässliche Sonne zu sehen war, trat der Polizist aus dem magischen Fünfeck.
Er zog die junge Französin mit sich und sagte: »Jetzt ist es vorbei.«
»Aber auch mein Brief ist zerstört! Ich glaube, es hat wenig Sinn, einen neuen zu schreiben.«
»Wir werden von der Station aus anrufen. Haben Sie die Nummer?«
»Nein, aber das werden wir schon herausbekommen. Wozu gibt es eine Auskunft? Die genaue Anschrift habe ich
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