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0041 - Die Treppe ins Nichts

0041 - Die Treppe ins Nichts

Titel: 0041 - Die Treppe ins Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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wollte mit der Bäckersfrau alleine gelassen werden.
    Nicole verstand diesen Blick. Dezent zog sie sich zurück.
    Zamorra hatte andere Möglichkeiten, eine bewusstlose Frau in die Wirklichkeit zurückzurufen. Der Professor griff nach dem Puls der Frau. Er lief ruhig, wenn auch sehr schwach. Die Stirn fühlte sich kühl an.
    Madame Laguère öffnete die Augen von selbst. Sie wollte hoch von ihrem Lager, doch als sie in die Augen Zamorras blickte, sank sie in die Kissen zurück.
    Etwas Beruhigendes ging von diesem Mann aus. Sie hatte ihn noch nie aus der Nähe gesehen.
    Unten im Dorf erzählte man sich skurrile Geschichten über den Amerikaner, der so plötzlich dieses Schloss im Loiretal geerbt hatte.
    Aber die Leute hier sind eben abergläubisch. Manche dichteten ihm sogar an, dass er ein Alchimist wäre, der immer noch versuche, Gold zu machen. Dabei hatte es in der Lokalzeitung bei Gott genügend Berichte über den Professor vom Château de Montagne gegeben.
    Die Artikel kündeten regelmäßig von großen wissenschaftlichen Erfolgen, die Professor Zamorra schon errungen hatte. Sie berichteten davon, dass Professor Zamorra der Verfasser von richtungsweisenden Werken über Parapsychologie und Dämonologie war. Aber trotzdem hatten viele Leute unten in den Dörfern immer noch ein wenig Angst vor ihm.
    Auch Madame Laguère hatte sich immer ein wenig vor ihm gefürchtet. Nur mit Widerwillen hatte sie den Weg genommen, der zum uralten Schloss Zamorras führte. Doch ihre Angst schmolz jetzt dahin, wie das dünne Eis der Weiher unten im Tal den warmen Strahlen der Frühlingssonne weicht.
    Die Augen, die sie ansahen, waren mitfühlend, ihr Blick voller Güte. In diesem Augenblick fühlte Madame Laguère: Diesem Mann konnte sie sich ganz anvertrauen. Ihre Angst verflog, als hätte es sie nie gegeben.
    »Madame Laguère«, sagte Zamorra sanft.
    »Herr Professor«, kam müde die Antwort.
    »Es ist Ihnen nicht wohl. Ich habe mir erlaubt, Sie in mein Haus zu bringen. Sie sind draußen auf der Treppe zusammengebrochen. Sie erinnern sich.«
    Aufs Neue wollten ihre Augen vor Tränen überfließen. Doch etwas in Zamorras Blick hinderte sie daran.
    »Wollen Sie mir Ihre Sorgen nicht erzählen?«, fragte Zamorra.
    Erschrecken malte sich auf das Gesicht der Frau. »Sie wissen…?«
    »Man muss kein Hellseher sein, um Ihnen anzumerken, dass Sie leiden. Erzählen Sie mir. Ich möchte Ihnen helfen.«
    »Es… es … es ist wegen meinem Mann und meiner Töchter.«
    Mehr sagte die Frau nicht. Die Worte waren nur so herausgesprudelt. Doch sie machte keine Anstalten, fortzufahren.
    »Was ist mit Ihrem Mann?«, fragte Zamorra ruhig. »Was ist mit Ihren Töchtern?«
    »Weg sind sie, weggefahren und nicht mehr wiedergekommen.«
    Die Frau schrie beinahe auf.
    »Wann war das?«
    »Zwei Wochen ist es her. Und nur eine Woche wollten sie wegbleiben.«
    »Und Sie haben kein Lebenszeichen von ihnen bekommen?«
    »Doch.« Die Frau nestelte in den Falten ihres Kleides. Ihre fleischige Hand kam mit einer Karte zurück. Einer Ansichtskarte. »Und ich habe von ihnen geträumt.«
    Zamorra erkannte die Burg von Andorra.
    »Darf ich die mal haben?«, fragte er.
    »Lesen Sie nur! Lesen Sie nur!« Die Frau war schon wieder den Tränen nahe. »Diese Karte habe ich bekommen. Es war das Letzte, was ich von ihnen gehört habe.«
    »Von ihnen?«
    »Ja, von meinem Mann und meinen beiden Töchtern.«
    »Wenn ich Sie richtig verstehe, sind sie nicht pünktlich zurückgekehrt.«
    »Nicht pünktlich zurückgekehrt.« Die einfache Frau versuchte ihrer Stimme einen Anklang von Hohn zu geben. Doch dieser Versuch scheiterte kläglich. Vielleicht hatte sie die ganze Situation damit ein wenig herunterspielen wollen. Vielleicht schämte sie sich. Aber bloßes Mitgefühl brauchte sie jetzt nicht. Was sie brauchte, das war Unterstützung.
    Sie brauchte einen Menschen, der sich ihrer Sorgen annahm. Und ganz hinten in den Tiefen ihres Gehirns wuchs die Gewissheit, dass Professor Zamorra, der verschriene Herr des Château de Montagne, der einzige war, der ihr vielleicht noch helfen konnte. Viele Möglichkeiten hatte sie nicht mehr.
    Madame Laguère war verzweifelt. Sie war verzweifelt, wie eine Frau nur sein konnte, die ihre Liebsten verloren hatte.
    Professor Zamorra brauchte keine Fragen zu stellen. Er erkannte es auch so. »Ich werde versuchen, Ihnen zu helfen«, sagte er nur.
    »Sie müssen mir nur vertrauen. Bleiben Sie ganz ruhig liegen.«
    Madame Laguère, die Bäckersfrau,

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