0041 - Unser falscher Taxi-Chauffeur
stand auf und tippte sich mit dem Zeigefinger grüßend an die rechte Kopfseite.
»Hallo, Mr. Zero! Ich bin Phil Decker, das ist Jerry Cotton. Wir freuen uns, Sie kennenzulernen.«
»Ganz meinerseits«, sagte der Kriegsverletzte. »Und dann gleich Cotton und Decker! Verdammt, habe ich ein Schwein! Sie zwei wollte ich schon immer mal vors Visier kriegen.«
Seine offene Art gefiel mir. Ich deutete auf einen zweiten Sessel und sagte: »Lassen Sie sich nieder, Mr. Zero. Wie wär’s mit einer Zigarette? Whisky können wir Ihnen leider nicht anbieten, weil man solch schöne Sachen leider nur außerhalb dieses schönen Hauses trinken darf.«
»Zigarette ist immer gut«, nickte Zero. Ich hielt ihm ein Stäbchen an die Lippen. Er schnappte zu, und ich gab ihm Feuer.
»Sie haben ja eins abgekriegt?« meinte er fragend mit einem Blick auf die unübersehbare Beule auf meinem edlen Haupt. »Schlag mit ’nem Pistolenkolben, was?«
Ich nickte lachend.
»Sind Sie Sachverständiger in solchen Dingen?«, Er lachte zurück.
»Klar! Aktiver Infanterielieutenant, bis sie mir in Korea statt des Lebenslichts die beiden Arme weggeblasen haben. Konnte mich zuerst nicht daran gewöhnen, aber dann gewöhnt man sich schließlich doch an alles. Aber deswegen bin ich nicht zu Ihnen gekommen. Können Sie mir mal das Papierchen aus meiner rechten Brusttasche fischen? Aber ehe Sie’s tun, muß ich Sie fragen, ob Fingerabdrücke wirklich so ’ne wichtige Sache sind, wie man immer in den Zeitungen liest. Dann packen Sie den Wisch vielleicht besser mit einem Taschentuch an.«
Seine trockene Art gefiel mir immer besser, Und auch Phils Gesicht erheiterte sich trotz der Tatsache, daß er gleich das umständliche Protokoll einer Anzeige würde aufnehmen müssen.
Ich wickelte mir also ein sauberes Taschentuch um die Fingerspitzen und zog dann vorsichtig einen zusammengefalteten Briefbogen aus Zeros rechter Brusttasche.
»Lesen Sie sich das Ding durch, dann wissen Sie, warum ich zu Ihnen komme.«
Ich faltete das Schreiben behutsam auseinander, ohne dabei meine eigenen Fingerabdrücke auf das Papier zu bringen. Phil war aufgestanden und zu mir getreten. Er sah mir jetzt über die Schulter.
Der schreibmaschinengeschriebene Text des Briefes begann:
Mr. Zero!
Sie werden am Montag wie üblich vom Staat Ihre Versehrtenrente erhalten. Stecken Sie sofort fünfzig Dollar in einen vorbereiteten Umschlag, auf den Sie diese Kennziffer X 13 schreiben und den Zusatz: Hauptpostlagernd New York City. Diesen Umschlag frankieren Sie und werfen ihn in den nächsten Briefkasten. Sollted Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, werden Sie innerhalb einer Woche getötet werden.
Ich sah Phil an. Er mich. Zeros Stimme brach das Schweigen: »Ulkige Vögel, die auf solche Gedanken kommen, was?« sagte er langsam. Aber seine Stimme klang nicht mehr so fest wie bisher.
***
Nachdem Phil die erste »Einvernahme zur Person« durchgeführt hatte, wurden die Einzelheiten der Anzeige ermittelt.
»Wodurch haben Sie den Brief bekommen?« fragte Phil.
»Durch die Post, wie üblich«, erwiderte Zero achselzuckend. »Warum?«
»Weil hier leider nur der eigentliche Brief liegt, nicht der Umschlag. Haben Sie den noch?«
»O verdammt«, brummte der Kriegsversehrte, »das weiß ich nicht, ob der noch existiert. Meine Mutter hat den Umschlag für mich geöffnet, weil ich ja selbst…«
Er machte eine bezeichnende Gebärde mit seinen beiden Armstümpfen, die beide nicht einmal ganz bis zum Ellenbogen reichten.
»Ja, ja«, nickte Phil. »Aber was hat Ihre Mutter mit dem Umschlag gemacht?« Zero zuckte die Achseln.
»Ich habe keine Ahnung. Aber wie ich meine Mutter kenne, dürfte der Umschlag sicher schon im Keller in der Müllverbrennungsanlage sein. Meine alte Dame ist sehr auf Reinlichkeit bedacht. Sie duldet es nicht, daß irgendwo ein Schnippchen Papier herumliegt.«
»Haben Sie nicht zufällig einen Blick auf den Umschlag geworfen?«
»Ja, das habe ich getan. Der Umschlag lag ja auf dem Küchentisch, als ich vor ungefähr einer Stunde nach Hause kam.«
»War eine Briefmarke drauf?«
»Ja, das weiß ich genau.«
»Haben Sie zufällig den Poststempel gelesen?«
»Nein, das tue ich ja nie. Warum hätte ich es bei diesem Brief tun sollen? Bevor er nicht geöffnet war, konnte ich ja nicht wissen, was darin stehen würde.«
»Das ist bedauerlich, daß wir den Poststempel nicht kennen. Wir wüßten dann, auf welchem Postamt von New York der Brief aufgegeben wurde.
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