0043 - Wir stoppten den Bandenkrieg
Less Moor. Auf der Karte Rean Seat stand nur ein knapper Vermerk:
,Seat, Rean. Falscher Name des Less Moor (siehe dessen Karte).
Wir suchten nun die Karte von Less Moor, trugen im Ausgabebuch die Karten ein, die wir herausgesucht hatten, und verdrückten uns damit wieder in unser Office.
Dort nahmen wir gleich die Unterlagen von Less Moor alias Rean Seat zur Hand. Ich las zunächst seine Karte vor:
»Kriminell! Moor, Less; Geschlecht männlich; Rasse weiß; Größe 178 cm; Gewicht 78 kg; geboren am 14. Januar 1913 in Eureka/Nevada; Haare dunkelblond; Augen blaugrau; Staatsbürgerschaft; us-amerikanisch. Nachweislich verwendete Decknamen: Rean Seat, Bob Hunter, Can Lester. Besondere Kennzeichen: Brandnarbe von achtzehn Zentimeter Breite und elf Zentimeter Höhe auf der Mitte der Brust (M. verbrühte sich als Kind mit einem vom Herd gerissenen Topf kochenden Wassers).«
»Klebt das Foto an seiner Karte?« fragte Phil.
»Ja.«
»Okay, wir werden es uns gleich einprägen. Zunächst sein Straf Verzeichnis: Moor, Less… usw. Die Personalien wie auf deiner Karte. Aber jetzt kommt's: Less Moor war Mitglied der Bande, die unter Führung des berüchtigten Gangsters ›Clever Boy‹ stand. Als die Bande 1935 in Wyoming auf einer Gebirgs-Straße gestellt werden konnte, befand sie sich auf der Flucht von dem Banküberfall Seattle/Washington. (Der Überfall fand am Morgen des 6. März statt. Neun maskierte und mit Maschinenpistolen bewaffnete Gangster stürmten die Bank und raubten alles vorhandene Bargeld innerhalb von knapp drei Minuten. Ihre Beute belief sich auf 114 765,23 Dollar. Die Bande leistete erbitterten Widerstand. Bei dem Feuergefecht mit der Bande wurden zwei FBI-Beamte und ein Sergeant der Wyoming State Police getötet. Die Verluste der Bande waren nicht genau zu ermitteln. Einige der angeschossenen Bandenmitglieder verloren im Gebirge den Halt und stürzten in die unzugänglichen Schluchten des Wind-River-Range-Gebirges, wo ihre Leichen unauffindbar blieben. Die Aussagen der fünf verhafteten Bandenmitglieder über die Stärke der Gang blieben trotz aller Gegenüberstellungen widerspruchsvoll, so daß die genaue Verlustzahl nicht zu ermitteln war. Man durfte jedoch annehmen, daß sich der Boß der Bande, der berüchtigte ›Clever Boy‹, unter den in die Schluchten gestürzten Gangster befand. Less Moor wurde mit den übrigen vier verhafteten Gang-Mitgliedern vor Gericht gestellt. Während man zweien nachweisen konnte, daß aus ihren Waffen die für die getöteten Polizisten tödlichen Kugeln gekommen waren, was ihnen die Todesstrafe einbrachte, war Less Moor nichts als die Mitgliedschaft in der Bande und die Beteiligung an dem Banküberfall nachzuweisen. Er wurde deshalb wegen Beteiligung am Bandenverbrechen zu neun Jahren Zuchthaus verurteilt. Moor hat diese Strafe bis auf sechsundzwanzig Monate, die ihm wegen guter Führung erlassen wurden, im Staatszuchthaus von Washington abgesessen. Bis zu seiner zweiten Verhaftung, am 26. Mai 1945, blieb sein Aufenthaltsort und die Art seiner Betätigung unbekannt. Am 23. Mai 1945 beteiligte sich Moor .jedoch an einem Überfall auf die Lohnkasse der ›New York European Import Corporation‹, der erfolglos blieb durch das Eingreifen von sechs Männern des Werkschutzes. Nach drei Tagen konnte Moor mit vier Komplicen verhaftet und dem Richter übergeben werden. Moor erhielt wegen Rückfalls zwölf Jahre Zuchthaus. Er wurde nach neun Jahren und acht Monaten im Zuge des Paroleverfahrens begnadigt. Sein derzeitiger Aufenthaltsort ist unbekannt. Anmerkung der zentralen Überwachungsstelle: Vorsicht! Moor führt ständig eine oder mehrere Schußwaffen bei sich!«
»Na«, sagte ich, als Phil diesen Text des Strafregisters verlesen hatte, »da haben wir ja einen verflixt schweren Jungen vor uns. Hoffentlich bricht ihm diese Sache jetzt das Genick, bevor er weitere Verbrechen ausknobeln kann.«
»Zeig mal sein Bild!« forderte Phil.
Ich heftete es von der Karteikarte ab und legte es vor uns auf den Schreibtisch. Wir betrachteten es sehr gründlich. Abwechselnd schlossen wir die Augen und prüften unser Gedächtnis, ob es imstande war, uns jeden Zug dieses von Brutalität und Skrupellosigkeit sprechenden Gesichtes wiederzugeben. Wenn wir eine Kleinigkeit in unserem Gedächtnis nicht rekonstruieren konnten, besahen wir uns das Bild wieder und prägten uns dann die fehlende Einzelheit ein. Diese Methode mag etwas kindisch erscheinen, aber beim FBI hat man damit schon die
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