0045 - Die Werwölfe von Wien
Körper.
Er konnte es kaum noch unterdrücken.
Mit starren Augen blickte er auf seine Hände. Sie lagen auf dem Lenkrad. Allmählich wuchs darauf ein struppiges Fell. Aus den Händen wurden gefährliche Pranken mit langen, tödlichen Krallen.
Aus dem sympathischen Jungen Benno Messmer wurde ein furchterregender, hechelnder Werwolf…
***
Wir hatten uns die Waffensammlung des Barons am Nachmittag angesehen, und wir fragten uns seither, warum dieser Junge aus München so versessen auf das magische Schwert gewesen war.
Um beweglicher zu sein, mieteten wir bei AVIS einen stratosilbernen Audi 100. Damit suchten wir jene Stellen auf, die Vladek Rodensky auf meinem Stadtplan markiert hatte.
Der Brillenfabrikant hatte mit uns kommen wollen, aber seine Sekretärin, die ihn im Haus des Barons erreichte, hatte ihn daran erinnert, daß er zwei unaufschiebbare Termine hatte, die er unbedingt einhalten mußte.
Als wir ihm versicherten, daß wir uns auch ohne ihn zurechtfinden würden, war er sichtlich erleichtert.
Nachdem wir die drei Tatorte besichtigt hatten, ließen wir unseren Audi beim Messegelände stehen und begaben uns in den Prater. Fast alle Etablissements hatten bereits geschlossen.
Die Dämmerung war inzwischen weit fortgeschritten. Wie eine unheimliche Geisterstadt wirkte der Vergnügungspark.
Wir kamen an Schaukeln – hier ›Hutschen‹ genannt – vorbei, blieben vor einem Karussell kurz stehen, zu dem die Wiener ›Ringelspiel‹ sagen, schauten uns wachsam um, konnten jedoch keine verdächtige Person entdecken.
»Ob er heute nacht wieder zuschlagen wird?« fragte Suko.
»Das weiß nur er selbst, sonst niemand«, erwiderte ich. Es war kalt. Ein unangenehmer Wind blies zwischen den Geister- und Hochbahnen hindurch. Wir schritten das gesamte Gelände des Vergnügungsparks ab.
In den geheizten Spielhallen wärmten wir uns kurz auf. Dann setzten wir unseren nächtlichen Streifzug fort.
»Vielleicht sollten wir uns trennen«, meinte Suko. »Getrennt können wir ein größeres Gebiet absuchen.«
Der Chinese hatte recht. Wir hatten keine Ahnung, wo wir das Monster suchen sollten. Wenn wir uns trennten, verdoppelte sich unsere Chance, dem unheimlichen Killer zu begegnen.
Wir waren beide bewaffnet. Ich trug in der Schulterhalfter die mit geweihten Silberkugeln geladene Beretta, während ich Suko meinen geweihten Silberdolch gegeben hatte, dessen Griff die Form eines Kreuzes hatte.
Mit beiden Waffen war der Werwolf zur Strecke zu bringen. Wir mußten ihm nur begegnen.
Vielleicht durchstreifte er bereits, genau wie wir, den Prater, auf der Suche nach einem neuen Opfer.
Er würde uns wohl kaum angreifen, solange wir zu zweit waren, deshalb war ich mit Sukos Vorschlag, von nun an im Alleingang vorzugehen, sofort einverstanden.
Aber schließlich kam alles ganz anders…
Wir vernahmen trippelnde Schritte. Da kam ein Mädchen. Allein! Sie mußte sehr viel Mut besitzen. Oder sie war verrückt. Jedermann in Wien hatte von den Morden gelesen, und es war den Leuten geraten worden, den Prater bis auf weiteres zu meiden.
Aber dieses Mädchen glaubte, von dem grausamen Mörder, der hier sein Unwesen trieb, nichts befürchten zu müssen.
Wir wandten uns um.
Noch konnten wir das Mädchen nicht sehen. Sie ging nicht besonders schnell, hatte es nicht eilig. Die unheimliche Atmosphäre der leeren, finsteren Buden schien sie nicht zu stören.
Das ließ mich vermuten, daß sie hier gewissermaßen ›zu Hause‹ war.
Jetzt bog sie um die Ecke. Als sie Suko und mich sah, verlangsamte sich ihr Schritt.
Sie war ziemlich aufgedonnert, hatte brandrotes Haar, falsche Wimpern, eine lange Fuchsjacke und hohe schwarze Lederstiefel, die bis über die Knie gingen.
Sie ließ sofort ihre Hüften rotieren, kam mit einem aufreizenden Gang auf uns zu, und ihr Blick verriet uns, daß wir von ihr alles haben konnten. Wirklich alles – vorausgesetzt, daß wir den Preis bezahlten, den sie verlangte.
Die Rothaarige musterte zuerst Suko und dann mich. »Na, ihr beiden? Habt ihr euch verlaufen?«
Sie sah nicht schlecht aus. Eigentlich war sie viel zu hübsch für diesen Beruf. Ich fragte mich, welche Umstände daran schuld gewesen waren, daß sie hier gelandet war.
»Sucht ihr ein Mädchen?« fragte sie. »Hier ist eins«, sagte sie mit ausgebreiteten Armen.
»Vielen Dank für das Angebot, aber uns ist heute nicht danach«, erwiderte ich.
»Oh, Ausländer«, sagte das Mädchen. »Woher kommst du, Süßer?«
»Aus London.«
»Und
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