0046 - Das Haus der Verfluchten
besser Luft, und die Flammen der Laternen brannten ruhig wie zuvor.
Kein Geräusch war zu hören. Nach wenigen Schritten waren sie vor einer Felswand angelangt, die kein Weiterkommen gestattete.
Zamorra presste sein Amulett gegen die Steinwand, aber es tat sich nichts. Unruhig sahen die anderen sich um. Plötzlich drehte der alte Jean-Paul sich zur Seite und trat an die Wand des Ganges.
»Hier ist etwas. Wenigstens habe ich das Gefühl«, sagte er.
Sofort kam der Professor heran und legte sein Amulett an die Wand.
Lautlos löste der Fels sich auf und gab den Blick in eine Kammer frei, die von einem bläulichen Leuchten erfüllt war.
Zamorra glitt in den Raum. Er verursachte kein Geräusch dabei, und die anderen folgten ihm ebenso leise.
Auf diesem steinernen Podest lag ein Skelett, dessen Arme und Beine in einem unnatürlichen Winkel standen.
Vor diesem Steinblock stand Nicole Duval.
»Wie ist dein Name? Ich will wissen, wen ich in Zukunft beherrschen werde?«
Die Stimme klang geisterhaft und bestand nur aus verwehenden Tönen.
»Nicole Duval«, kam die Antwort.
»In welchem Verwandtschaftsverhältnis stehst du zu den Bradois?«
»Ich bin nicht mit ihnen verwandt.«
»Was willst du dann hier? Warum haben dich meine Untergebenen geholt?«
»Ich bin hier, um einem Mann zu helfen und der Erbin das Schloss zu erhalten.«
Die Stimme schwoll zu einem keuchenden Jaulen an.
»Du bist nicht die Erbin? Wen haben die vier denn hergebracht? Wie soll ich wieder Macht in der Welt der Menschen erlangen, wenn ich nicht in den Körper eines Nachfahren dieses Geschlechtes fahren kann?«
Zamorra trat vor und sagte deutlich: »Du brauchst keine Macht mehr auszuüben. Deine Zeit ist vorbei!«
Nicoles Bild verschwamm, nach Sekunden nur war das Mädchen nicht mehr zu sehen.
»Was willst du? Wieso wagst du es, hier einzudringen? Ich werde dich vernichten, wie ich alle getötet habe, die mir im Wege standen!«
»Das wissen wir, aber mich wirst du nicht umbringen.«
»Du bist auch nur ein Wurm. Lange Jahre leitete ich diesen Körper hier und verlieh ihm Macht und Reichtum. Niemand konnte widerstehen!«
»Und doch hat man deinen Körper vernichtet. Heute wirst auch du, der Dämon, vernichtet!«
Die Antwort war ein gellendes Gelächter, das schaurig durch die Felskammer hallte.
»Ich bin ein Meisterdämon und kann jederzeit so viele Wesen herbeirufen, wie es nötig ist! Und du glaubst, dass du mich vernichten kannst!«
»Dann rufe doch deine Helfer! Die vier, von denen du eben gesprochen hast, sind vernichtet. Außerdem hast du dich verraten. Du kannst gar nicht beliebig viele Helfer herbeirufen! Erst dann, wenn du wieder einen Körper besitzt, wird deine Macht wachsen.«
Wie aus unendlich weiter Ferne drang ein wütendes Heulen an die Ohren der Menschen.
Unerbittlich sprach Zamorra weiter: »Du bist an das Geschlecht der Bradois gekettet! Es fällt dir schwer, einen anderen Körper zu übernehmen; denn wäre es anders, hättest du das Mädchen eben unter deine Herrschaft gezwungen und gehandelt. Du bist ein Dä- mon, der zu einem bestimmten Zweck beschworen wurde!«
»Aber ich kann mich noch wehren.« Die Stimme wurde klarer und festigte sich.
Der rechte Arm glitt vom Tisch, und die Knochenhand schloss sich um das Schwert, das an dem Steinpodest lehnte.
Dann rutschte das Gerippe von dem Steinblock und versuchte, auf die Beine zu kommen.
Schwankend wollte das Skelett sich aufrichten, brach aber dann zusammen. Die Beinknochen hatten nachgegeben, das Gerippe lag auf der Seite.
Der Arm mit dem Schwert zuckte hin und her, dann brach auch hier der Knochen, und der Unterarm sank hilflos herab.
Klirrend fiel das Schwert auf den Boden.
»Du siehst, du kannst dich nicht wehren«, sagte Zamorra, »dieser Körper ist durch einen anderen, stärkeren Fluch vor Jahrhunderten vernichtet worden. Die Hugenotten, die du verfolgtest, ließen dich sterben. Sie nahmen grausame Rache an dem Geschlecht der Bradois.«
»Ich tat nur, was mein Herr mir befahl«, wimmerte die Stimme jetzt kläglich. »Er hat uns beschworen. Er wollte mit unserer Hilfe die Andersgläubigen ausrotten. Er wollte immer mehr Reichtum und Land. Wir haben diesen Befehl befolgt. Es hätte nicht mehr lange gedauert, und wir hätten die Menschen in diesem Land unter die Herrschaft der Dämonen gebracht! Die Zeit, die er über uns verfü- gen konnte, war bald vorbei. Wir warteten nur auf unsere Chance, dann hätten wir das Dämonenreich endlich errichten
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