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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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ZWEITES KAPITEL
Eine Straße in Tally
    Wie die Köpfe von Erdhörnchen tauchten die Köpfe der Kinder aus dem Unkraut auf. Sie beobachteten die herankommenden Soldaten. Der Junge flüsterte: »Das müssen mindestens tausend sein.« Die Kolonne erstreckte sich weiter und immer weiter zurück. Der Staub, den sie aufwirbelte, trieb einen weiter entfernten Hügel hinauf. Das Knarren und Klirren der Rü- stungen wurden immer lauter.
Der Tag war heiß. Die Kinder schwitzten. Ihre Gedanken kreisten um eine nahe Lichtung und einen Teich, den sie dort entdeckt hatten. Aber man hatte sie angewiesen, die Straße zu beobachten. Den Gerüchten nach wollte die Lady die wiederauflebende Rebellenbewegung in der Tally-Provinz brechen.
Und hier kamen ihre Soldaten. Immer näher. Grimmige Männer mit harten Gesichtern. Ve- teranen. Gut und gerne alt genug, um zu der Katastrophe beigetragen zu haben, die sechs Jah- re zuvor die Rebellen befallen und nebst einer Viertelmillion weiterer Männer auch ihren Va- ter verschlungen hatte.
»Das sind sie!« stieß der Junge hervor. Angst und Ehrfurcht erfüllten seine Stimme. Wider- willige Bewunderung lieferte den Unterton. »Das ist die Schwarze Schar.« Das Mädchen hatte sich nicht näher mit dem Feind befaßt. »Woher weißt du das?« Der Junge zeigte auf einen Bär von einem Mann auf einem Rotschimmel. Er hatte silbriges Haar. Seine Haltung zeigte, daß er gewohnt war, Befehle zu geben. »Der da ist der, den sie den Hauptmann nennen. Der kleine schwarze Mann neben ihm ist der Zauberer Einauge. Siehst du seinen Hut? Daran kann man ihn erkennen. Die dahinter sind wohl Elmo und der Leutnant.«
»Sind welche von den Unterworfenen bei ihnen?« Das Mädchen richtete sich ein wenig auf, um besser sehen zu können. »Wo sind denn die anderen Berühmten?« Sie war jünger als der Knabe, der sich mit seinen zehn Jahren schon als Soldat im Dienst der Weißen Rose betrach- tete.
Er zerrte seine Schwester zu Boden. »Dummkopf! Willst du, daß sie dich sehen?« »Und was, wenn sie es tun?«
Der Junge grinste höhnisch. Als ihr Onkel Neat ihnen gesagt hatte, daß die Feinde Kindern nichts tun würden, hatte sie ihm geglaubt. Der Junge haßte seinen Onkel. Der Mann hatte kei- nen Mumm.
Keiner von denen, die sich der Weißen Rose verschworen hatten, hatte Mumm. Sie taten nur so, als ob sie gegen die Lady kämpften. Ihre gewagtesten Unternehmen bestanden in Hinter- halten auf Kuriere. Der Feind hatte wenigstens Schneid. Sie hatten gesehen, was zu sehen sie ausgesandt worden waren. Er tippte dem Mädchen aufs Handgelenk. »Komm jetzt.« Sie huschten durch das Gebüsch zum bewaldeten Bachufer.
    Ein Schatten lag auf ihrem Weg. Sie sahen auf und erbleichten. Drei Ritter starrten auf sie
herab. Der Junge gaffte sie an. Sie hätten sich gar nicht unentdeckt anschleichen können. »Goblin!«
Der kleine froschgesichtige Mann in der Mitte grinste. »Stets zu Diensten, Jungchen.« Der Junge war zu Tode erschrocken, aber sein Verstand funktionierte noch. Er schrie: »Lauf!« Wenn einer von ihnen entkommen konnte… Goblin vollführte eine kreisförmige Handbewegung. Dann tat er so, als ob er etwas warf. Der Junge fiel hin und kämpfte gegen unsichtbare Fesseln wie eine Fliege im Spinnennetz. Seine Schwester jammerte ein Dutzend Fuß entfernt. »Sammelt sie ein«, sagte Goblin zu seinen Gefährten. »Sie haben uns bestimmt etwas Inter- essantes zu erzählen.«

VIERTES KAPITEL
Hinterhalt in Tally
    Ich nahm eine Sieben auf, legte aus, warf eine Drei ab und starrte auf mein einsames As. Links von mir brummte Pfandleiher: »Das war’s wohl. Er hat nur noch ‘n Einer.« Ich sah ihn neugierig an. »Wie kommst du darauf?« Er nahm auf, fluchte, warf wieder ab. »Wenn du uns im Sack hast, kriegst du ein Gesicht wie eine Leiche, Croaker. Einschließlich der Augen.« Candy nahm auf, schimpfte, warf eine Fünf ab. »Er hat recht, Croaker. Du wirst so aus- druckslos, daß du schon wieder ausdrucksvoll wirst. Komm schon, Otto.« Otto starrte auf sein Blatt, dann auf den Haufen, als ob er den Zähnen der Niederlage noch den Sieg entreißen könnte. Er nahm auf. »Scheiße.« Er warf die aufgenommene Karte ab, eine von den Königskarten. Ich zeigte ihnen mein As und strich meine Gewinne ein. Während Otto die Karten einsammelte, starrte Candy mir über die Schulter. »Was?« fragte ich.
»Unser Gastgeber nimmt seinen Mut zusammen. Versucht gerade, irgendwie rauszukommen und sie zu warnen.«
Ich drehte mich um. Die anderen taten

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