005 - Festung des Blutes
überlegen war, aber gleichzeitig erfüllt von der Hoffnung, dass sie vollenden mochte, was ihm nicht gelungen war: Jacobo zu töten. Die Frage war nur: Konnte er noch einen Nutzen daraus ziehen? Oder würde sie ihn gleichfalls umbringen?
Der Lärm der hinter ihnen tobenden Schlacht wurde vom Getöse der Baiiks unterbrochen, die nun, das hörte Daman ganz deutlich, in den Innenhof gerast kamen. Die Heimkehrer würden zu spät kommen, um ihn vor der Barbarin zu retten.
Damans lederartige Lippen bebten, als er sich an der Wand entlang tastete und mit zitternden Knien die Tür am Ende des Ganges öffnete.
Sie gelangten in das Zimmer, in dem Jacobos Schätze untergebracht waren; Dinge, deren Sinn Daman nur in wenigen Fällen überhaupt begriff. Die gegenüberliegende Wand wurde von einer gewaltigen Glasscheibe eingenommen. In dem Raum dahinter saß in einem wuchtigen Stuhl der blonde Mann, den Daman als Gholan kennengelernt hatte. Aruula hatte ihm gesagt, dass er in Wahrheit Maddrax hieß.
Jacobo stand vor ihm. Seine Kapuze war zurückgeschlagen. Sein Gesicht war fahl und bleich. Daman sah die eigenartigen Glasaugen, mit denen er vermutlich die dunklen Götter schaute. In seinen Händen blitzte ein seltsam dünnes Messer auf.
Die schwarzhaarige Barbarin stieß einen Fluch aus und suchte nach einer Deckung, bevor Jacobo sie sehen musste.
Daman grinste wider Willen. Die Furie mochte stark und wild sein, aber intelligent war sie deshalb noch lange nicht Schon fühlte er wieder einen Hauch von Überlegenheit in sich aufsteigen.
»Sie können uns nicht sehen«, ächzte er unter ihrem Griff, als sie ihn mit sich zerrte.
»Von der anderen Seite ist das Glas ein Spiegel!«
Die Barbarin stieß einen erstaunten Laut aus und verhielt in ihrem Schritt. Noch etwas misstrauisch wagte sie sich näher an die Scheibe heran, doch auch jetzt nahm Jacobo von ihr keinerlei Notiz. Es schien also zu stimmen, was Daman sagte.
Sie löste ihren Arm von seinem Hals aber nur, um im nächsten Moment mit der linken Hand in seine Kehle zu greifen. Daman spürte, wie sein Kehlkopf schmerzhaft zuckte. Er wagte sich nicht zu bewegen.
Aruula überlegte fieberhaft. Natürlich konnte sie mit einem der Gegenstände hier die Scheibe zerschlagen, um in die Folterkammer zu gelangen. Doch der Stuhl mit Maddrax darauf stand gut zwölf, dreizehn Schritte entfernt. Es wäre Jacobo ein Leichtes, dem Leben ihres Gefährten mit dem Messer ein Ende zu setzen, noch bevor sie ihn erreichte. Was sie brauchte, war ein Auftritt, der Jacobo so erschreckte, dass sie genügend Zeit gewann, Aruula sah sich um und wies dann auf das an eine Wand gelehnte Baaik, das Jacobo für sich selbst zusammengesetzt hatte. »Kannst du den Feuerstuhl bedienen?«, fragte sie.
Daman nickte automatisch. Gleichzeitig begriff er, dass sich seine Situation grundlegend verbessert hatte. Nun brauchte die Barbarin ihn und sein Wissen! Und daran konnte er, wenn er es geschickt anstellte, Forderungen knüpfen!
Er ächzte schwer, bis Aruula den Griff um seine Kehle lockerte. Dann hauchte er: »Ich werde dir helfen, Barbarin wenn wir zuvor ein Bündnis schließen!«
Aruulas Augen verengten sich misstrauisch. »Was für ein Bündnis?«, zischte sie.
Daman räusperte sich. »Ich will Jacobos Tod«, erklärte er, »und du willst deinen Gefährten. Ich helfe dir, wenn du für mich Jacobo beseitigst.«
Aruula blieb nicht viel Zeit zum Überlegen. Gerade beugte sich Jacobo über Maddrax und schien zu überlegen, wo er das Messer am besten ansetzte.
»Gut«, willigte sie ein. »Erwecke den Feuerstuhl und durchbrich die Scheibe damit. Ich kümmere mich um Jacobo!«
***
Im gleichen Augenblick, in dem Jacob Smythe das Skalpell auf Matthew Drax‘ Schläfe setzte, röhrte ganz in der Nähe ein Motor auf. Smythe hielt verdutzt inne.
Im nächsten Moment schien die Welt in Myriaden Einzelteile zu zersplittern. Ein Scherbenregen ergoss sich wie in einer Explosion in das Labor.
Matt zuckte unwillkürlich zusammen und war geistesgegenwärtig genug, den Kopf zur Seite zu reißen. Der Druck des Chirurgenmessers verschwand von seiner Schläfe. Die Ereignisse überschlugen sich. Der Irre schrie auf. Die beiden Nosfera fuhren herum. Inmitten des Scherbenregens platzte ein schweres Motorrad mit lautem Gebrüll durch den riesigen Spiegel hinter Smythe. Wie in einer Vision sah Matt Aruulas blauschwarze Mähne und die lange wirbelnde Klinge in ihrer rechten Hand. Vor ihr im Sattel saß Daman, wie ein Rocker
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