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0051 - Das Schiff der toten Seelen

0051 - Das Schiff der toten Seelen

Titel: 0051 - Das Schiff der toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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nahmen sie den Weg durch den Wald, den Zamorra bereits kannte. Wieder sahen sie die fremdartigen, leuchtenden Blüten, die sich im Wind wiegten, sahen glitzernde Quellennymphen in kristallklarem Wasser und tanzende Schleier wie von Feengewändern im Schatten, hörten das leise, glockenhelle Singen – und Nicole und Bill, denen das alles neu war, schritten wie im Traum durch die verwunschene Welt dieses klingenden, überirdischen Zauberlandes.
    Der Weg führte bergan. Die Höhle tauchte auf, der lange Gang, an dessen Wänden phosphoreszierende Funken glommen, der schwarze Torbogen, hinter dem sich die Grotte auftat. Schwarz und unbewegt lag der Spiegel der heiligen Quelle, dunkel und fremdartig – und die drei Menschen verharrten schauernd angesichts der abgründigen Tiefe, die drohend wirkte und zugleich lockend wie ein gefährlich süßes Gift.
    Zamorra nahm das Amulett ab.
    Behutsam berührte er die Wasserfläche mit dem Talisman – und sah zu, wie der schwarze Spiegel silbern aufglänzte. Ein Gesicht erschien. Merlin mit flatterndem schlohweißem Haar, die Züge wie aus dunklem Holz geschnitzt, meergrau die Augen. Leise und raunend klang die Stimme des Zauberers, und es waren Worte, die Zamorra schon einmal gehört hatte.
    »Trinkt das Wasser der Quelle! Das Böse habt ihr besiegt und das geweihte Silber, das ich mit eigener Hand schmiedete, zurückgewonnen. Heimwärts wollt ihr. Trinkt das heilige Wasser, und ich werde euch sicher geleiten…«
    Die Stimme verklang.
    Eine leichte, silbrige Kräuselwelle überspülte das Antlitz im Spiegel, und als das Wasser sich glättete, war die Vision verschwunden.
    Zamorra atmete tief durch, hob den Kopf und suchte Albans Blick.
    Der Kreuzritter lächelte.
    »Fahrt wohl«, sagte er leise.
    »Ich werde zur Burg der Adler kommen, Alban. Noch heute! Und ich werde alles tun, was in meiner Macht steht.«
    »Ich weiß es. Ich danke dir, mein Freund…«
    Alban de Bayard trat zurück.
    Zamorra preßte die Lippen zusammen, sah sich nach Bill und Nicole um. Beide hatten mit weiten Augen die Szene verfolgt, und immer noch standen sie im Bann des rätselhaften Schauspiels.
    »Und jetzt?« fragte Bill heiser.
    »Jetzt sind wir am Ziel«, sagte Zamorra ruhig. »Es genügt, ein wenig Wasser in der Hand zu schöpfen und zu trinken.«
    »Und – wo werden wir landen?«
    »Auf Château Montagne. Ich hoffe es wenigstens.«
    Bill warf ihm einen skeptischen Blick zu.
    Auch Nicole hatte die Stirn gerunzelt, aber sie zögerte nicht. Rasch kniete sie nieder, schöpfte etwas von dem silbern schimmernden Wasser. Zögernd, fast widerwillig tat Bill es ihr nach, und als letzter beugte sich Zamorra hinab, um zu trinken.
    Es war wie beim ersten Mal.
    Dunkelheit sank herab. Zamorra fühlte seine Sinne erlöschen wie Kerzenflammen im Wind. Er sah nicht, hörte nicht. Nur das Gefühl des Schwebens war da, körperlos im unendlichen Raum, taumelnd und haltlos. Zamorra wußte, daß sein Geist Dimensionen durchmaß.
    Er wußte auch, daß keine Zeit verstrich – Zeit existierte nicht in jenem Reich der übersinnlichen Mächte. Die Reise dauerte zwei Ewigkeiten, dauerte den Bruchteil einer Sekunde, sprengte jede Grenze und jedes Maß, und als wie mit einem Blitzschlag Raum, Zeit und Empfindung zurückkehrten, glaubte Zamorra, noch immer in jener geheimnisvollen Grotte auf der Feeninsel Avalon zu stehen.
    Er öffnete die Augen.
    Dunkelheit umgab ihn. Feuchte, modrige Luft und Kälte. Nein, dies war nicht mehr Avalon, sondern…
    »Chef?« kam Nicoles gepreßte Stimme aus dem Dunkel.
    »Ich bin hier. Und du, Bill?«
    »Gleichfalls«, knurrte der Historiker. »Moment mal, irgendwo muß ich die Taschenlampe haben.«
    Er suchte in seinen Taschen, fluchte dabei – aber der Professor wußte, daß er lediglich die Nachwirkungen des Schreckens überspielen wollte. Nur zu gut erinnerte sich Zamorra an seine erste Reise durch die Dimension der Finsternis, an das Gefühl, von seinem Körper getrennt zu sein, an die Todesfurcht und das Grauen. Bill atmete auf, als er die Lampe gefunden hatte. Der dünne Lichtstrahl tastete über Mauern, über feuchte Steinquader – und Sekunden später wußten sie, wo sie sich befanden.
    Das Verlies unter dem Schloßgraben von Château Montagne!
    Jener Raum, in dem Bill und Nicole die Truhe mit dem »Stern des Morgenlandes« und ein Bildnis Leonardos entdeckt hatten und von dem Dämon in die Zeit der Kreuzzüge versetzt worden waren. [2]
    Jetzt war das Gemälde verschwunden. Genau wie

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