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006 - Der lebende Leichnam

006 - Der lebende Leichnam

Titel: 006 - Der lebende Leichnam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
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Partie nicht gewonnen. Ich muss mir unbedingt eine logische Erklärung für meine Anwesenheit im Zentrum für wissenschaftliche Forschung einfallen lassen. Eine Erklärung, die allen Fakten, die ihnen bekannt sind, Rechnung trägt, aber dafür habe ich noch genügend Zeit.
    Ich kann damit rechnen, dass sie mich noch unzählige Male besuchen. Der Untersuchungsrichter hat seine Aktentasche geöffnet und überfliegt die Unterlagen. Am besten ist wohl, ich breche die Sitzung jetzt ab, damit ich Zeit habe, mir einen Plan zurechtzulegen.
    Ich werde ihnen einen Streich spielen und meinen Körper verlassen.
    Ich drücke meine Zigarette im Aschenbecher aus und entspanne mich. Mein Herz schlägt schneller, während ich sie gespannt beobachte. Ich muss mich davon überzeugen, dass sie mich nicht sehen. Schließlich haben Marlat und Mireille mich auch nicht gesehen.
    Es klappt. Dutoit sagt erschrocken: »Er ist ohnmächtig geworden. Rufen Sie die Schwester, Clinchard.«
    Der Gerichtsschreiber läuft sofort zu meinem Bett. Ich habe mich entschlossen, das Wagnis auf mich zu nehmen und ihnen zu folgen, um ihr Gespräch mit Marlat zu belauschen.
    Inzwischen hat der Schreiber die Klingel gefunden, er drückt ein paar Mal auf den Knopf, und kurz darauf erscheint Mireille.
    Wie erwartet, lässt sie die Tür einen Spalt offen.
    »Was ist los?«
    »Er ist ohnmächtig geworden.«
    »Das musste ja kommen. Der Doktor hätte niemals erlauben dürfen, dass Sie ihn belästigen.«
    »Das Gericht …«
    »Sie hätten ja warten können, bis er wieder ganz hergestellt ist. Sind Sie sich eigentlich darüber im Klaren, dass er bis gestern bewusstlos war?«
    »Er hatte nichts dagegen, dass wir ihn besuchen.«
    Während sie sich meinem Bett nähert, gebe ich der Tür einen leichten Stoß, damit sie sich ein wenig weiter öffnet, und gleite in den Gang hinaus.
    Ein Gang mit blaugestrichenen Wänden. Ein kräftiges Himmelblau. Große
    Fenster, die auf einen riesigen Hof gehen. Im Hintergrund sehe ich Bäume und Rasen – ein Park.
    Am Fußboden ein weicher Kunststoffbelag und zwischen den Fenstern breite Kästen mit blühenden Tulpen und Stiefmütterchen in allen Farben.
    Achtzehn Monate. Nach dem hellgrünen Laub an den Bäumen zu urteilen, ist es Spätfrühling. Ich setze mich auf eine Bank neben der Tür zu meinem Zimmer und warte. Dann sehe ich Marlat aus dem Aufzug treten.
    Ein merkwürdiges Gefühl. Ich sitze da, direkt vor ihm, und er sieht mich nicht. Meine Unsichtbarkeit flößt mir Mut ein. Marlat macht ein verdrießliches Gesicht. Sicher hat Mireille ihn inzwischen von meiner Ohnmacht in Kenntnis gesetzt.
    Natürlich ist für einen Arzt das Befinden eines Patienten wichtiger als die Interessen der Justiz. Er betritt im Sturmschritt mein Zimmer, und gleich darauf höre ich seine klare Stimme. Höflich, aber unmissverständlich sagt er dem Untersuchungsrichter und seinen Begleitern, was er von ihrem Besuch hält.
    Doch je länger er spricht, desto mehr regt er sich auf, und schließlich höre ich ihn brüllen, dass ich ein ganz außergewöhnlicher Fall sei, und dass die Wissenschaft durch mich für die Heilung aller durch radioaktive Strahlen ausgelösten Krankheiten wertvolle Erkenntnisse gewonnen hätte.
    Ausgezeichnet. Der Kommissar, der Untersuchungsrichter und der Gerichtsschreiber verlassen mein Zimmer. Der Richter platzt fast vor Wut. Erregt schwingt er seine Aktentasche, während Dutoit nachdenklich vor sich hinblickt.
    »Wir sind nicht daran schuld«, sagt er.
    Sie sind stehen geblieben, wahrscheinlich um auf Marlat zu warten, der sich noch in meinem Zimmer befindet, und Dutoit fügt hinzu:»Im Übrigen ist die Sache jetzt schon so alt, dass man sie fast vergessen hat. Und wir stehen erst am Anfang unserer Ermittlungen.«
    Fautrier schüttelt den Kopf.
    »Einen Augenblick lang habe ich mich von Morels Darstellung beeindrucken lassen, aber das ist alles Unsinn, was er uns da erzählt hat. Die Zeugenaussage der Marie Sauvage ist kaum zu widerlegen.«
    Er klopft dabei auf seine Aktentasche, und Dutoit erwidert unsicher:»Wir hatten vielleicht unrecht, nicht alles aus ihr herauszupressen, was sie wusste.«
    »Im Gegenteil. Vor anderthalb Jahren wäre sie auf der Hut gewesen. Jetzt werden wir sie überrumpeln.«
    Marie Sauvage! Ich hatte sie ganz vergessen. Nie hatte ich dieses Mädchen ernst genommen. Aber sie weiß alles, denn über sie hatte ich mit Artof Kontakt gehalten.
    Ihre Zeugenaussage, hat der Richter gesagt. Was mochte sie Ihm

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