Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
006 - Der lebende Leichnam

006 - Der lebende Leichnam

Titel: 006 - Der lebende Leichnam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
Vom Netzwerk:
sechzehnten Bezirk. Sie hat ausgesagt, im Auftrag Artofs, dessen Sekretärin sie war, mit mir in Verbindung gewesen zu sein.
    In Artofs Auftrag, das will nichts besagen. Damit ist sie kein Risiko eingegangen. Dagegen hat Fautrier herausbekommen, dass sich der Russe für das Zentrum für wissenschaftliche Forschung interessierte. Bei einer Haussuchung fand er einen Plan des Gebäudes. Den Plan, den ich Artof geliefert hatte.
    Im Grund genommen hat der Richter nur bestimmte nahe liegende Überlegungen angestellt. Man findet mich im Flügel F. Marie hat im Auftrag Artofs mit mir in Verbindung gestanden, und der Russe interessierte sich für das Zentrum.
    Das wäre weiter nicht so schlimm. Aber da steht unter Maries Zeugenaussage eine handschriftliche Notiz:
    »Noch einmal prüfen nach Morels Verhör.«
    Also hat er doch den Verdacht, dass sie mehr weiß.
     

     

Plötzlich wird die Toilettentür aufgerissen. Vor Schreck fällt mir das Schriftstück, in dem ich gerade las, aus der Hand und flattert zu Boden. Eine Krankenschwester! Überrascht betrachtet sie die Aktentasche, die an der Wand lehnt, und die verstreuten Unterlagen.
    Mich selbst sieht sie nicht, was jedoch nicht verhindert, dass mein Herz schneller schlägt. Im nächsten Augenblick rennt das Mädchen hinaus. Bestimmt wird sie irgendeine Aufsichtsperson verständigen.
    Ich habe genug erfahren. Vorsichtig begebe ich mich wieder auf den Gang hinaus, wobei ich die Toilettentür nur so weit öffne, dass ich knapp hinausschlüpfen kann. Niemand in Sicht. Ich gehe zurück, um zu sehen, ob der Gerichtsschreiber inzwischen das Verschwinden der Aktentasche gemerkt hat.
    Ja. Ich sehe ihn am Boden knien und unter dem Sessel suchen. Eine Stellung, die gar nicht zu seiner würdevollen Art passt. Ich breche in Gelächter aus.
    Hinter mir höre ich Schritte. Drei Krankenschwestern nähern sich den Toiletten, ihnen voran die Schwester, die mich überrascht hat. Ich kehre in mein Zimmer zurück.
    Eine heikle Sache, das Öffnen der Tür. Mireille wird sicher glauben, dass es plötzlich geistert in der Klinik. Macht nichts. Langsam drücke ich die Klinke herunter, dann öffne ich die Tür.
    Mireille sitzt am Fußende meines Betts. Sie kehrt mir den Rücken zu. Blitzschnell betrete ich das Zimmer, aber die Tür quietscht. Mireille dreht sich um. Sie blickt ein wenig überrascht. Mit ärgerlichem Gesicht steht sie auf.
    Bestimmt glaubt sie, dass Marlat beim Verlassen des Raums die Tür nicht richtig geschlossen hat. Eigentlich ist es nicht schwierig, Gespenst zu spielen.
    Ach, sieh an, man hat mich hingelegt!
    Der Doktor hat recht. Ich sehe tatsächlich aus, als sei ich bewusstlos. Spitze Nase, eingefallenes Gesicht, der Atem kaum wahrnehmbar. Ein Klumpen lebendigen Fleischs, der auf nichts reagiert.
    Ich schlüpfe genau in dem Augenblick in meinen Körper zurück, als Mireille von der Tür zurückkommt. Sofort öffne ich die Augen. Plötzlich friere ich ganz entsetzlich und fange an, mit den Zähnen zu klappern.
    »Haben Sie geschlafen?«
    »Ganz tief. Aber jetzt ist mir eiskalt.« Sie geht zu dem Thermometer, das an der Wand hängt, und sagt:»Etwas über zwanzig Grad.«
    Ich strecke ihr den Arm hin.
    »Fühlen Sie!«
    Mit einem unsicheren Blick legt sie mir die Hand auf den Unterarm.
    »Ihre Temperatur scheint normal zu sein.«
    Ich friere also nur innerlich. Wahrscheinlich habe ich mich zu lange außerhalb meines Körpers aufgehalten. Klar, dass das irgendwelche Folgen hat. Übrigens fühle ich mich inzwischen schon besser. Ich gähne ostentativ.
    »Die Kriminaler haben mich ermüdet.«
    »Der Doktor war wütend.«
    Ein hübsches Mädchen, diese Mireille. Unwillkürlich denke ich an den Kuss, den sie mir gegeben hat. Im nächsten Augenblick beugt sie sich über mich, und ihre Lippen nähern sich den meinen. Sie folgt meinem Willen, aber ich spüre ihr Widerstreben. Ich fange ihre Gedanken auf. Sie ist verwirrt. Sie hat mich ganz spontan geküsst, aber sie ärgert sich darüber.
     

     
    Große Aufregung in der Klinik. Dutoit ist mit Marlat noch einmal in mein Zimmer gekommen. Er hat nicht mit mir gesprochen. Mireille muss ihm gesagt haben, dass ich mein Bett nicht verlassen habe.
    Der Kommissar meinte nur:»Er ist der einzige, den die Ermittlungsakten interessieren könnten.«
    Ich genieße meinen Triumph in vollen Zügen und mache mir bereits einen Plan. Ich muss unbedingt Marie Sauvage beseitigen, bevor sie weitere Aussagen zu Protokoll gibt. Meine Freiheit steht auf dem

Weitere Kostenlose Bücher