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006 - Der lebende Leichnam

006 - Der lebende Leichnam

Titel: 006 - Der lebende Leichnam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
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Klinik heraus, Mireille.«
    »Aber das ist unmöglich. ‚Natürlich, Sie haben recht, ich muss mich noch erholen, aber an einem Strand oder in den Bergen würde ich viel schneller wieder zu Kräften kommen. Nun, wenn ich die Klinik verlasse, brauche ich Sie, Mireille. Ich möchte mich nicht von Ihnen trennen.«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Sie wissen doch, dass Sie, wenn Dr. Marlat Ihnen erlaubt, die Klinik zu verlassen, sofort eingesperrt werden.«
    »Morgen werde ich vor der Polizei eine Aussage machen. Es ist mir wieder eingefallen. Ich weiß jetzt, was ich im Flügel F gemacht habe.«
    »Wollten Sie dort nicht etwas stehlen?«
    »Nein, und wenn mir der Untersuchungsrichter nicht glauben will, wende ich mich an die Spionageabwehr und gebe eine Pressekonferenz.«
    Das alles scheint sie nicht zu überzeugen. Sie bleibt misstrauisch.
    »Wenn Sie wollten, Mireille, könnten wir sehr glücklich sein miteinander, Sie und ich.«
    »Wenn ich wollte?«
    »Das erste, was ich sah, als ich wieder zu mir kam, war Ihr Gesicht. Das scheint ausschlaggebend gewesen zu sein. Ich glaube, ich habe mich in Sie verliebt, Mireille.«
    Plötzlich schüttelt sie energisch den Kopf.
    »Nein. Das darf nicht sein. Ich weiß nicht, was in mir vorgeht. Zweimal habe ich Sie geküsst und mich hinterher über mich selbst geärgert, weil ich es eigentlich gar nicht wollte. Irgendetwas in mir zwang mich dazu. Ich bin verlobt, Jean, und ich liebe meinen Verlobten.«
    »Weniger als mich. Weniger als mich.« Ich dringe in ihre Gedanken ein, und einen Augenblick lang sind ihre Züge vor Überraschung wie erstarrt. Zum Glück hat sie keine Ahnung, dass ich sie beeinflusse. Sie würde das nie für möglich halten.
    »Ach, ich weiß nicht … ich weiß nicht.«
    Erregt steht sie auf und macht ein paar Schritte auf die Tür zu, doch dann kommt sie wieder zurück. Ihr Gesicht ist bleich, und sie atmet schwer.
    »Mein Verlobter würde auf keinen Fall erlauben, dass ich mit Ihnen verreise. Wenn ich ihm das sagen würde, würde er sofort von mir verlangen, dass ich hier kündige.«
    »Wie heißt er?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    Dumme Gans! Da sie an ihn denkt, weiß ich sofort seinen Namen. Denis Talber. Er wohnt in Courbevoie und hat eine Tankstelle am Seine-Ufer in der Nähe der Neuilly-Brücke.
    Ein Tankwart! Mireille geht immer noch erregt auf und ab. Umso schlimmer für sie – und für diesen Denis Talber. Mit dem werde ich ganz schnell fertig. Er wird verschwinden. Ganz einfach. Nichts und niemand soll mir im Weg stehen. Ich brauche nicht einmal eine Entscheidung zu treffen. Sie ist schon gefallen.
    Ich lächle enttäuscht und spiele ihr eine Komödie vor, denn sie darf meine Absichten nicht erraten.
    »Natürlich, wenn Sie diesen jungen Mann lieben, möchte ich Ihrem Glück nicht im Wege stehen.«
    Das rührt sie, denn sie setzt sich wieder neben mich.
    »Aber Sie können mir nicht verbieten zu hoffen, Mireille. Man kann nie wissen. Vielleicht sind Sie eines Tages frei.«
    Warum nicht so tun als ob. Schließlich gehe ich keinerlei Risiko ein, denn sie wird dabei sein, wenn ich den Tankwart erledige.
    Mein Entschluss steht fest. Nichts kann mich davon abbringen. Diesmal werde ich tagsüber die Klinik verlassen. Die Neuilly-Brücke ist knapp einen Kilometer von hier entfernt. Ich werde meinen Körper nicht zu lange verlassen müssen. Dadurch erspare ich mir die Angst, die ich auf der Place de la Muette ausgestanden habe.
    Ich riskiere nichts mehr. Nie wieder werde ich etwas riskieren. Immer werde ich ein unwiderlegbares Alibi haben. Wilde Freude erfüllt mich.
    »Erzählen Sie mir von Ihrem Verlobten, Mireille.«
    Es interessiert mich in Wirklichkeit gar nicht, was sie sagt. Ich folge ihren Gedanken. Durch ihre Erinnerungen hindurch sehe ich die kleine Tankstelle am Rand der steilen Böschung über der Seine. Ich sehe auch den jungen Mann.
    Kein besonders attraktiver Typ. Ein Angeber. Kleiner schwarzer Schnurrbart. Reißt gern blöde Witze.
     

     

Ich habe geschlafen. Es war ein tiefer Schlaf voll von Alpträumen und aufregenden Visionen. Ich verfügte über märchenhafte Reichtümer, und die Welt lag mir zu Füßen. Ich besaß geheimnisvolle Kräfte, gegen die jede Polizei machtlos war.
    Ich fühle mich müde, wahrscheinlich kommt das von den intensiven Träumen. Aber vielleicht ist auch mein gestriger Ausflug daran schuld. Mireille misst meine Temperatur. Ich habe etwas Fieber. Sie sieht mich zweifelnd an und wirkt irgendwie

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