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006 - Der lebende Leichnam

006 - Der lebende Leichnam

Titel: 006 - Der lebende Leichnam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
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verlegen.
    Vielleicht weil ich keinerlei Anspielung auf unsere Unterhaltung von heute Nacht mache. Da ich ihre Reserviertheit spüre, möchte ich sie nicht beunruhigen. Auf jeden Fall nicht, bevor ich Denis Talber beseitigt habe.
    Ich hätte gern eine Zeitung gelesen, aber ich darf nicht zu früh nach einer fragen. Wahrscheinlich steht in den Morgenausgaben noch nicht viel über die Ermordung Marie Sauvages. Ich werde bis Mittag warten.
    »Mireille! Haben Sie den Doktor darüber informiert, dass ich mein Gedächtnis teilweise wieder gefunden habe?«
    »Ja.«
    »Hat er den Untersuchungsrichter benachrichtigt?«
    »Ja. Aber ich weiß nicht, ob er ihm erlauben wird, Sie heute zu sprechen.«
    »Ich bin durchaus imstande, eine Aussage zu machen. Marlat könnte sie aufzeichnen und an den Untersuchungsrichter weiterleiten.«
    »Das können Sie mit ihm selbst besprechen.«
    Sie scheint nicht sehr begeistert zu sein von meinem Vorschlag. Vielleicht weil ich etwas Temperatur habe.
    »Auf jeden Fall ist diese Aussage ja nicht so eilig.«
    Ich mache ein zerknirschtes Gesicht und sage: »Jetzt, da ich weiß, dass Sie nicht mit mir gehen werden, bin ich gar nicht mehr so versessen darauf, die Klinik zu verlassen.«
    Sie wird rot und hilft mir beim Aufstehen. Ich scheine allmählich zu Kräften zu kommen. Heute kann ich bereits stehen und sogar ohne Hilfe ein paar Schritte im Zimmer gehen.
    »Ich erhole mich erstaunlich schnell. Ich mache große Fortschritte.«
    »Zu große. Das ist beunruhigend.«
    Ich lache. Leider biete ich keinen besonders schönen Anblick. Dürr wie ein Skelett.
     

     
    Marlat kommt herein und sieht mich im Zimmer auf und ab gehen. Er runzelt die Stirn.
    »Sehr unvorsichtig, was Sie da tun.«
    »Ich zwinge mich nicht dazu und fühle mich sehr wohl dabei.«
    Ja. Plötzlich fällt mir auf, dass die Müdigkeit, die ich beim Erwachen verspürte, ganz verschwunden ist. So als ob sich mein Körper erholte, wenn ich ihn verlasse.
    »Mireille hat mir gesagt, dass Sie mit Fieber aufgewacht sind.«
    »Es ist jetzt wieder weg.«
    Ich blicke auf den Sessel, setze mich hin und zünde mir eine Zigarette an.
    »Hat Mireille Ihnen auch gesagt, dass ich mein Gedächtnis wieder gefunden habe?«
    »Ja. Aber der Untersuchungsrichter will noch warten.«
    »Möchten Sie nicht erfahren, was tatsächlich im Flügel F passiert ist?«
    Ich lächle ironisch. Er lehnt sich an mein Bett und sieht mich mit einem Blick an, über dessen Bedeutung ich mir nicht ganz klar werde.
    »Erzählen Sie.«
    »Eine junge Frau nahm mit mir Kontakt auf. Sie war die Sekretärin eines gewissen Artof, und ich habe mit ihm gesprochen. Ein Russe. Er hat mir vorgeschlagen, einen Einbruch in das Zentrum für wissenschaftliche Forschung zu organisieren.«
    »Und Sie haben akzeptiert?«
    »Nein. Er war hinter den Plänen für eine Rakete her und außerdem wollte er die Formel einer neuen Legierung. Beides befand sich im Panzerraum des Zentrums. Ich habe abgelehnt. Ich bin zwar kein unbeschriebenes Blatt, aber ich liebe mein Vaterland.«
    Ich konzentriere mich auf Marlats Gedanken, so stark ich kann, und lese sie ohne jede Mühe. Mein körperlicher Zustand verwirrt ihn. So rasche Fortschritte hatte er nicht erwartet.
    Für ihn ist meine Genesung kein normaler Vorgang. Er steht vor einem Rätsel. Mit den herkömmlichen medizinischen Theorien kann man meinen Fall nicht erklären.
    Ich bin in seinen Augen ein Phänomen, ein Ungeheuer, denn er ist fest davon überzeugt, dass sich mein Stoffwechsel von Grund auf verändert hat. Er macht sich auf überraschende Veränderungen bei mir gefasst.
    Das beunruhigt mich ein wenig, denn er ist der Wahrheit sehr nahe. Er betrachtet mich bereits als einen Mutanten. Für ihn habe ich unzählige Stufen der normalen Entwicklung des Menschen mit einem Satz übersprungen.
    Er glaubt auch, dass ich, ohne es zu wissen, übernatürliche Kräfte besitze. Gefährlich. Wahrscheinlich werde ich bald gezwungen sein, ihn als meinen Feind zu betrachten.
    Trotzdem bleibe ich freundlich und lächle. Aber in meinem Unterbewusstsein höre ich eine Art Alarmsignal. Er beginnt bereits, sich Fragen über die Ereignisse von gestern Nachmittag, besonders über die Aktentasche zu stellen.
    Er glaubt, dass ich Mireille hypnotisiert und in Schlaf versetzt habe, ebenso den Gerichtsschreiber und die Krankenschwester auf der Toilette. Das wäre eine Erklärung. Gewiss. Inzwischen beende ich meine Aussage.
    »In der Unterwelt erfährt man viele Dinge

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