006 - Der Teufelskreis
Schwarze Familie auseinanderfallen, und wir könnten die Dämonen leichter bekämpfen als bisher.«
Morton lachte. »Verzeihen Sie, Dorian, wenn ich das sage, aber diese Vorstellung ist reichlich naiv. An den Fürst der Finsternis kommen Sie nicht so leicht heran. Indem Sie einen Kleinkrieg gegen die Dämonen führen, können Sie ihn nicht aus der Reserve locken. Für ihn sind Sie ein Wurm, den zu zertreten es sich nicht lohnt. Er mischt sich auch in den Kampf der Menschen nicht persönlich ein.«
Dorian nickte. »Ich fürchte, Sie haben recht«, sagte er bedrückt. »Aber was könnten wir tun, um an das Oberhaupt persönlich heranzukommen?«
»Im Moment nichts«, antwortete Morton. »Wir müssen auf unsere Chance warten. Und wenn sich uns die Gelegenheit bietet, dann müssen wir sie ergreifen. Aber es wird noch viel Wasser den Hudson hinunterfließen, bevor wir soweit sind.«
»Ich werde ihm schon zeigen, daß er mich fürchten muß«, brummte Dorian gepreßt.
Das Taxi hielt an. Morton entlohnte den Fahrer, und sie stiegen aus. Der Dämonenkiller zog sich den leichten Regenmantel fester um den Körper. New York im Februar war um einiges kälter als Los Angeles. Er würde sich als erstes wärmere Kleidung besorgen müssen.
»Da sind wir«, sagte Morton und deutete auf ein Haus, das zwischen Künstlerkneipen und Galerien eingebettet war. »Mein Unterschlupf liegt im obersten Stock. Einen Lift gibt es leider nicht.«
Sie stiegen durch das düstere Stiegenhaus in die sechste Etage hinauf. Einige verwilderte Gestalten, die ihnen entgegenkamen, beachteten sie überhaupt nicht. Als sie den letzten Treppenabsatz erreichten, holte Morton einen Schlüssel heraus und sperrte die einzige Tür auf.
Dorian hatte sich schon gedacht, daß Mortons Unterschlupf besser ausgestattet sein würde, als es die Fassade des Hauses vermuten ließ, aber er war trotzdem überrascht, als er die geschmackvoll eingerichteten, wohnlichen Räume betrat. Der Flur war so groß, daß er gut einem Dutzend Leute auf einmal Platz bot. In einer Ecke stand ein zwei Meter großer menschlicher Torso aus Bronze, ein messingverzierter Kleiderständer auf der anderen Seite. Eine Tür führte in eine kleine Küche, eine andere in das fünfzig Quadratmeter große Atelier, in dem zwar ein heilloses Durcheinander herrschte, das aber dennoch nicht verwahrlost wirkte. Staffeleien standen ungeordnet herum, eine Töpferscheibe versperrte in der Mitte des Raumes den Weg, auf einem großen Arbeitstisch in der Ecke türmten sich Malutensilien, die Wände waren förmlich mit Graphiken tapeziert, und dahinter lagen Sitzpolster mit bunten Überzügen.
Morton öffnete eine Tür, hinter der ein kleiner Raum mit einer weichen Liege und einem Einbauschrank lag. »Das ist Ihr Zimmer«, sagte er. »Ich hoffe, daß Sie sich hier wohl fühlen. Aber viel Zeit werden Sie hier ohnehin nicht verbringen, und für eine Nacht wird es schon reichen.«
Dorian stellte seine Reisetasche auf das Bett und begann mit dem Auspacken.
Morton hatte sich zurückgezogen. Als Dorian das Atelier betrat, kam er mit einem Bündel Briefen aus dem Vorzimmer. Dorian sagte ihm, daß er sich den Witterungsverhältnissen entsprechend einkleiden müsse.
»Das können wir sofort erledigen«, sagte Morton, während er seine Post durchging. »Ich schlage vor, wir machen einen kleinen Einkaufsbummel und gehen dann nach Chinatown, um zu Abend zu essen. Mögen Sie chinesische Kost, Dorian?«
Der Dämonenkiller hatte nichts dagegen einzuwenden.
Morton öffnete ein Telegramm und lächelte. »Von Roul«, erklärte er. »Er muß es abgeschickt haben, direkt nachdem wir Beverly Hills verließen. Er teilt mir mit, daß keine Komplikationen wegen der Vorfälle im Carmelita-Sanatorium zu erwarten seien, und daß Ihr Freund Jeff Parker einen Ersatz für Dorothy Malone gefunden hat.«
»So schnell?« wunderte sich Dorian.
Noch vor zwölf Stunden hatte Jeff Parker keine von den sechs zur Auswahl stehenden Schauspielerinnen akzeptiert. Dorian wollte etwas sagen, merkte dann aber, wie sich Mortons Miene verfinsterte. Er hatte einen Briefumschlag geöffnet und ihm ein Blatt steifes Papier entnommen. Als er es entfaltete, erkannte Dorian an der schwarzen Umrandung, daß es sich um eine Todesanzeige handelte. Morton starrte lange darauf, dann blickte er Dorian an. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck der Trauer.
»Ein Todesfall in Ihrem Bekanntenkreis?« fragte Dorian, weil er glaubte, daß Morton diese Frage
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