006 - Die Schuld des Anderen
so wichtig gewesen sein - sagen Sie in solchen Fällen einfach, daß ich im Ausland bin. Noch etwas?«
»Nein, Sir.«
Mit einem kurzen Kopfnicken verabschiedete sich der Mann im schwarzen Mantel und entfernte sich in Richtung Cheapside.
Zwei Männer folgten ihm vorsichtig. Es war nicht schwierig, ihn im Auge zu behalten, die Straßen waren fast menschenleer, und er ging sehr langsam. Aber dann hielt er ein vorbeifahrendes Taxi an.
Einer der beiden Verfolger, die schon dicht bei dem wartenden Taxi angelangt waren, machte ein paar schnelle Schritte und hörte gerade noch, wie der Mann im schwarzen Mantel, bevor er in den Wagen stieg, das Fahrtziel angab.
Das Taxi fuhr los, und die beiden blieben aufgeregt zurück.
»Er will zum amerikanischen Konsulat -«, rief der erste, »schnell, wir müssen ein Taxi finden und ihm folgen!«
Sie hatten Glück - als sie die Straße entlang liefen, kam ihnen ein Taxi entgegen, noch bevor die Schlußlichter des andern Wagens verschwunden waren. Sie stiegen ein, drückten dem Chauffeur einen Geldschein in die Hand und konnten nach fünf Minuten mit Befriedigung feststellen, daß es ihnen gelungen war, das erste Taxi, das an einer Kreuzung hatte warten müssen, einzuholen. Beim Piccadilly Circus klopfte einer der Verfolger dem Chauffeur auf die Schulter.
»Halten Sie etwa fünfzig Meter vor dem amerikanischen Konsulat, sofern der Wagen da vorn nicht weiterfährt.«
Tatsächlich verringerte das erste Taxi kurz vor dem Konsulat sein Tempo, fuhr an den Straßenrand und stoppte ganz ab.
Der Chauffeur des zweiten Autos hielt, wie ihm aufgetragen worden war, in einiger Entfernung ebenfalls an. Die beiden Männer sprangen heraus, doch als sie auf dem Trottoir standen, sahen sie, daß der vordere Wagen plötzlich wieder anfuhr und mit quietschenden Reifen um die nächste Ecke verschwand.
Fluchend stiegen sie wieder ein und nahmen die Verfolgung von neuem auf. Aber sie hatten kein Glück mehr - soviel sie auch kreuz und quer herumfuhren, der Wagen war und blieb verschwunden.
Sie bezahlten den Chauffeur und schlenderten durch die nächtlichen Straßen. Gegen helle, erleuchtete Plätze schienen sie eine Abneigung zu haben. Sie hielten sich, so gut es ging, im Dunkeln.
»Er hat uns tatsächlich an der Nase herumgeführt!« knurrte der eine.
Der andere murmelte nur etwas Unverständliches vor sich hin. Er war viel schweigsamer als der Untersetzte, der gesprochen hatte. Auch äußerlich unterschied er sich vom ersten durch seine große, kräftige Figur und die Narbe quer über dem Kinn.
»Es ist besser, wenn wir uns jetzt wieder trennen«, sagte der Kleinere schließlich und gab seinem Begleiter nachlässig einige Geldscheine. »Ich werde versuchen, den Chef zu erreichen.«
Eine halbe Stunde später schlenderte Cornelius Helder durch die Upper Street, als plötzlich der untersetzte Mann neben ihm auftauchte und mit ihm weiterging.
»Wir haben leider seine Spur verloren«, entschuldigte er sich.
»Sie sind ein Idiot!« zischte Helder wütend. »Sagen Sie bloß noch, daß Sie sich so auffällig betragen haben, daß alle Polizisten Londons auf Sie aufmerksam geworden sind!«
»Ich möchte Ihnen raten, ein wenig freundlicher mit mir zu reden. Schließlich habe ich in der letzten Zeit sehr viel für Sie getan - viel zuviel! Glauben Sie vielleicht, es hätte mir Spaß gemacht, in allen Zeitungen meinen Steckbrief zu lesen?«
»Deswegen brauchen Sie sich keine grauen Haare wachsen zu lassen«, erwiderte Helder. »Kein Mensch würde Sie nach jener Beschreibung erkennen.«
»Na, das ist auch das einzig Tröstliche an der Sache …«
»Auf jeden Fall hätten Sie es sich selbst zuzuschreiben, wenn Sie geschnappt würden. Vergessen Sie nicht, daß Sie lediglich den Auftrag hatten, mit Maple zu verhandeln. Sie sollten ihn nur dazu bringen, daß er uns seine Entdeckung gegen ein entsprechendes Honorar zur Verfügung stellt.«
»Na ja, ich bin nervös geworden -«, gab der andere zu. Dann packte er Helder am Arm. »Sagen Sie mal - Sie lassen uns doch nicht im Stich? Nehmen wir an, man würde uns verhaften - dann könnten Sie die Sache drehen, daß wir freikommen?«
»Ich glaube nicht«, sagte Helder kühl.
»Dann kann ich Ihnen versichern, daß wir Sie mit in die Sache hineinziehen werden!«
»Das wird Ihnen kaum gelingen, mein Lieber! In einem solchen Fall weiß ich von gar nichts, verstehen Sie? Sie sind vorrückt, wenn Sie versuchen wollen, mir zu drohen. Glauben Sie bloß nicht, daß
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