0061 - Unser Mann kam aus Neapel
bevor wir gefrühstückt hatten, verlangten uns bereits zwei sehr farbenfreudig gekleidete Herren zu sprechen, die es zwar nicht für nötig hielten, ihre Namen zu nennen, die aber dafür in einem geradezu grauenhaften Englisch unseren gestrigen Partner, Mr. Metullo, einen Strolch und Halsabschneider nannten, während sie ohne Scheu von sich selbst behaupteten, wirkliche Ehrenmänner zu sein.
»Hören Sie«, übernahm Phil die Führung des Gesprächs. »Ich habe den Eindruck, dass alle hier versuchen, uns mehr oder weniger übers Ohr zu hauen. Wir würden unser Geschäft am liebsten mit einem Amerikaner abwickeln.«
Einer der bunt gekleideten Herren rollte die Augen.
»Nix Amerikaner in Napoli!«, versicherte er.
»Nun, es braucht kein amerikanischer Staatsbürger zu sein, aber irgendjemand, der in den Staaten gearbeitet hat. Bringen Sie uns einen solchen Mann, und wir reden weiter.«
Während des Frühstücks erschienen drei ziemlich massive Gestalten, die Pullover und Seemannshosen trugen. Sie sprachen kein Wort Englisch, und da Tonio nicht aufzutreiben war, mussten wir die Hilfe des Hotelportiers in Anspruch nehmen.
»Sie sagen, sie hätten ein Boot für Sie, Sir«, übersetzte der Portier.
Phil und ich verständigten uns.
»Wenn wir unsere Rolle mit Erfolg weiterspielen wollen, müssen wir auch die Gelegenheiten wahrnehmen, die sich uns bieten.«
Ich nickte und bat den Portier, unseren Besuchern zu erklären, dass wir nach dem Frühstück mit ihnen gehen würden. Sie nickten, zogen sich an einen Ecktisch zurück und sahen uns zu, wie wir uns die Brötchen in den Mund schoben.
Draußen hatten die Seeleute einen viersitzigen Wagen stehen, in den wir uns zu fünf hineinzwängten, da unser Wagen nicht zu finden war. Sie fuhren uns in den Hafen, vorbei an einer Menge Schiffe jeder Sorte und stoppten schließlich vor einem Kahn, der meiner Meinung nach nur noch durch die Muscheln zusammengehalten wurde, die sich an ihm angesetzt hatten.
Da eine Verständigung durch Worte nicht möglich war, schüttelte ich nur den Kopf.
Der Anführer der drei Piraten packte mich am Ärmel.
»Gut Schiff!«, gurgelte er. »Very gut Schiff!«
»Verschrotte den Kahn«, antwortete ich. Natürlich verstand er mich nicht, aber er hörte am Tonfall, dass ich keine Lobeshymnen über seinen Kahn sang. Er griff mit der zweiten Hand zu und sprudelte italienische Sätze hervor. Ich staubte mir seine Pfote vom Jackett und wir gingen. Sie rannten ein ganzes Stück hinter uns her, und ich glaube, sie beschimpften uns mächtig, aber es störte uns nicht sehr, denn wir verstanden es ja nicht.
Im Hotel wartete bereits Mr. Metullo auf uns und machte uns bittere Vorwürfe, dass wir überhaupt mit irgendwem außer ihm gesprochen hatten. Nur mit Mühe konnten wir ihn beruhigen, dass wir nach wie vor bereit seien, ihm die Ladung zu verkaufen.
Im Laufe dieses Tages erhielten wir Besuch von noch sieben Leuten, die alle wussten, dass wir Zigaretten ladungsweise zu verkaufen hatten, und die sich alle in irgendeiner Form an dem Geschäft beteiligen wollten. Phil brachte jedes Mal seinen Satz vom amerikanischen Bürger. Die letzten Besucher waren die farbenfreudigen Gentlemen von heute Morgen. Sie schleiften zwischen sich einen knickebeinigen, stoppelbärtigen Burschen von einigen sechzig Jahren, der uns mit zahnlosem Mund angrinste und »Hallo, Boys«, krähte.
»Americano!«, versicherten sie und zeigten auf den Stoppelbärtigen. »Good Friend von uns!«
Der Zahnlose kauderwelschte gewaltig darauf los, versicherte, dass er zu seiner Zeit eine große Nummer in den Staaten gewesen wäre, und dass seine Freunde hier die besten und korrektesten Gangster in ganz Italien seien. Schließlich stellte sich heraus, dass er vor rund vierzig Jahren mal in Amerika an einer Eisenbahnlinie gearbeitet hatte und zweimal wegen Trunkenheit in der Öffentlichkeit eingelocht worden war. Wir spendierten ihm einen Drink und warfen die beiden anderen hinaus.
»Jedenfalls funktioniert Tonios Idee großartig«, stellte Phil fest. »Wenn Cavari wirklich in Neapel ist, muss auch er von dem angeblichen Zigarettengeschäft Wind bekommen haben, und eigentlich müsste er neugierig genug sein, sich die Leute anzusehen.«
»Ich wünschte, dieser Tonio tauchte endlich wieder auf«, brummte ich. »Es geht mir auf die Nerven, mit Leuten zu sprechen, deren Sprache ich nicht verstehe.«
Aber Vitelli erschien erst um Mitternacht, als wir uns bereits an der Bar langweilten.
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher