0061 - Unser Mann kam aus Neapel
zahlten, kletterten in das neue Auto. Tonio gab seinen Platz am Steuer nicht auf.
Auf Straßen, auf denen schon die Legionen marschiert waren, kutschierte er uns nach Neapel. Wir zwangen ihn, sich Zeit zu lassen.
Nach vier Stunden tauchte der Vesuv auf, und dann waren wir im Handumdrehen in Neapel.
Ich habe eine Menge Städte in meinem Leben gesehen, aber dieses Neapel beeindruckte mich trotzdem. Es war unglaublich schön, unglaublich dreckig und unglaublich heiß. Außerdem noch unglaublich laut. Es strotzte vor Hotels, die Miami alle Ehre gemacht hätten, aber unmittelbar hinter den Hotels schoben sich die Häuser zu Gassen zusammen, die so eng waren, dass kein Wagen passieren konnte, und in denen die Wäsche quer von Haus zu Haus über unseren Köpfen flatterte. Auf den Hauptstraßen flitzten die Autos durcheinander, dass ein New Yorker Cop beim Anblick dieser ununterbrochenen Verkehrswidrigkeiten einem Schlaganfall erlegen wäre.
Tonio verfrachtete uns in ein First-Class-Hotel.
»Amerikaner sind reich«, grinste er.
»Du überschätzt unseren Wochenlohn gewaltig«, brummte Phil, aber wir ließen uns dennoch zwei Zimmer im zweiten Stock anweisen.
Von unserem Balkon aus hatten wir einen herrlichen Blick über den Golf. Im blauen Dunst der Ferne verschwammen die Inseln Ischia und Capri und die Halbinsel von Sorrent.
»Sie werden hinfahren müssen«, sagte Tonio. »Alle Amerikaner fahren hin.«
Dann verschwand er und kam erst wieder, als wir am Abend dabei waren, uns im Speisesaal des Hotels endgültig in meterlange Nudeln zu verwickeln.
Er kam nicht allein, sondern er hatte einen dicken, öligen und etwas asthmatischen Herrn bei sich, der sich ständig den Schweiß von der Stirn wischte. Er sah gemütlich aus, aber nur auf den ersten Blick. Seine flinken Augen hatten einen alles andere als gemütlichen Blick.
»Signore Metullo«, stellte Tonio den Fremden vor.
»Ich kaufe alles«, sagte der Dicke. »Ich kaufe besonders gern amerikanische Ware.«
»Wie viel für die Stange?«, fragte Phil.
»2000 Lire die Stange.«
»In Dollars?«
»Zwei Dollar und dreizehn Cents.«
Ich wiegte den Kopf und Signore Metullo sagte rasch: »Zwei Dollar und zwanzig Cents, nur, wenn Sie die Ware zur Übernahme an die italienische Küste bringen.«
»Tut mir leid«, erklärte ich. »Kenne mich mit euren Verhältnissen nicht genug aus, um die Ladung durchzuschmuggeln. Zahlen Sie zwei Dollar und zehn Cents und holen Sie sich die Ladung in Korsika ab.«
Metullo machte eine entrüstete Geste. »Unmöglich, Signore, ich bin ein Kaufmann, aber kein Schmuggler«, erklärte er würdevoll, wenn auch in schlechtem Englisch.
Tonios Augenlider zuckten rasch. Ich verstand die Geste.
»Okay, Mr. Metullo«, sagte ich lässig. »Dann besorgen Sie uns eine zuverlässige Mannschaft, möglichst mit eigenem Boot, die unsere Ladung nach Italien bringt.«
Er wiegte den Kopf. »Sehr schwierig, Signore, sehr schwierig. Wie wollen Sie das zahlen?«
»Wir schlagen es auf den Preis und Sie zahlen!«
»Unmöglich, Signore«, kreischte er. »Ich verdiene ohnedies kaum etwas an der Packung. Ich…«
Er schilderte uns eingehend seinen finanziellen Ruin, jammerte und presste sich fast sogar ein paar Tränen ab, aber schließlich einigten wir uns auf 2 Dollar und dreiundzwanzig Cents, wobei zur Bedingung gemacht wurde, dass Metullo uns eine Bootsmannschaft besorgen würde, die nicht mehr als zehn Cents Transportkosten für die Stange berechnen würde.
»Sie hören von mir«, erklärte er, als er sich verabschiedete.
Tonio blieb.
»Schön«, sagte ich. »Ohne Zweifel haben Sie uns mit einem Mitglied der neapolitanischen Unterwelt in Verbindung gebracht Tonio, aber wie soll die Geschichte jetzt weitergehen?«
»Metullo wird nach einer Mannschaft suchen. Dadurch erfahren viele Leute, dass zwei Amerikaner mit Ware in Neapel sind. Eine Menge Leute werden sich an Sie heranmachen, Leute, die gut Bescheid wissen. Es ist Ihre Sache, dabei etwas über Ihren Mann zu erfahren.«
»Gute Idee«, lobte Phil. »Wahrscheinlich die Einzige, die sich im Augenblick durchführen lässt. Aber was machen wir, wenn Mr. Metullo mit der Mannschaft ankommt, um eine Bootsladung Zigaretten abzuholen, die wir nicht haben?«
Phil traf den Nagel auf den Kopf. Im Augenblick wussten wir alle keine Antwort.
Schließlich sagte ich: »Wenn es soweit ist, werden wir eben eine Ladung Zigaretten besorgen.«
***
Tonios Voraussage erfüllte sich schon am nächsten Morgen. Noch
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