0063 - Der Hüter des Bösen
aufgefallen war? Ja, durchaus! Nach seiner Rückkehr aus dem Iran – er hatte dort zusammen mit Pierre Martin geschäftliche Besprechungen geführt – erschien er ihr irgendwie verändert. Geistesabwesend, nervös, hektisch – so konnte man es wohl ausdrücken. Und seine Beziehung zu Martin? Diese Frage beantwortete sie nur mit einem Achselzucken. Ihres Wissens hatten sich die beiden in den letzten Tagen gar nicht mehr getroffen. Warum? Das wusste sie nicht zu sagen.
Zamorra verabschiedete sich. Es war nicht viel bei der Unterhaltung herausgekommen. Immerhin – Montpellier und Martin schienen sich auf dieser Iranreise entzweit zu haben. Und Montpellier war anschließend nervös und hektisch gewesen. Aber war dies der Beweis für den Einfluss eines Dämons? Sicherlich nicht.
Mit dem Leihwagen, den er sich genommen hatte, fuhr der Professor anschließend zur Villa des Ermordeten. Auch hier roch alles nach Geld – das Haus selbst, der Park ringsum, die Inneneinrichtung. Martin war Witwer gewesen. Für den Haushalt verantwortlich waren ein Hausdiener und eine Köchin. Außerdem gab es noch den Chauffeur, der mit seiner Frau in einem kleinen Anbau wohnte.
Zamorra sprach mit allen Anwesenden, erfuhr aber nichts Neues.
Die Augenzeugen des Mordes wiederholten ihre polizeilichen Aussagen. Ob Martin nach der Iranreise ebenfalls schlecht auf Montpellier zu sprechen gewesen war, konnte ihm niemand sagen. Dar Ermordete hatte keinen allzu engen Kontakt mit seinen Bediensteten gepflegt.
Wider Erwarten traf Zamorra in der Villa noch eine Person an, die in den polizeilichen Protokollen nicht erwähnt worden war: Jean Martin, den Sohn des Industriellen. Und in dem Gespräch mit dem jungen Mann deutete sich endlich ein Fortschritt an.
Jean Martin hatte ihn zu einem Drink an die Hausbar eingeladen.
Während der junge Mann die Getränke zubereitete, hatte der Professor ausgiebig Gelegenheit, ihn in Augenschein zu nehmen.
Martins Sohn war noch jung, knapp zwanzig vielleicht. Kräftig, groß und mit blonden Locken geschmückt war er sicherlich der Traum so manch schlafloser Jungfrau. Der Junge wirkte nicht unsympathisch, und doch war da etwas in seinem Wesen, das irgendwie abstoßend wirkte. Was dies allerdings war, konnte Zamorra auch nicht sagen.
Er bekam seinen Whisky. Martin, der sich selbst einen Sidecar gemixt hatte, prostete ihm zu.
»Was wollen Sie eigentlich von mir?«, fragte er. »Und vor allen Dingen – wer sind Sie?«
Der Professor berief sich auf den Polizeipräfekten, in dessen Vollmacht er handelte. »Und was ich von Ihnen will? Nicht viel. Nur ein paar Fragen, die vielleicht ein bisschen Licht in die Dunkelheit des Mordhergangs bringen könnten.«
»Na, dann schießen Sie mal los.«
Zamorra nickte. »Wo waren Sie zur Zeit des Mordes?«, wollte er wissen.
»In Amerika. Ich studiere da, müssen Sie wissen.«
»Und Sie sind nach Europa zurückgekommen, als Sie vom…«
»… Tode meines Vaters hörte, sehr richtig.«
Wieder eine Sackgasse , dachte Zamorra. Wenn der Junge in der fraglichen Zeit gar nicht im Lande gewesen war, konnte er ihm kaum nützliche Informationen liefern.
Mit dieser Annahme sah er sich jedoch getäuscht.
»Sie wollen den Mörder meines Vaters fassen, nicht wahr?«, fragte Martin junior.
»Es ist das ständige Bestreben der Polizei, Mörder zu fassen«, antwortete der Professor ausweichend.
»Aber Sie haben bisher keinerlei Anhaltspunkte, wie Sie das anstellen sollen, stimmt’s?«
Zamorra sah keine Veranlassung zuzugeben, dass die Polizei tatsächlich noch im dunkeln tappte, was den Aufenthaltsort Montpelliers anbetraf. »Das will ich nicht sagen«, antwortete er deshalb.
Martin grinste. »Na, dann sagen Sie mir doch mal, wo Montpellier jetzt ist.«
So gefragt, konnte Zamorra doch nur die Achseln zucken.
»Sehen Sie«, sprach Jean Martin weiter. »Sie haben nicht die geringste Ahnung. Aber vielleicht kann ich Ihnen die Arbeit abnehmen.«
»Sie?«
»Ich, jawohl! Ich weiß, wo der Feind ist.«
Feind? Was war denn das für eine ungewöhnliche Ausdrucksweise? Und noch etwas ließ Zamorra stutzen. Er glaubte im Gesicht des Jungen eine gewisse Veränderung feststellen zu können. Seine Züge wurden plötzlich ganz hart und kantig, und seine Augen bekamen einen feurigen Glanz. Sekunden später zeigte Martin jedoch wieder sein übliches, ein bisschen verweichlichtes Gesicht.
»Sie wissen, wo Montpellier ist?«, fragte er gespannt.
»Er kommt hierher!« Martins Stimme drückte
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