0063 - Sandra und ihr zweites Ich
Aber Flint drehte durch.
Suko glaubte, der Mann würde sich beruhigen, nachdem er mich erkannt hatte, doch das Gegenteil trat ein. Flint stierte mit irrem Blick um sich. Er lallte sinnloses Zeug.
Er hatte durch den Schock völlig den Verstand verloren. Ehe ich etwas unternehmen konnte, rannte er zur Treppe.
»Flint!« Wir rannten hinter ihm her, aber wir holten ihn nicht ein.
Weit vor mir hetzte er auf die Straße hinaus.
Im nächsten Augenblick erscholl ein markerschütternder Schrei.
Sekunden später preschte ich auf den Bürgersteig und wäre beinahe über die schrecklich zugerichtete Leiche Larry Flints gestolpert.
***
Vergeblich blickte ich mich nach Sandra Stanwick um. Der Dämon war nicht mehr zu sehen. Entweder hatte er sich aufgelöst oder sich irgendwo verborgen. Der dichte Nebel machte jede Verfolgung unmöglich.
Ich wandte mich an meine Freunde, die blaß neben mir standen. »Ich rufe meine Kollegen. Wenn Sandra Stanwick auftaucht, lauft um euer Leben, so schnell ihr könnt. Kommt zu mir!«
Jane Collins starrte unverwandt auf den Toten. Suko nickte mir beruhigend zu.
»Wird gemacht, John«, sagte er energisch, aber seine Stimme klang belegt. So schnell warf meinen Freund nichts um, aber zwei so schrecklich zugerichtete Tote in einer Nacht, das war auch für ihn viel.
Ich ging zu meinem Bentley und forderte zum zweiten Mal die Mordkommission an. Es ging nur um die Vorschriften. Herausfinden konnten meine Kollegen nichts.
Und ich gab auch eine genaue Beschreibung von Sandra Stanwick durch. Die Großfahndung nach der Frau lief an. Ich sagte allerdings dazu, daß kein Polizist Sandra festnehmen durfte, sondern sofort mich verständigen mußte.
Natürlich verschwieg ich, daß diese Sandra Stanwick kein lebender Mensch sondern ein böser Geist war, eine Kopie der toten Sandra. Und ich verschwieg den Namen. Der stand nämlich schon in den Akten unter ›Mordfall Sandra Stanwick‹.
Ich kehrte zu meinen Freunden zurück. Bei ihnen war nichts geschehen. Ich atmete erleichtert auf. Obwohl sie nur wenige Schritte neben meinem Bentley gewartet hatten, konnte ich sie erst jetzt wieder sehen.
»Die Mordkommission wird hoffentlich noch in dieser Nacht kommen«, sagte ich und vermied es, den Toten anzusehen. »Jane, kannst du Suko nach Hause bringen?«
Sie sah mich überrascht an. »Warum tust du das nicht?« fragte sie mißtrauisch. »Ihr wohnt doch Tür an Tür.«
»Ich sehe mir noch einmal Sandra Stanwicks Haus an«, erwiderte ich. »Ich habe übrigens die Fahndung nach Sandra angekurbelt.«
Ich verzichtete darauf, immer von Sandras Ebenbild zu sprechen. Jane und Suko wußten auch so, was ich meinte.
Eine halbe Stunde später kamen meine Kollegen. Ich verabschiedete mich von Jane mit einem feuchten Kuß, da es wieder wie aus Gießkannen regnete, und fuhr frierend zurück nach Wimbledon.
Während der langen Fahrt quer durch London trocknete ich einigermaßen, so daß ich wenigstens nicht mehr fror, als ich die alte Villa betrat.
Wir hatten das Haus schon durchsucht, und auch die Kollegen von der Mordkommission hatten es auf den Kopf gestellt. Trotzdem durchforschte ich es noch einmal vom Keller bis zum Dachgeschoß. Und ich fand auch etwas.
Im ersten Stock erschien mir die Trennmauer zwischen zwei Zimmern zu dick. Ich klopfte sie ab. An einer Stelle klang sie hohl.
Im Keller fand ich Werkzeug, und eine Viertelstunde später blickte ich in einen dunklen Hohlraum. Als ich mit der Taschenlampe hineinleuchtete, atmete ich auf. Ich hatte mir nicht umsonst die Nacht um die Ohren geschlagen.
In diesem Versteck hatte Sandra Stanwick die Geräte für ihre Schwarzen Messen aufbewahrt. Ich holte einen schwarzen Tisch, schwarze Kerzen und eine große schwarze und sehr schwere Steinschale hervor. Ganz hinten in der Ecke stand noch ein Gegenstand.
Schon streckte ich die Hand danach aus, als ich zurückzuckte.
Es war eine Satansstatue, häßlich, abstoßend und obszön. Für einen Moment hatte ich das Gefühl, sie würde leben.
Ich biß die Zähne zusammen. Ich war John Sinclair, der Geisterjäger, und meine Aufgabe war es, das Böse zu vernichten. Ich durfte keine Rücksicht auf mich selbst nehmen!
Ich griff zu, packte die Satansstatue und zog sie aus ihrem Versteck hervor.
Von Sekunde zu Sekunde schien sie schwerer zu werden, bis ich kaum mehr die Kraft hatte, sie auf den Altar der Schwarzen Messe zu stellen.
Kaum berührte die Statue die Tischplatte, als sich im Raum ein rötliches Leuchten
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