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0063 - Sandra und ihr zweites Ich

0063 - Sandra und ihr zweites Ich

Titel: 0063 - Sandra und ihr zweites Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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Sandra Stanwick zitterte vor Erregung. Ihre Brust hob und senkte sich unter heftigen Atemzügen. Sie hatte kaum noch die Kraft, weiter die finsteren Beschwörungen des Bösen zu flüstern.
    Seit Jahren hauste sie unter unsäglichen Entbehrungen in diesem alten Steinkasten, um endlich Kontakt zum Jenseits, zum Teich der Geister und Dämonen zu bekommen.
    Nun endlich wurden ihre Anstrengungen belohnt! Über der Satansgestalt aus schwarzem Marmor entstand ein rötliches Leuchten, verstärkte sich und strahlte so grell, daß Sandra Stanwick geblendet die Augen schließen mußte.
    »Dämonen der Finsternis, nehmt mich in euren Kreis auf!« rief sie mit singender Stimme. »Laßt mich eine der Euren sein, damit ich Tod und Verderben über die Menschen bringen kann!«
    Sie riß die Augen auf und prallte zurück. Das Leuchten war verschwunden. Statt dessen schwebte über dem schwarzen Altar mit den flackernden Kerzen ein Wesen von unvorstellbarer Scheußlichkeit.
    Es veränderte ständig seine Gestalt, sah einmal wie ein riesiger Frosch, dann wie ein Ziegenbock, danach wie ein Fabelwesen aus, das aus mehreren Tieren zusammengesetzt war. Zuletzt war es eine zottelige, entfernt menschliche Gestalt mit Hufen und krallenbewehrten Pranken.
    Nur das Gesicht hatte sich die ganze Zeit über nicht verändert. In einem häßlichen Männergesicht funkelten tückische, flackernde Augen. Aus dem offenstehenden Mund hing eine blau verfärbte Zunge. Das schwarze Fell wuchs in die Stirn bis an die Augenbrauen herein. Aus den nach Pech und Schwefel stinkenden Haaren ragten gebogene Hörner.
    Du willst dem Bösen dienen? donnerte eine mächtige Stimme durch den Raum.
    Sandra Stanwick zuckte zusammen. In jedem Wort lag Haß, schwang unbändige Verachtung für alles Gute mit. Trotzdem nickte sie. Jetzt konnte sie nicht mehr zurück.
    »Ja, ich will dem Bösen dienen!« erklärte sie. Ihre Stimme schwankte, doch sie meinte es ehrlich. Endlich war sie am Ziel ihrer Träume. Die Entbehrungen hatten sich gelohnt.
    Dann nehme ich dich in unser Reich auf! Von jetzt an gehörst du zu den mächtigen Dämonen, die bald schon die ganze Welt beherrschen werden! Doch vorher müssen unsere ärgsten Feinde sterben! Du wirst uns dabei helfen!
    Ehe Sandra Stanwick begriff, stürzte sich der Dämon auf sie. Er umschlang sie mit seinen dicht behaarten Armen. Seine Augen glühten schaurig auf. Sandra schrie gellend um Hilfe, doch niemand hörte sie.
    Die tödlich langen und spitzen Zähne der Bestie schimmerten direkt vor ihrem Gesicht.
    Im nächsten Moment breitete sich die eisige Kälte des Todes in Sandras Körper aus. Ihre Schreie erstarben.
    Der Dämon ließ die Tote auf den Boden sinken. Er zog sich zu dem schwarzen Altar zurück und verschmolz mit der Satansstatue. Das geisterhafte Leuchten schwand. Mit einem letzten Flackern erloschen die schwarzen Kerzen. Wachsgeruch breitete sich in dem Raum aus.
    Draußen zog Nebel durch die kahlen Äste, prasselte Regen gegen die Fenster. Und der lose Fensterladen schlug gegen die Mauer.
    Bumm… bumm… bumm…
    Wie eine dumpfe, unheilverkündende Totenglocke.
    ***
    Jane Collins lachte, daß ihr Tränen aus den Augen flossen. Auch ich unterhielt mich köstlich. Nur Suko, mein chinesischer Freund, saß mit steinernem Gesicht neben uns und blickte starr zur Bühne. Er dachte an Shao, seine Freundin. Lebte sie noch? Er wußte keine Antwort auf diese Frage.
    Seit Wochen sprach ganz London über die neue Show, die im Westend lief. Sie war ein Feuerwerk witziger Einfälle, garniert mit Shownummern im Nostalgie-Stil und gekonnt vorgetragen von einer internationalen Truppe. Im Moment waren Hochseilartisten an der Reihe, die ständig vom Seil fielen, sich im letzten Moment mit einer Hand festhielten, beim Balancieren schwankten und allen möglichen Unfug anstellten.
    Ich beugte mich an Jane vorbei zu Suko. »Gefällt es dir nicht?« fragte ich gedämpft.
    Er sah mich an, ohne die Miene zu verziehen. »Ich könnte das besser«, antwortete er todernst und stürzte damit Jane in den nächsten Lachanfall.
    Jane Collins, die hübscheste Privatdetektivin der Welt! Und die humorvollste, wie ich an diesem Abend feststellte. Aber auch ich hatte bei Scotland Yard das Lachen nicht verlernt, auch wenn ich in meinem Job oft nichts zu lachen hatte.
    Jagd auf Geister und Dämonen war selten unterhaltend. Aber heute abend wollten wir uns zerstreuen, Geister und Dämonen vergessen und nichts von dem völlig verregneten November in London

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