0066 - Dämonenrache
des Propheten verbotenerweise gütlich taten. Abdul Aziz führte Professor Zamorra und seine beiden Begleiter im Hauptraum in eine Ecke in der Nähe der kleinen Bühne, deren Vorhänge jetzt zugezogen waren.
Ein erstaunlich moderner Tresen mit Barhockern und einer Kaffeemaschine war nicht weit entfernt. Professor Zamorra, Nicole und Bill wurden scharf gemustert, aber das Gespräch ging weiter.
Professor Zamorra bestellte bei dem Kellner mit der bestickten blauen Jacke und dem Fes drei Mokka. Abdul Aziz verlangte in schnellem Arabisch einen Kaffee mit Kognak. Auch in diesem Lokal dudelte die unvermeidliche arabische Musik.
Es waren nur wenige arabische Frauen da – unverschleiert, stark geschminkt – die bestimmt keinem anständigen Gewerbe nachgingen. Sonst war das Publikum bunt gemischt. Es gab auch eine Gruppe von fünfzehn Touristen, zu der sechs Frauen gehörten, die westlich gekleidet waren.
Nicole Duval erregte Aufsehen, trug es aber mit Fassung. Professor Zamorra sah sich in dem Lokal um, das sehr viel Folklore bot, und überlegte dann, wie er Abu Dschafar am besten beikommen sollte.
Er konnte schlecht einfach zum Kellner gehen und nach dem Vater des Grauens fragen.
Da vernahm Zamorra ein Singen und Klingen. Er spürte ein eigenartiges Prickeln auf der Brust, wo das Amulett hing. Vor seinen Augen leuchtete es auf. Eine Gestalt erschien, eine Frau, von einer leuchtenden Aura umflossen Zamorra schaute erstaunt zu Nicole und Bill Fleming. Sie unterhielten sich weiter, als sei nichts geschehen. Zamorra begriff. Sie sahen jene Geistererscheinung nicht. Nur er sah sie, er allein im ganzen Lokal.
Die Frau war jung und schön, aber Kummer und Trauer überschatteten ihr Gesicht. Tiefer Schmerz stand in ihren Augen. Sie trug eine, bestickte, nabelfreie Jacke und Pluderhosen, einen Gesichtsschleier, der über der Nasenspitze begann, und eine runde Kopfbedeckung.
Ihr Haar glänzte schwarz und seidig. Irgendwie schien es Zamorra, als gehöre sie nicht in diese Zeit, sondern in eine andere.
Gerade wollte er fragen, wer sie sei.
»Sprich nicht«, vernahm er da ihre Stimme in seinem Gehirn. »Ich kann deine Gedanken lesen, wenn du sie klar formulierst. Du bist der Meister des Übersinnlichen.«
»Wer bist du?«
»Chadischa, die Tochter des Oman al-Bakr. Chadischa, die schwere Schuld auf sich geladen hat und deren Seele Abu Dschafar gehört. Möge der Sheitan ihn verzehren!«
»Kannst du mir helfen, Chadischa? Kannst du mir sagen, was hier vorgeht und was ich tun muß?«
Zamorra dachte all das, und er erhielt die Antwort auf geistigem Weg.
»So nicht. Die Bande des Abu Dschafar fesseln mich. Wenn du eine seiner Töchter in deine Gewalt bekommst, vielleicht. Du hast einen mächtigen Talisman.«
Eine Melodie erklang, das gleiche Thema, das Zamorra zuvor schon vernommen hatte. Jetzt hörte er es genau. Es war eine zarte, harmonische Melodie, die allerdings von schrillen Dissonanzen und lauten Akkorden immer mehr überlagert wurde, bis sie erstarb.
Die Melodie der Chadischa. Sie hatte etwas Klares und Röhrendes, das sogar Zamorra ins Herz schnitt. Die schöne Chadischa war eine Verfluchte und Gepeinigte, eine von Dämonen gefolterte Seele.
Oder trog ein mächtiger und tückischer Dschinn Professor Zamorra? Als die Melodie erstarb, verblaßte das Bild. Chadischa verschwand, verzweifelt die Hände ringend.
»Chadischa!« sagte Professor Zamorra laut.
Sie war fort, spurlos verschwunden. Bill Fleming stieß Zamorra an.
»Was ist? Was hast du?«
Auch Nicole und Abdul Aziz musterten den Professor erstaunt.
»Habt ihr nichts gesehen?« fragte Zamorra.
»Was?«
»Chadischa.«
»Du hättest dich nach dem Flug wirklich ausruhen sollen«, meinte Bill. »Mir scheint, du träumst mit offenen Augen.«
***
Die Musik aus den verborgenen Lautsprechern wurde lauter. Der Vorhang hob sich. Unter dem Beifall der Zuschauer huschte ein schlankes, rankes Mädchen auf die Bühne. Sie trug ein breites Brustteil und ein Höschen, beides aus Goldflitter, vergoldete Pantoffeln und einen hellen Gesichtsschleier.
Auf dem Kopf hatte sie ein Diadem mit einer Perle auf der Stirn.
Zu den Klängen der Musik bog und wand sie sich. Ihr Bauch hüpfte auf und nieder.
Die schlanke Tänzerin besaß die Elastizität einer Gummipuppe. Es war unglaublich, wie sie sich biegen und winden konnte. Ihre feurigen Augen schienen die Männer im Saal nicht zu sehen, die Beifall schrien und klatschten.
Das Mädchen war völlig in seinen Tanz
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